Ein Arbeitnehmer verdient in Westeuropa und den USA pro Stunde 21 Dollar. Ein Chinese dagegen kommt nur gerade auf 0.7 Dollar. Die billigen Arbeitskräfte haben auch Bühler nach China gelockt. «China offeriert ein immenses Potenzial an billigen Arbeitskräften. Ein weltweit tätiges Unternehmen kann sich dem nicht entziehen», sagt Calvin Grieder, CEO von Bühler. Und: «Wer sich hier nicht engagiert, kann sicher sein, dass es die Konkurrenz tut», begründet er die starke Präsenz in China.

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Bühler liefert seit 1920 Ausrüstungsgüter ins Reich der Mitte und ist mit den Geschäftspraktiken und dem Qualitätsverständnis in dieser Region entsprechend vertraut. Heute liefert das Uzwiler Unternehmen Hafenanlagen, Getreide- und Futtermühlen, Reis- und Ölmühlen, Schokoladefabriken, Farbfabriken und Pet-Produktionsanlagen sowie Druckgussanlagen. Der Umsatz in China beläuft sich mittlerweile auf 100 Mio Fr., knapp 1000 Mitarbeiter werden beschäftigt.

Nicht allein die niedrigen Lohnkosten, auch die explodierenden Bevölkerungszahlen sprechen für das Engagement der Uzwiler Anlagenbauer. In China leben 22% der Weltbevölkerung, die mit Nahrungsmitteln versorgt werden müssen. Aber nur 7% der chinesischen Gesamtfläche sind landwirtschaftlich nutzbar. Der Intensivierung der Agrarwirtschaft und der industriellen Herstellung von Grundnahrungsmitteln kommt daher eine wichtige Bedeutung zu. Davon will Bühler profitieren. Mit exakten Wachstumszahlen ist Grieder knausrig. Er peile eine zweistellige Rate an, sagt er einzig. In China habe Bühler diese bereits übertroffen.

Ein Volloutsourcing steht nicht zur Diskussion

Bühler liefert nicht nur, sondern produziert auch. Vor gut zehn Jahren wurden zwei Joint Ventures mit Wuxi (Produktion) und Shenzen (Vertrieb) gegründet, beides Unternehmen, die heute zu 100% im Besitz von Bühler sind. Hier wird sowohl für den chinesischen Markt wie für das internationale Produktionsnetzwerk von Bühler produziert. «Ein solcher Aufbau bedingt eine grosse Geduld und die Unterstützung durch Schweizer Spezialisten.» Ein Voll-Outsourcing steht für Bühler derzeit jedoch nicht zur Debatte. Grieder rechnet damit, dass sich daran in den nächsten zehn Jahren nichts ändern wird. Für Standardprodukte auf dem Gebiet des Futterbaus, bei Mühlen und Futteranlagen oder der Walzengiesserei zahlt sich eine Verlagerung aus, bei komplexen Anlagen im Investitionsgüterbereich dagegen nicht. Hier fehlen laut Grieder die Volumen. Der Bühler-Chef sieht es zudem als Vorteil, wenn Engineering und Produktion geografisch nahe beisammenliegen. «Für unsere Haupt-Kunden in Europa und in den USA spielt der Zeitfaktor noch immer eine zentrale Rolle», sagt er. Das gilt vor allem für Spezialprodukte, die nicht an Lager geführt werden können.

Klar ist: China gehört zu den so genannt «hungrigen» Märkten. Für Bühler ist es inzwischen das drittwichtigste Absatzgebiet. Über 250 Mühlenbetriebe sind im Einsatz, die teilweise oder komplett mit Bühler-Technologie betrieben werden. Der Umsatz mit Food-Aktivitäten etwa Anlagen zur Herstellung von Schokoladeprodukten und Teigwaren macht 75% des Umsatzes aus. Immer mehr an Bedeutung gewinnt der Nonfoodbereich. Dazu gehören Anlagen für die Veredlung von Pet oder Anlagen für die Druckfarben-Herstellung. Täglich werden in China rund 117 Mio Zeitungsexemplare gedruckt. Bühler gehört zu den führenden Lieferanten von Druckfarben-Maschinen. Ihr Anteil macht rund 10% des Umsatzes aus. Steigerungen werden auch im Druckgussbereich anvisiert: Bühler stellt Motorblöcke, Zylinderköpfe, Fahrwerkkomponenten und Ölwannen her.

Chinesen verlangen nach lokalisierten Produkten

Mit der Reife des Marktes steigen die Bedürfnisse der Kunden. Was für Nestlé und Unilever im Bereich der Nahrungsmittel üblich ist sie werden an lokale Bedürfnisse angepasst , gilt neuerdings auch für Produktionsanlagen von Bühler. Auch der Bedarf an günstigen Investitionsgütern steigt stark, weil damit der Start einer eigenen Firma begünstigt wird. Die Preise geraten folglich unter Druck.

Der Boom macht dies vorläufig weg. Grieder weist darauf hin, dass sich China zudem mit einem Ressourcenproblem konfrontiert sehen wird. Stahl, Erdöl und Holz gehören zu den knapper werdenden Gütern. Er geht davon aus, dass deren Preisniveau schon bald japanische Dimensionen erreichen könnte. Was im Klartext bedeutet, dass auch Transport- und Anschaffungskosten in die Höhe schnellen.

Das Risiko, dass mühsam erarbeitetes Vertrauen missbraucht wird und dass man mit dem asiatischen Rechtsempfinden Überraschungen erlebt, will Grieder nicht ausschliessen. Um vor unliebsamen Überraschungen etwas mehr gefeit zu sein, hat Bühler den Aufbau eigener Firmen forciert und die Joint Ventures zu 100% erworben. «Etwa 50% der chinesischen Exporte stammen von Unternehmen, die in ausländischem Besitz sind. Ob sich dieses Tempo auf die Dauer aufrechterhalten lässt, darf in Frage gestellt werden», sagt Grieder. An Bühlers Engagement in China ändert dies jedoch nichts.

Bühler: IPO ist kein Thema

Bühler ist bereits in vierter Generation in Familienbesitz. Wird das verbesserte Börsenklima nicht für ein IPO benützt? In Uzwil ist das derzeit kein Thema. Calvin Grieder, der das 1860 gegründete Unternehmen seit drei Jahren als erster «Externer» führt: «Unsere Eigenkapitaldecke ist solide, sie liegt bei 40%.» Weder die F+E-Aufwendungen noch Goodwill werden aktiviert, sondern über die Gewinn- und Verlustrechnung abgeschrieben. Bühler ist heute im Konkurrenzvergleich der grösste Anbieter in seinen angestammten Marktsegmenten.

Bühler setzt derzeit 1,4 Mrd Fr. um und beschäftigt 6200 Mitarbeiter. Der Konzerngewinn belief sich zuletzt auf 44 Mio Fr.