Schiffsführer von Segel- oder Motorbooten müssen zur Erlangung des Führerausweises zuerst eine theoretische Prüfung bestehen, bevor sie von den Experten der kantonalen Schiffsfahrtämter auf Haut und Nieren getestet werden. Selbst bei grünem Licht nach der Theorieprüfung spricht aber der Prüfungsexperte des kantonalen Schiffsfahrtamts Klartext: «Die Prüfung haben Sie zwar bestanden. Dass Sie auch Schiff fahren können, müssen Sie jetzt erst beweisen!»

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Dem Prüfungsprozedere geht ein intensiver Lernprozess voraus. Brigitte Bachmann, die seit 13 Jahren eine Bootsfahrschule auf dem oberen Zürichsee betreibt, hat schon mehrere 100 Damen und Herren zu Freizeitkapitänen ausgebildet. Beobachtung des Wetters, der Wetterentwicklung, Materialkenntnisse, checken der Notausrüstung, nachschauen, ob Wasser in der Bilge ist, beim Innenborder mit Benzinmotor fünf Minuten den Motorraum entlüften, eine Riechprobe, weil Benzindämpfe im unteren Teil des Motors vorkommen können dann erst darf der Motor gestartet werden. Und schliesslich: Sichtkontrolle im Motorraum, schauen, ob keine Flüssigkeiten austreten, Sichtkontrolle im Wasser, um festzustellen, dass kein Öl an der Oberfläche schwimmt - dann endlich: Leinen los und ablegen!

Diese Vorkehrungen gelten eigentlich nicht nur für Bootsfahrschüler, sondern auch für die veritablen «Bötler».

Ohne Kniffe geht es auch bei den Knoten nicht

Die ersten Fahrstunden sind die spannendsten. Es kribbelt ganz schön unter der Haut, wenn das erste Mal allein gesteuert werden darf. Mit einfachen Manövern muss das Schiff im Wasser gestoppt werden, dann eine Buglandung an einem Steg, eine Steuerbordlandung, eine Backbordlandung, Parkieren vorwärts, rückwärts, wenden an Ort, wenden über den Bug; immer und immer wieder, bis es hundertprozentig klappt.

Im Laufe der ersten Stunden gehts aus dem Hafen aufs offene Wasser. Aber halt da: Ortskenntnisse auf dem See, Untiefen, Naturschutzzonen, Sturmwarnungen, Tankstellenstandorte, Verhalten in Notfallsituationen: Wie man den Mann über Bord wieder an Bord holt und wie man sich bei einem Leck verhält all das wird geschult.

Brigitte Bachmann bringt ihren Schülern alle Kniffe der Knoten bei - acht (für die Segelprüfung zehn) muss der Prüfling kennen. Bachmann kennt die Anforderungen bei der theoretischen und praktischen Prüfung aus dem Effeff. Was aber ebenso wichtig ist: Sie gibt den Absolventen ihren breit gefächerten Erfahrungsschatz aufs Wasser mit. Brigitte Bachmann: «Ich kenne die Leistungen der Fahrschüler und werde keinen an die Prüfung schicken, der das Schiff noch nicht beherrscht, damit er niemanden anders in Gefahr bringt.»

Die Prüfung zur Erlangung des Motorboots-Führerausweises dauert in der Regel 50 Minuten. Die Dauer der praktischen Ausbildung richtet sich, wie beim Auto- oder Töfffahren-Lernen auch, nach dem Talent und variiert zwischen 10 und 25 Stunden. Für 1500 Fr. kann ein Begabter den Motorboots-Führerausweis machen. Andere sollen schon mehr investiert haben ...

Die Theorieprüfung wird vermehrt am PC abgelegt

Die Beamten der kantonalen Schiffsfahrtämter geben gerne Auskunft. Dort oder bei einem Fahrlehrer können die Anmeldeformulare und das Lernmaterial in schriftlicher Form oder über www-click-me.ch auf einer CD bezogen werden. Überhaupt hat das EDV-Zeitalter seit ein paar Monaten bei Prüfungsexperten Einzug gehalten. In den meisten Schiffsfahrtämtern wird die theoretische Prüfung am PC abgelegt.

