Ein Genfer Banker der Credit Suisse ist in einen Skandal verwickelt, bei der ein wichtiger Kunde geschädigt wurde. Wie der Genfer Staatsanwalt Yves Bertossa bestätigt, wurde der Beschuldigte festgenommen und sein Wohndomizil durchsucht. «Das Gericht wird über den Fall heute oder Morgen entscheiden», sagt der Staatsanwalt gegenüber «Le Temps» und «Handelszeitung».

Am Mittwochmorgen hatte der «Tages-Anzeiger» den Fall bekannt gemacht. Die Credit Suisse führt laut dem Bericht den Fall unter dem Kapitel «Customer Account Matters» und erklärt, ein Manager habe seine Kompetenzen überschritten. Dies habe zu signifikanten Verlusten für den Kunden geführt. Laut «Tages-Anzeiger» liegt die Schadenssumme bei gut 50 Millionen Franken.

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Riesige Schadensumme

Gemäss Recherchen von «Handelszeitung» und «Le Temps» sind die Verluste noch höher als zunächst angenommen: Es soll um rund 100 Millionen Franken gehen.

Die Identität des Kunden verleiht der Sache zusätzliches Gewicht. Es handelt sich offenbar um Bidzina Ivanishvili, einen pro-russischen, georgischen Oligarchen. Zwischen 2012 und 2013 war er Premierminister von Georgien. Zudem ist er wichtiger Aktionär des russischen Gaskonzerns Gazprom. Die Vermögenswerte, die er bei der Credit Suisse angelegt hatte, waren beträchtlich – mehr als eine Milliarde Franken.

Strafklage in Vorbereitung

Die Affäre könnte sich noch ausweiten. Wie «Handelszeitung» und «Le Temps» erfahren haben, sind eine Strafklage und eine Meldung bei der Finanzmarktaufsicht Finma gegen die Credit Suisse in Vorbereitung. Dahinter stehen zwei weitere Kunden. Sie behaupten, aufgrund der schlechten Anlagen des Vermögensverwalters 70 Millionen Franken verloren zu haben.

In allen Fällen ging es um Investitionen in die US-Pharmafirma Raptor. Die Gelder der Kunden waren in den Konzern investiert. Im September gab Raptor bekannt, dass ein Medikament in den USA nicht die erhoffte Zulassung erhalten habe. Seither sind die Aktien nur noch gefallen, was grosse Verluste bei Ivanishvili und den beiden anderen CS-Kunden verursacht hat.

«Haarsträubende Lücken»

«Es gab haarsträubende Lücken in den internen Kontrollen der Bank», sagt eine Quelle, die den beiden letzteren nahesteht. Der Berater habe versteckte Konten genutzt, um massiv in Raptor zu investieren, ohne dass die Kunden das mitbekamen. «Er hat darüber nicht mit seinen Kunden gesprochen. Er nutzte ihr Vermögen, um Raptor zu kaufen und bewilligte ihnen gleichzeitig Darlehen, Lombardkredite im Namen der Bank», sagt der Informant.

Im Fall von Ivanishvili hatten diese Kredite einen Umfang von mehreren hundert Millionen. Wie konnten diese Geschäfte den Kontrollmechanismen der Bank verborgen bleiben? Das ist die grosse Frage, die sich in dem Fall stellt. Gemäss Quellen aus dem Kreis der Kunden verdiente der Banker einen massiven Bonus und generierte respektable Kommissionseinnahmen für die Bank – 15 bis 20 Millionen Franken pro Jahr. Gewinne, die seine Vorgesetzten offenbar nicht zu Abklärungen ermuntert hatten. Ein Sprecher der Credit Suisse wollte zum Fall keine Stellung nehmen.