Es war ein kühler, leicht regnerischer Abend, als Architekt Patric Simmen zum grossen Fest lud. 300 Gäste waren gekommen, und man feierte die neu erstellten Luxuxbauten der letzten Zeit. «Ich bin ein verdammter Dienstleister», sagt Patric Simmen und fährt sich über den kahlrasierten Kopf. «Wer Erfolg haben will, muss einfach auf die Kunden hören.»

Seine Klientel sind die reichen Manager und Unternehmer. Simmen macht deren Vermögen zu monumentalem Stein. Bereits über 50 meist futuristisch anmutende Villen zum Stückpreis von 3 bis weit über 10 Millionen Franken hat er in Küsnacht, Freienbach und anderen steuergünstigen Gemeinden rund um den Zürichsee hochgezogen. Jeden Monat kommen neue dazu, ein 50-Millionen-Projekt ist aufgegleist.

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Zu Simmens Kunden gehören etwa David Blumer aus der Konzernleitung von Swiss Re oder Thomas Limberger, heute Chef bei Von Roll und früher bei Oerlikon, erzählen Branchenkenner. Der ehemalige Finanzchef des weltgrössten Rohstoffkonzerns Glencore klopfte ebenfalls bei Simmen an, wie auch der Chef des Bankensoftware-Spezialisten Avaloq, Francisco Fernandez. Zu konkreten Namen will sich Architekt Simmen nicht äussern: «Diskretion ist in diesem Geschäft einfach ein grosses Anliegen», sagt er.

Die Liste der prominenten Bauherren lässt sich beliebig verlängern. Baubewilligungsgesuche aus Gemeinden zeigen, dass etwa Urs Wietlisbach von Partners Group gegenwärtig auf einen Neubau wartet. Zu Hausbesitzern wurden auch der frühere Vontobel-Präsident und Danzas-Chef Peter Wagner, Hans Notter vom Kanalservice Notter oder ein Vermögensverwalter der Scheichs von Katar, wie ein Kunde berichtet.

UBS-Topmanager aus der Ära von Marcel Ospel sind dabei, jemand aus der Geschäftsleitung von Ringier, expandierende Vermögensverwalter, Formel-1-Exponenten und Manager von Modekonzernen. In der Branche heisst es, die fünf Reichsten der Schweiz liessen sich von der Simmen Group beraten. Simmen selber sagt dazu nur: «An uns kommt im Raum Zürichsee derzeit fast keiner vorbei. Das klingt vielleicht etwas arrogant, aber ich denke, es ist so.» Der Mann in Jeans, schlicht gehaltenem Designer-Hemd und Weissgold-Ehering mit gestanztem «S» ist bei den Vermögenden zur grossen Nummer geworden.

Andrang aus dem Ausland

Doch ohne das Elend eines anderen wäre es kaum so weit gekommen: Patric Simmen begann seine Laufbahn mit einer Lehre als Bauzeichner. Sein damaliger Chef trank über alle Massen, der Stift konnte und musste alles allein auf die Beine stellen und übernahm schon damals die Bauleitung bei Projekten. Als diese Ära zu Ende ging, wollte er in dieser Branche nicht mehr als Angestellter dienen. Ohne grosse Vorkenntnisse wechselte er darauf zur UBS in die Informatikabteilung.

Doch die Zeichnerei liess ihn nicht los. Nach Feierabend und am Wochenende setzte er sich in seiner kleinen Zürcher Wohnung hin und entwarf für seinen damaligen Vorgesetzten ein erstes Haus. Offenbar ein Wurf, denn umgehend folgte ein Auftrag vom Kollegen des Chefs. Als eine dritte Anfrage einging, quittierte er den Informatikjob und machte sich selbstständig.

Das war vor zwölf Jahren. Heute arbeiten 54 Leute bei der Simmen Group, und Simmens früherer Chef bei der UBS macht nun die Informatik beim Unternehmen im schwyzerischen Schindellegi. Die Firma verfügt über Bauprojekte im Volumen von 600 Millionen Franken. «Ich hatte einfach das Glück, zur richtigen Zeit und vor allem am richtigen Ort in das Geschäft mit Luxusimmobilien einzusteigen», sagt Simmen. In der Branche heisst es, der heute 39-Jährige habe sich in den Krisenjahren rechtzeitig gutes Bauland gesichert.

«Simmen hat ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und redet gern», erzählt ein Geschäftspartner. «Und er kann einem schon direkt an den Kragen gehen, wenn ihm etwas nicht passt. Aber er hat eine versöhnliche Ader.» Simmen selber meint, er wolle eigentlich keinem auf die Füsse treten, aber es gebe schon einige, die das Bein absichtlich in die Tür hielten, um ihm zu schaden. Manchmal müsse man hart bleiben. Ein Immobilienhändler erklärt: «In dieser Branche gönnt man sich den Erfolg einfach nicht.»

