Die letzten Pfannen sind noch nicht ausgeliefert. Doch seit zwei Wochen kitzelt Coop erneut am Sammeltrieb der Konsumenten. Für einen Einkauf von 200 Fr. gibt es 20 Sammelmarken. Damit ist jeder Kunde bei der grossen Ball-Trophy mit von der Partie. Bis zu 70% Rabatt, wird marktschreierisch verkündet, winken auf Basket-, Beachvolley-, Golf-, Fussbällen- und Tennisbällen der Marke Dunlop. Die Superaktion läuft bis zum 3. Juli 2004. Sie ist damit exakt auf die Fussball-EM in diesem Sommer terminiert. Bis dann soll die Schweiz proppenvoll sein mit Bällen.

Diesmal soll alles ohne Komplikationen ablaufen, versichert Coop-Sprecher Jörg Birnstiel. Keine Nebengeräusche also wie bei den Pfannen mit dem Schweizer Kreuz und dem Namen Sigg. Sie suggerierten beste Schweizer Qualität, doch das Kochgeschirr kam aus China. Als dies den Konsumenten so richtig bewusst wurde, reagierten viele entrüstet.

Auf den Bällen prangt also kein Schweizer Kreuz. Fast alle Sportartikel werden ohnehin schon lange im Fernen Osten produziert. Die Beschaffung soll, wie Birnstiel betont, lupenrein sein. «Sie entspricht unseren Richtlinien bezüglich sozialen und ökologischen Standards.»

*Preise bereits korrigiert*

Doch Bälle kontrollieren ist eine besondere Kunst. Mindestens zwei rollten bereits beim Start der Aktion bös ins Offside. Der Sportfachhandel pfiff, und Coop musste die offensichtlich zu hoch angesetzten Preise für die Golf- und Tennisbälle schon in den ersten Tagen ändern.

Beispiel Tennisball: Er hätte eigentlich 6.50 Fr. zum Normalpreis und 1.92 Fr. mit 20 Sammelmarken kosten sollen. Coop korrigierte auf 4.75 Fr. und 1.42 Fr. hinunter. Zum Vergleich: Im Fachhandel ist ein hochwertiger, von Swiss Tennis homologierter Turniertennisball für 3.75 Fr. erhältlich, ohne dass hier von Rabatten die Rede ist.

Damit schimmert durch, dass bei den Coop-Aktionen mit so genannten Mondpreisen operiert wird. Die Ware wird künstlich hochgeschrieben, um sie dann mit umso grösserem Rabatt anzupreisen. Der Kunde soll am Ende glauben, er werde beschenkt.

Den Deal zwischen Coop und Dunlop hat die Firma The Continuity Company (TCC) eingefädelt. Das holländische Unternehmen brachte schon die Pfannen-Trophy ins Rollen. Es ist auf Treue-Aktionen spezialisiert und seit 1995 in der Schweiz aktiv. Dank Coop ist man jetzt ins nationale Rampenlicht gerückt. Weltweit hat TCC schon ein paar tausend Aktionen vom Stapel gelassen. Die Dunlop-Sportbälle lockten im letzten Jahr an deutschen Tankstellen die Kunden scharenweise an. Am Schluss aber gab es zu wenig Bälle, und die Markensammler waren frustriert. Jetzt habe man besser kalkuliert, versichert TCC-Finanzchef Beat Beerli. Wie viele Dunlop-Bälle bis zum Sommer bei Coop abgesetzt werden sollen, will er allerdings nicht verraten.

Wenig Freude an der Ball-Trophy von Coop hat Dunlop-Generalimporteur Comprax in Bern. «Wir sind überrascht worden von der Aktion. Unser Lieferant, die Dunlop Slazenger Group, hat uns nicht einmal informiert», ärgert sich Geschäftsführer Marcel Buchmann. Mit der Aktion werde dem Sportfachhandel das Wasser abgegraben, und der Konsument werde verwirrt. Dies beweise ein genauerer Blick auf die Verwendung des Labels Dunlop.

