Wir sind ein weit gehend unbekannter Gigant», sagt Hans U. Rueedi, CFO von Cargill International SA, «möchten das aber in Zukunft ändern.» Die seit 50 Jahren in Genf ansässige Firma wird in diesem Sommer ihren runden Geburtstag mit einem grossen Fest und mit einer Informationsoffensive feiern. Das Klima in den Büros am Chemin de Normandie 14 ist international: Die 475 Beschäftigten stammen aus 35 Nationen und reden in 20 verschiedenen Sprachen. Rund die Hälfte auf der Lohnliste sind Schweizerinnen und Schweizer.

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Getreide- und Fleischgigant

Cargill International ist eine Tochter des US-Agrarriesen Cargill und als dessen verlängerter Arm für den weltweiten Handel verantwortlich. Der Hauptsitz ist in Minneapolis (Minnesota) in den USA. Der Konzern, der mit einem Umsatz von 93 Mrd Fr. zu den grössten Nichtkotierten der Welt zählt, beschäftigt 142000 Personen in 61 Ländern an über 1000 Standorten. Er gehört zu 90% den über 100 Mitgliedern der beiden Familien Cargill und Mac Millan. 10% der Aktien gehören Management und Mitarbeitern. Verwaltungsratspräsident Warren Staley legt Wert darauf, das Familienunternehmen wie eine Publikumsgesellschaft zu führen. So lässt er regelmässig Quartalsberichte mit einigen Kennzahlen veröffentlichen.

Cargill ursprünglich ein Getreidehändler hat sich über die Jahrzehnte zu einem breit diversifizierten Konzern entwickelt, der die gesamte Nahrungskette zwischen Bauern und Detailhändlern abdeckt. Das Unternehmen handelt mit landwirtschaftlichen Rohstoffen, betreibt Fleisch- und Verarbeitungsfabriken, beliefert Nahrungsmittelhersteller und Detailhändler mit Zwischen- und Endprodukten. So werden über eigene Schlachthöfe 25% des amerikanischen Fleischbedarfs zubereitet. Coca-Cola erhält von Cargill den Zucker, McDonald's die Eier. Cargill kontrolliert 25% des amerikanischen Getreideexports und ist der grösste Getreideexporteur Argentiniens. Mitarbeiter des Konzerns beraten Bauern und Regierungen und entwickeln neue Ernährungsstoffe. In den letzten Jahren ist man auch in die Produktion von Biodiesel und Ethanol gross eingestiegen.

Die Schweizer Tochter Cargill International in Genf trug 2005 mit 18,3 Mrd Fr. rund ein Fünftel zum Umsatz des gesamten Konzerns bei. Gewinnzahlen für Genf werden zwar nicht separat ausgewiesen, aber aus den Geschäftsaktivitäten macht Rueedi kein Geheimnis. «Bei uns sind die fünf Einheiten Welthandel, Zucker, Seefracht, Energie und Finanzprodukte mit weltweiter Verantwortung für den gesamten Cargill-Konzern angesiedelt.» 10% des weltweit gehandelten Getreides würden über Genf laufen.

Norman Hay, CEO von Cargill International, betont: «Wir befassen uns nicht mit spekulativen, sondern mit sehr physischen Geschäften.» Tatsächlich sind die Margen beim Handel mit Nahrungsrohstoffen weitaus geringer als etwa im Metall- und Ölhandel. Das Risiko ist jedoch gross, weil viele Ernten zu fest vereinbarten Preisen im Voraus gekauft werden. Der Mutterkonzern Cargill war denn auch vor ein paar Jahren nur mässig profitabel. Seit 1998 konnte der Gewinn aber auf 2,8 Mrd Fr. versiebenfacht werden, dank einer auf Verarbeitungsschritte mit grösserer Wertschöpfung ausgerichteten neuen Strategie.

Dass sich das Unternehmen jetzt sichtlich um mehr Transparenz und Öffnung bemüht, hängt auch mit einem Imageproblem zusammen, das Rueedi lieber nicht erwähnt haben möchte: Der Konzern gilt als wichtiger Aufkäufer der brasilianischen Soja-Ernte bei den Umweltaktivisten von Greenpeace als einer der Hauptschuldigen an der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes. Viel lieber als solche Kritik wäre den Cargill-Verantwortlichen deshalb, man würde davon reden, dass der Konzern in Farmen und Projekte investiert, die zwecks Handel mit CO2-Zertifikaten grosse Gebiete wieder aufforsten.

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Fakten: Was Cargill in der Schweiz macht

Charter-Frachtschiffe

Von Genf aus wird eine Flotte von 300 Charter-Frachtschiffen dirigiert, die 2005 knapp 140 mio t Getreide, Ölsaaten, pflanzliche Öle, Proteine und Zucker zwischen den Produzenten und den Verarbeitern auf allen Kontinenten verschoben hat.

Energiegeschäft

Cargill handelt mit Rohöl und Mineralprodukten. Zudem stieg das Unternehmen vor zwei Jahren in das Geschäft mit Transport und Handel von Strom und Erdgas ein.

Produktion

Seit 2002 gehören die Futtermittel- und Getreidemühlen der Provimi Kliba in Cossonay und Kaiseraugst, die jährlich rund 300000 t Getreide mahlen, den Amerikanern. 2005 hat Cargill die Lebensmittelsparte der deutschen Degussa gekauft und ist damit zum weltweit führenden Hersteller von Zusatzstoffen für die Nahrungsmittelindustrie aufgerückt. Kürzlich hat Cargill ein Joint Venture mit der Blattmann AG in Wädenswil vereinbart, um Glukose für die Schweiz herzustellen.