Längst nicht von jedermann verstanden wird die graue Theorie in oft mühsamem Beamtendeutsch in den Lehrmitteln der Vereinigung der Schiffsfahrtämter. Da wirken die erklärenden, mit Skizzen untermauerten Worte der Fahrlehrer wie Balsam auf die Wunden, besonders wenn man sich noch im fortgeschrittenen Alter entschlossen hat, das Motorboot- oder Segelbrevet zu erlangen.

Theoretisch kann die praktische Prüfung sowohl für Segel- als auch Motorbootsführer bis zu 18 Monaten nach dem bestandenen theoretischen Examen, das für beide Kategorien gleichsam gilt, abgelegt werden. Allerdings lohnt es sich, das theoretische Wissen zu repetieren, denn der Experte, der die praktische Prüfung abnimmt, wird dem schweissgebadeten Prüfling auch sein Wissen aus der Theorie abfragen.

Beim Segelboot ist der Wind Motor

Heinz Amez-Droz vom Segelclub Pfäffikon SZ, der von April bis November auf seiner offenen, 9,20 m langen, 2,25 m breiten, 1,2 t schweren Kieljacht «Trias» mit 1,2 m Tiefgang und einem 4 PS starken Flautenschieber für ein oder zwei angehende Schiffsführer auf Segelbooten Privatstunden erteilt, ist seit 1976 Segellehrer. Amez-Droz hat zudem als Segelinstruktor 1 und 2 promoviert. Nach dem Reglement des SSSV (Schweizer Segel-Schul-Verband) kann er mit diesem Brevet Segellehrer ausbilden.

Schrittweise bereitet er seine Schüler mit einem selbst zusammengestellten Leitfaden auf die Prüfung vor und lässt dabei auch die ungeschriebenen Regeln nicht aus: «Zuerst wird der Kapitän/ Skipper gefragt, ob man an Bord kommen darf. Ein Segelboot muss mit Segel- oder Turnschuhen mit hellen, weichen Sohlen betreten werden. Ein fremdes Schiff wird immer vor dem Mast überquert. Und auf einem Segelschiff wird weder gepfiffen noch geraucht. Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel.»

Ein Schiff in allen Wetterlagen sicher zu führen, richtig zu reagieren bei unerwarteten Schwierigkeiten, zum Beispiel bei einem Mastbruch sich selbst zu helfen bei Heinz Amez-Droz lernt man das ebenso wie Segelsetzen, Segelbergen. Anluven, Abfallen, an der Windkante fahren, Wenden, Halsen die Übungen sind mannigfaltig und ungeheuer spannend, weil kein Manöver dem andern gleicht. Heinz Amez-Droz: «Wir gehen schrittweise vorwärts. Wir lernen, wie sich das Boot bewegt, wie es krängt, sich neigt , wie wir das Krängen verhindern können usw.» Fachausdrücke gehören dazu. Wer die vorgeschriebenen Manöver beherrscht, kennt die Grundbegriffe des Segelns.

Mit diesem Wissen folgen weitere Manöver, wie Mann über Bord, Vortrittsregeln, Reffen, Beidrehen, Ab- und Anlegen am Steg, Ankern und andere. Obwohl diese Manöver um einiges anspruchsvoller sind als mit dem Motorboot, kann im Gegensatz zum A-Schein für Motorbootsführer (mit 16 Jahren) die Prüfung für den D-Schein für Segler schon von 14-Jährigen absolviert werden.

Schiff ist nicht Schiff

Was der Prüfling wissen muss

Schiff: Wasserfahrzeuge sowie andere zur Fortbewegung auf dem Wasser bestimmte Schwimmkörper oder schwimmende Geräte.

