Die Frimago hat bis heute kein Rezept gefunden, um das Ladensterben in den Quartieren und Dörfern zu stoppen. Als Franchisegeberin ist sie für Strategie, Marketing, Werbung und Verkaufsförderung der Primo- und Visavis-Läden verantwortlich. Bei den beiden Filialketten zeigen seit 1998 beinahe sämtliche Indikatoren nur noch nach unten: Die Zahl der Läden schwand von 1521 auf 1240 im Jahre 2001. Besonders deutlich der Krebsgang im letzten Jahr: Im Gegensatz zu fast sämtlichen Konkurrenten lag Frimago mit 2,7% im Minus. «Auch in diesem Jahr werden wir weiter Marktanteile verlieren», erklärt Frimago-Chef Eric Born, ohne genaue Zahlen zu nennen. Von Januar bis November sind weitere 150 Primo- und Visavis-Läden verschwunden. Die Talfahrt dürfte sich damit dramatisch beschleunigt haben.

*Ein neues Konzept als Heilmittel*

Natürlich sieht die Frimago dem drohenden Untergang nicht tatenlos zu. Schon seit Jahren wird immer wieder umstrukturiert. Das neuste Konzept hat Bon-Appétit-Group-Konzernchef Edwin A. Scherrer, der sich auf Ende Jahr ins VR-Präsidium zurückziehen wird, im September den Detaillisten vorgestellt. Die Erneuerungsstrategie soll nun Frimago-Chef Eric Born umsetzen. «Wir werden Primo und Visavis strikter trennen und als Dorf- und Quartierläden klarer positionieren», sagt der ehemalige kampferprobte Judoka. Die bestehenden Primo-Läden sollen zudem modernisiert werden. Weiter wartet ein strafferes Preisdiktat auf die Franchiser mit strikten Vorgaben anstelle der früheren Empfehlungen.

Die Branchenexperten haben aber ihre grundsätzlichen Zweifel, ob das Visavis-Konzept überhaupt noch lebensfähig ist. Mit einem durchschnittlichen Umsatz von 830000 Fr. liegen die Quartierläden weit unter jener Limite von 1,5 bis 2 Mio Fr., die es bräuchte, um einen Laden überhaupt noch rentabel betreiben zu können. Mit ihren Verkaufsflächen von 92 m2 im Schnitt sind die Visavis auch zu klein für ein Vollsortiment. Die Quadratmeterumsätze von 8100 Fr. sind zudem die tiefsten in der gesamten Branche.

«Eine weitere Bereinigung des Filialnetzes wird unumgänglich», glaubt deshalb der Detailhandelsexperte Gotthard F. Wangler. Frimago wäre zudem gut beraten, statt auf zwei künftig nur noch auf einen einzigen, am Primo-Konzept orientierten Ladentyp zu setzen.

*Happiges Preisproblem*

Einzig damit wäre ein weiteres Problem noch nicht gelöst: Die Primo- und Visavis-Läden sind nämlich viel zu teuer. Wie ein Vergleich im K-Tipp zeigte, kostet der Warenkorb bei Primo mit 207 Fr. um 50 bis 70 Fr. mehr als bei Carrefour, Migros oder Coop. Das fällt jetzt umso negativer ins Gewicht, als gerade in schlechteren Zeiten die Leute viel genauer aufs Portemonnaie schauen.

Born verspricht für die Zukunft tiefere Preise. Um wirklich günstiger zu werden, bräuchte Frimago aber einen starken Partner für den Einkauf. Mögliche Allianzen, etwa mit Migros oder Coop, dürften aber kaum zu bewerkstelligen sein.

Dass den Quartier- und Dorfläden trotz der negativen Entwicklung der Primo- und Visavis-Filialen noch längst nicht die letzte Stunde geschlagen hat, beweist die Volg-Konsumwaren AG. «Das Lädelisterben lässt sich zwar nicht ganz stoppen», räumt Volg-Sprecher Reinhard Wolfensberger ein. Auch die Volg-Verkaufsstellen reduzierten sich zwischen 1998 und 2001 von 666 auf 643, der Umsatz nahm aber von 839 auf 909 Mio Fr. zu. Im Vorjahr verzeichnete Volg mit 3,1% gar ein über dem Branchenschnitt liegendes Wachstum. Volg habe eben einen grossen Vorteil, glaubt Wolfensberger. Man betreibe vier Fünftel der Läden selber oder über die Genossenschaften, mit denen sehr eng kooperiert werde. «Da fällt es uns leichter, neue Konzepte wirklich umzusetzen, ganz im Gegensatz zu Frimago, die ihre selbstständigen Primo- und Visavis-Detaillisten immer zuerst überzeugen muss.»

Dass Erfolg möglich ist, beweist auch der Vormarsch von Spar mit inzwischen 150 Verkaufsstellen und einem Umsatz, der in diesem Jahr die 400-Millionen-Grenze übersteigen dürfte. «Wir nutzen die Chance in einem Segment, das nicht gross beackert wird», sagt Spar-Sprecher Hans-Caspar Ryser. Fokussierung auf Agglomerationsquartiere also, aus denen sich Migros und Coop tendenziell zurückziehen. Die Spar-Durchschnittsgrösse von 400 m2 könnte zudem ein wichtiges Indiz sein, dass die winzigen Visavis für heutige Konsumentenbedürfnisse schlicht und einfach zu klein sind.

«Der Vergleich mit solch grossflächigen Discountern hinkt», kritisiert Born. Mut für seine schwierige Aufgabe schöpft er bei einem anderen Konkurrenten: «Volg ist für uns ein Zeichen, dass sich ein Dorfladen auch heute erfolgreich führen lässt.» Schon im nächsten Jahr möchte der Frimago-Chef wieder Marktanteile zurückgewinnen, was natürlich nicht viel mehr als Zweckoptimismus sein kann. An ein baldiges Ende der Talfahrt von Frimago glaubt in der Branche kaum einer.

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