*Verärgerter Fachhandel*

Tatsächlich gibt es im Fachhandel Dunlop-Bälle nur für Golf und Tennis, nicht aber für Fussball-, Basket- und Beach-Volleyball. Zudem reiche die Qualität der Aktionsbälle für Tennis und Golf, bemängelt Buchmann, nicht an die im Fachhandel erhältlichen Dunlop-Bälle heran.

Von solcher Kritik lässt sich Coop jedoch nicht beirren. Und TCC-Sprecher Beerli versichert, dass man mit dem Start der Aktion zufrieden sei. Zum Marketing-Rezept meint er: «Ob Pfanne oder Bälle, das spielt eigentlich keine Rolle.»

Weil jeder regelmässige Coop-Kunde in den kommenden Wochen automatisch genügend Marken anhäufen wird, um sich mit dem gesamten Set an Sportbällen einzudecken, ist der Erfolg programmiert. Mit Coop steht schon jetzt ein Gewinner fest, auch wenn man, wie Birnstiel zu bedenken gibt, mit den Bällen nicht das grosse Geld verdienen werde. «Aber wir legen bei dieser Aktion sicher nicht drauf.» Zusätzliche Kunden werden in die Läden strömen, was den Umsatz ankurbeln wird. Und die Stammkunden werden, weil die Sammelmarken allein nicht ausreichen, die paar Zusatzfranken für die Bälle lockermachen.

Umstritten bleibt, wie sich die Flut der wild ausgespielten Bälle auf den Sportfachhandel auswirkt. Wie viele Bälle in der Schweiz jährlich gekauft werden, ist nicht bekannt. «Bälle verbrauchen sich zum Glück schneller als Pfannen», spricht sich Dunlop-Importeur Buchmann Mut zu und hofft, dass sich der Schaden in Grenzen hält.

*Experten sind skeptisch*

Beat Ladner von der Fachzeitschrift Schweizer Sport & Mode schätzt, dass mit der Aktion primär zusätzliche Ware in den Markt gepresst wird. «Störend für den Sportfachhandel ist aber, dass sich ein Lebensmittelhändler in ein Segment ausstreckt, das ihm selber nicht wehtut.» Ladner bezweifelt allerdings, dass Coop mit den Bällen den mit den Pfannen erzielten Erfolg wiederholen kann. «Eine Pfanne braucht jeder Haushalt, aber mit den Bällen ist das eine andere Sache.»

Grundsätzlich skeptisch beurteilen das «Aktionitis-Fieber» verschiedene Marketingexperten. David Bosshart, Leiter des Gottlieb-Duttweiler-Instituts (GDI), erklärt, mit solchen Superaktionen, wie sie TCC und Coop lancierten, werde der Preis ganz in den Vordergrund gerückt. Mit dem Ergebnis, dass der Kunde schon bald nicht mehr wisse, was normale Preise seien. «Die Situation ist paradox. Handel und Kunden werden zu Gewinnern und Verlierern. Die Kunden haben tendenziell tiefere Preise, der Handel etwas mehr Umsatz, aber schrumpfende Margen.»

Der St. Galler Uni-Professor Christian Belz spricht gar von einem «destruktiven Marketing». Als Paradebeispiel solcher Destruktion gilt eine Aktion des US-Detailhandelsriesen Wal-Mart. Er hat kürzlich DVD-Player für 34 Fr. auf den Markt geworfen. Pierre Kauffmann, Leiter Consumer-Tracking am IHA, hat in einer Studie untersucht, was Aktionen wirklich bringen. Er kommt dabei zum ernüchternden Ergebnis, dass nach einer kurzfristigen Umsatzsteigerung langfristig bei 60% aller Preisaktionen für den Handel nichts herausschaut.

Partner-Inhalte