Wirtschaftsthemen im Kino leben oft vom gleichen Plot. Nach dem Modell des Gordon Gekko aus dem Streifen «Wall Street» sind das meist düstere Charaktere, die ihre eigene Gier über das Gemeinwohl stellen. Wie es auch der schurkische Jordan Belfort in «The Wolf of Wall Street» kultivierte.

Das Schema: Wirtschaftsleute sind Menschen, die sich ihr gutes Leben dadurch ermöglichen, indem sie anderen ein schlechtes Leben bescheren. Abzocker, allesamt. Und wenn es mal ein KMU auf die Leinwand schafft, stehen die Chancen gut, dass es sich dabei um die Mafia handelt.    

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Filme machen Mut, selber grösser zu denken

Natürlich gibt es Ausnahmen. Die Filme über Apple-Genius Steve Jobs etwa oder «Dutti der Riese», die cineastische Hommage an den Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler, aber auch «Joy», die herzerwärmende Saga der US-Unternehmerin Joy Mangano, die den sich selbst auswringenden Wischmopp namens «Miracle Mop» erfunden hatte. In den meisten Fällen aber lässt sich Wirtschaft im Kino, vor allem wenn es sich um die Finanzbranche geht, auf drei Wörter reduzieren: Ratten in Nadelstreifen.

Was Hollywood immer wieder reproduziert, zeigt Unternehmertum und Wirtschaftsleben in düsteren Farben, was gerade auch auf junge Menschen bleibenden Eindruck machen dürfte.

In diesem Zusammenhang ist es eine gute Nachricht, dass das Wesen der Schweizer Ikone Betty Bossi beziehungsweise von deren Erfinderin verfilmt werden soll. Weil es Mut machen kann, selber grösser zu denken. Wie auch der US-Streifen «Air – der grosse Wurf», der aktuell die Geschichte der Partnerschaft zwischen Basketballer Michael Jordan und Nike erzählt.  

Wirtschaft im Kino: Ein Quantum Drama muss sein

Klar, niemand mag den platt abgefilmten Vierfarbenprospekt einer Firma oder einer Unternehmerin sehen. Schönfärberei langweilt. Eine Filmbiografie, die als verkappte Werbung daherkommt – bitte nicht. Ein Quantum Drama muss schon sein, wenn der Spannungsbogen über 95 Minuten anhalten soll. Aber es wäre auf jeden Fall eine Überlegung wert: Warum nicht mehr Wirtschaftspioniergeschichten auf die Leinwand bringen? Gerade die Schweiz gibt da einiges her. Warum nicht eine Verfilmung zum Leben des Uhrengrossmeisters Nicolas G. Hayek? Als Darsteller von «Mister Swatch» könnte man sich als Schnittmenge aus Mike Müller und Roeland Wiesnekker vorstellen.

Oder die Saga der Macher der Schweizer Sportmarke On – bestimmt ein rasanter Filmstoff. Wo bleiben die Drehbücher, die uns von Figuren wie der langjährigen Nobel-Biocare-Chefin Heliane Canepa oder der Hotel-Königin Ljuba Manz erzählen? Mit einem Biopic über Lea von Bidder und ihrem Unternehmen Ava käme sogar etwas Silicon-Valley-Glamour ins Kino. Aus aktuellem Anlass böte sich auch die Warenhaussaga des Johann Peter Jelmoli an. Am besten mit Filmstart just dann, wenn Jelmoli an der Zürcher Bahnhofstrasse schliessen muss. Oder ein paar Wochen vorher, zum Rausverkauf. 

Die Stoffe liegen da. Wer nimmt den Faden auf? 

Andreas Güntert
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