Das sind die fünf Baustellen der Swiss

So schnell hätte in Kloten wohl niemand die Rückkehr in die schwarzen Zahlen vermutet. Nach zwei harten und verlustreichen Corona-Jahren kann die Airline Swiss heute das Comeback in die Gewinnzone vermelden. Fünfmal so viele Passagiere wie in der Vorjahresperiode, Kostenoptimierungen und höhere Ticketpreise führen für die Swiss zu einem Gewinn von 67 Millionen Franken im ersten Halbjahr 2022. Für Dieter Vranckx ist das natürlich eine gute Nachricht. In der Luft oben performt die Airline wieder. Am Boden allerdings hat der Swiss-Chef noch eine Reihe von Baustellen zu bewirtschaften. Ob und wie Vranckx hier gute Lösungen erzielen kann, wird das weitere Geschäftsjahr beeinflussen. Nicht nur finanziell, sondern auch bezüglich Qualität der Dienstleistung sowie dem Verhältnis zum Personal und der hiesigen Reisebranche. Neben den hohen Kerosinpreisen hat Dieter Vranckx diese fünf Baustellen. Zürich-Kloten weitgehend vom Flug-Chaos verschont In der jüngeren Vergangenheit musste die Swiss Hunderte von Flügen annullieren. Die Fluggäste können wohl nachvollziehen, dass es schwierig ist, den komplexen Flugbetrieb in kurzer Zeit von der Corona-Schockstarre in einen plötzlichen Boom zu überführen. Trotzdem nervt jede Flug-Absage. Die Swiss hat zwar das Glück, dass ihr Heimatflughafen Zürich-Kloten weitgehend vom Flug-Chaos verschont geblieben ist, wie man es in Amsterdam oder London gesehen hat. Aber: Wenn andere Airlines besser performen, kann das die Loyalität der Kunden gefährden. Gerade für Langstreckenflüge kann man auch mal eine andere Airline wählen. Swiss muss Premium-Anspruch einlösen Jeder Flug-Ausfall nagt am Premium-Versprechen, für das die Swiss steht. «Switzerland works» und «Swiss works» bedeutet nun mal in erster Linie: Pünktlichkeit. Und: Annoncierte und versprochene Leistungen werden eingehalten. Für die mangelhafte Leistung im Jahr 2021 hat sich Dieter Vranckx zwar offiziell entschuldigt. Aber nun muss der Swiss-Chef dafür sorgen, dass der Premium-Anspruch auch in der Boom-Phase 2022 eingehalten und eingelöst werden kann. Was sehr stark von motiviertem und einsatzwilligem Personal abhängt. Personal I: Piloten-Deal finden Die Swiss-Piloten haben vor wenigen Tagen den von der Airline neu vorgelegten Gesamtarbeitsvertrag GAV 2022 abgelehnt. Ihre Gewerkschaft Aeropers verlangt von der Geschäftsleitung zügige Nachbesserungen. Hier müssen es Vranckx und seine Teams schaffen, einen Deal zu finden. Sonst wird aus der Baustelle am Boden möglicherweise auch eine in der Luft. Personal II: Neue Leute gewinnen. Und sie nicht auslaugen Um die Boom-Phase verlässlich abzuwickeln, braucht es auch mehr Personal in der Kabine. Hat man diese Leute – was schwierig genug ist – einmal gefunden, geht es auch darum, diese nicht gleich zu Beginn auszulaugen. Kein leichtes Unterfangen für ein Unternehmen, das bis vor kurzem Restrukturierung und Kostenoptimierung pflegte – und jetzt wieder unter Volllast arbeiten muss. Die Swiss braucht Partnerschaft mit der Reisebranche Beim Verkauf der Tickets ist die nationale Airline auf gute partnerschaftliche Beziehung mit hiesigen Reiseveranstaltern und Reisebüros angewiesen. Doch der Schweizer Travel-Trade ist höchst unzufrieden mit der Swiss. Nachdem Kuoni-Chef Dieter Zümpel der Airline jüngst «Arroganz» vorgeworfen hat, schwelt der Konflikt auch heute weiter. Wie das Portal «Travelnews» berichtet, wendet sich der Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbandes SRV in einem offenen Brief an Swiss-Kommerzchef Tamur Goudarzi. Der SRV fordert eine Entschädigung für den Mehraufwand, der aus der Nachbearbeitung gestrichener Flüge erfolgt. Von solchen Sonderzahlungen will die Swiss aber nichts wissen. Dass die Swiss just heute einen Gewinn fürs erste Halbjahr bekannt gibt, dürfte die Gemüter in der Reisebranche wohl eher erhitzen als erfreuen. Die Profit-Nachricht wird nun wohl Begehrlichkeiten wecken. Im Travel-Trade – aber auch beim Personal.