Der grosse Sprung gelang Simmen, als Urs Wietlisbach von Partners Group vor vier Jahren als Partner einstieg. Beide halten nun knapp unter 50 Prozent am Unternehmen, ein Gewinn für beide: Der Vermögensverwalter brachte zahlungskräftige Klientel, was wiederum den Wert des Unternehmens steigerte und es Simmen erlaubte, zu expandieren: Eigene Töchter für Innenarchitektur, Gartengestaltung wurden gegründet, neue Statik- und Elektro-Abteilungen sind in Planung, eine Generalunternehmung gibt es bereits, mit Möbeldesignern arbeitet man auch schon zusammen. Das Ziel ist eine «lückenlose Wertschöpfungskette». Oder wie es nach aussen heisst: All-inclusive für die reiche Kundschaft.

Die Kunden stammen zunehmend aus dem Ausland, vor allem aus Deutschland, auch aus Grossbritannien, den nordischen Ländern und ab und zu aus den USA. «Wir haben einen enormen Andrang von Ausländern, die in die Schweiz kommen wollen», sagt Simmen. Er könnte sofort 50 Leute neu anstellen. Man habe derzeit 900 kauffähige Interessenten für einen durchschnittlichen Hauspreis von 6 Millionen Franken. Simmen plant ein neues Standbein im Engadin. Die Firma sei so aufgestellt, dass ein Börsengang möglich wäre. Aber für die nächsten fünf Jahre sei das kein Thema. Er redet ohne Unterbruch.

Das Erfolgsrezept

Im Luxussegment gibt es rund um den Zürichsee nur wenige grössere Konkurrenten. Peach Property, die gerade an die Börse geht, gehört dazu. Deren Chef Thomas Wolfensberger sagt: «Seine Produkte gefallen mir sehr gut.» Andere Konkurrenten sprechen vom «guten Entwurfsarchitekten» oder auch vom «genialen Artisten». Bei den Architektenvereinigungen SIA und BSA ist Simmen nicht Mitglied. «Ich bin nicht einer jener Architekten, die glauben, die Welt erfunden zu haben», sagt Simmen. Er sehe etwas in den Ferien, merke, dass das gerade in ein aktuelles Projekt hineinpasse. Es sei manchmal banal. Und er gestehe, sich auch schon bei anderen Architekten inspiriert zu haben, zum Beispiel bei Zaha Hadid, bekannt für ihre Bauten voller Rundungen.

Doch der entscheidende Erfolgsfaktor sei eben die Nähe zu den Managern und Unternehmern. «Wir bauen für den Kunden und nicht für uns», lautet das Credo. Die Reichen seien einfach ein anderes Segment, und man müsse wissen, wie viele Taschen eine Frau habe, und berücksichtigen, dass es unter Umständen 500 Paar Schuhe gebe. «Wir filtrieren alle nötigen Informationen aus dem Kunden heraus», erklärt er. Der ultimative Kundenfokus führt auch zu heiklen Situationen. Ein Arzt wünschte einmal eine bizarre WC-Anlage. Das Abflussrohr sollte durchsichtig sein und durch den Raum geführt werden, sodass die Exkremente nach verrichteter Arbeit sichtbar würden. Simmen lehnte das Ansinnen ab, argumentierte mit technischen Schwierigkeiten. Die Idee wurde nie umgesetzt.

Argumentieren muss Simmen inzwischen ohnehin ständig. So letzten Freitag: Er begann mit einem Gespräch zur Probezeit eines Mitarbeiters, dann musste er einen Hotelwettbewerb in der Lenzerheide präsentieren, anschliessend folgte ein Mittagsmeeting mit externen Investoren. Am Nachmittag Kontrolle der Zahlungen im Unternehmen, danach ein Kundentreffen in Kilchberg, eine Strategiesitzung, schliesslich eine Party bei einem ehemaligen Bauherrn. Simmen ist Vater von vier Kindern, drei davon sind unter fünf Jahren alt. Wenns in der Nacht unruhig wird, hilft er mit. Offensichtlich steht er das gegenwärtig durch. «Stress habe ich nie, nur viel zu tun. Eigentlich schlafe ich bereits, wenn mein Kopf am Abend aufs Kissen fällt.»

Dieser Kopf. So kahl, so dominant. Gegen aussen signalisiert er Extravaganz. Und drinnen arbeitet der Dienstleister. Die Reichen brauchen beides.