Schiff mit Maschinenantrieb oder Motorschiff: Ein Schiff mit eigenem, in Tätigkeit gesetzten mechanischen Antrieb.

Schleppverband: Ein Verband, in dem nicht angetriebene Schiffe von mindestens einem Motorschiff geschleppt werden. Ein Verband, der ausschliesslich aus Vergnügungsschiffen zusammengesetzt ist, gilt nicht als Schleppverband.

Schubverband: Ein Verband, in dem nicht angetriebene, starr untereinander verbundene Schiffe von mindestens einem Motorschiff geschoben werden.

Schwimmendes Gerät: Ein Schwimmkörper mit Einrichtungen für Arbeiten auf dem Wasser (Bagger, Hebebock, Kran).

Schwimmende Anlage: Eine schwimmende Einrichtung, die in der Regel nicht zur Fortbewegung bestimmt ist, wie Badeanstalten, Landebrücken, Bootshäuser usw.

Fahrgastschiff: Ein Schiff, das für die gewerbsmässige Beförderung von mehr als 12 Personen verwendet wird.

Güterschiff: Ein Schiff, das für die gewerbsmässige Beförderung von Gütern bestimmt ist oder hierfür verwendet wird (Nauen, Ledischiff).

Kursschiff: Ein Fahrgastschiff, das für einen Schiffsbetrieb des Bundes oder für ein konzessioniertes Unternehmen verkehrt.

Segelschiff: Ein Schiff, das für die Fortbewegung mit Segel versehen ist. Ein Schiff, das mit oder ohne gesetzte Segel unter Motor fährt, gilt im Sinne der Verkehrsvorschriften als Schiff mit Maschinenantrieb.

Segelbrett oder Segelsurfbrett: Ein Segelschiff mit dichtem Rumpf, ohne Ruder, auf dem eine oder mehrere Masten mit Gelenk und um 360 Grad drehbare Segel angebracht sind.

Ruderboot: Ein Schiff, das nur mittels Ruder oder auf ähnliche Weise mit menschlicher Kraft fortbewegt werden kann.

Raft: Ein nicht motorisiertes, aufblasbares Schiff, das für den Einsatz auf Wildwasser bestimmt ist und bei dem die Insassen in der Regel auf den Längsschläuchen sitzen.

Schlauchboot: Ein aus mehreren separaten Luftkammern mit oder ohne feste Bauteile bestehendes aufblasbares Schiff.

Vergnügungsschiff: Ein Schiff, das für Sport-, Erholungs- oder Vergnügungszwecke verwendet wird.

Sportboot: Ein Schiff, das dem Geltungsbereich der Richtlinie 94/25/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Juni 1994 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Sportboote (EG-Richtlinie) untersteht.

Quelle: www.click-me.ch Andreas Gehri, Bootsschule, Gartenstrasse 7, 3800 Unterseen, Tel. 033 821 07 81; Natel 079 310 23 40.

Prüfungen

Wenn es am Wohnort keinen See hat

Grundsätzlich müssen künftige Freizeitkapitäne (Segel- wie Motorboote) die Prüfung zur Erlangung des Führerausweises in ihrem Wohnkanton ablegen es sei denn, der Kanton hat für prüfungspflichtige Motor- oder Segelboote keinen beschiffbaren See; oder der Absolvent arbeitet an einem ausserkantonalen Arbeitsplatz bzw. er besitzt dort einen Standplatz mit einem eigenen Boot oder er hat einen Blutsverwandten mit einem Boot. Nur so kann in einem anderen Kanton die Prüfung abgelegt werden.

Immer mehr Freizeitkapitäne Absolvierte Schiffsprüfungen

2003 2000 1998

Kategorie A (Motorboote) 6789 5766 5606

Kategorie D (Segelboote) 3012 2367 2680

Total 9801 8133 8286

Zahlen für 2004 liegen noch nicht vor.

QUELLE: SBV