Der Finanzbericht der Bank Credit Suisse zeigt: Ein Abschreiber droht

Eine Woche nach der Präsentation der neuen Strategie legt die Credit Suisse den Finanzbericht zum dritten Quartal auf. Das Dokument umfasst 154 Seiten und ist ein Zeugnis der Krise. Die Credit Suisse bestätigt darin Liquiditätsprobleme, den Abzug zahlreicher Kundinnen und Kunden und warnt sogar vor einem möglichen Goodwill-Abschreiber in der Vermögensverwaltung. Sie gibt Details zum Verkauf der Allfunds-Beteiligung und äussert sich zum Echo des Archegos-Debakels, das immer noch nachhallt. Das Prüfunternehmen PwC attestiert die Zahlen im Finanzbericht. Sieben Punkte fallen besonders ins Gewicht. 1. Drohender Goodwill-Abschreiber Die Credit Suisse bereitet die Märkte auf einen möglichen Abschreiber vor. Per Ende des dritten Quartals hatte sie 3 Milliarden Franken Goodwill in ihrer Bilanz. 1,3 Milliarden in der globalen Vermögensverwaltungssparte, 500 Millionen bei der Schweizer Bank und 1,1 Milliarden im Asset Management. Der Goodwill in der Investmentbank wurde schon in den Vorjahren auf null abgeschrieben. Je nach Marktentwicklung droht nun ein Abschreiber. Der «faire Wert» der Sparte Asset Management liege nur noch 12 Prozent über dem Buchwert. Im Falle einer weiteren ungünstigen Marktentwicklung sei ein Abschreiber nicht auszuschliessen, sagt Vontobel-Analyst Andreas Venditti. Rein optisch wäre dann der Verlust im vierten Quartal noch grösser, aber auf das Kernkapital hätte das keinen Einfluss. Denn der Goodwill wird aus dem regulatorischen Eigenkapital herausgerechnet. 2. Die Kundenflucht Zweitens: Die Kundinnen und Kunden nehmen Reissaus. «Im Oktober 2022 verzeichnete die Credit Suisse nach negativer Berichterstattung in der Presse und in den sozialen Medien, die auf falschen Gerüchten beruhte, Abflüsse von Kundengeldern, die deutlich über den Raten des dritten Quartals 22 lagen», schreibt die CS in ihrem Finanzbericht. Diese Abflüsse würden in erster Linie die Divisionen Wealth Management und Swiss Bank betreffen. Die Abflüsse seien seit Mitte Oktober zurückgegangen, hätten sich aber noch nicht umgekehrt.Jetzt geht es ums Ganze CS-Chef Ulrich Körner baut die Bank um, nimmt neues Kapital auf, entlässt Leute. Es ist eine Herkulesaufgabe – und eine Schicksalsfrage. Körner und seine Sanierungstruppe agieren in einem widrigen Umfeld, ihre Umbauarbeit dürfte noch locker drei Jahre in Anspruch nehmen. Drei Jahre aber sind eine lange Zeit. Die grosse Frage bleibt, ob die Regenmacher der Bank die Treue halten. Und, vor allem, ob die Aktionäre, Aktionärinnen und die Kundschaft ihr Vertrauen nicht verlieren. Mehr lesen Sie hier. Es sei noch zu früh, um die Auswirkungen auf die Netto-Neugeldzuflüsse für das vierte Quartal abzuschätzen, sagt die CS weiter. «Aber zusammen mit den Wertverlusten aufgrund der ungünstigen Marktbewegungen in den Kundenportfolios im dritten Quartal könnte dieser Rückgang der verwalteten Vermögen zu geringeren Gebühreneinnahmen für die Gruppe und damit zu einer geringeren Rentabilität führen», warnt die Bank. 3. Die Bank hatte Liquiditätsprobleme Die Bank hatte ernsthafte Liquiditätsprobleme. «In den ersten beiden Oktoberwochen verzeichnete die Credit Suisse nach negativer Berichterstattung in der Presse und in den sozialen Medien deutlich höhere Abflüsse von Bareinlagen», wie die Bank schreibt. Der Trend halte an, habe sich aber verlangsamt. Die Bank bestätigt auch, dass sie in der Zeit unmittelbar vor der Bekanntgabe der neuen Strategie den Zugang zu den Kapitalmärkten eingeschränkt habe. Das sei «üblich». 4. Verluste durch Allfunds-Verkauf Der Verkauf der Allfunds-Beteiligung bringt einen Verlust in zweistelliger Millionenhöhe. «Die Transaktion führt zu einem Verlust von 75 Millionen Franken, der im vierten Quartal 2022 verbucht werden wird», schreibt die CS. Zusätzlich erwarte die Bank im vierten Quartal Restrukturierungskosten sowie Wertminderungen von Software und Immobilien in Höhe von rund 250 Millionen Franken – «als Teil der Kosten für die angekündigte strategische Transformation». «Zusammen mit den negativen Auswirkungen des Ausstiegs aus unseren nicht zum Kerngeschäft gehörenden Geschäften und Engagements sowie dem ungünstigen operativen Umfeld erwarten wir für die Gruppe im vierten Quartal 2002 einen Nettoverlust», so die Credit Suisse weiter. Es wäre das fünfte rote Quartal in Folge. Im dritten Quartal lag der Verlust bei 4 Milliarden Franken, im zweiten bei 1,6 Milliarden, im ersten bei 273 Millionen. Immerhin: Der Verkauf der 30-Prozent-Beteiligung an Energy Infrastructure Partners (EIP) bringt der Bank einen Gewinn. Die CS beziffert das Plus auf rund 23 Millionen Franken. Das Resultat wird im vierten Quartal verbucht werden. 5. Hohe Restrukturierungskosten unter Gottstein Die Gottstein-Legacy ist teuer. Die Credit Suisse verbucht immer noch hohe Restrukturierungskosten von der letzten strategischen Weichenstellung, die noch unter Thomas Gottstein passierte. Im November 2021 gleiste Gottstein ein Programm auf, das erst im Dezember 2022 abgeschlossen sein wird. Es hat alleine im dritten Quartal 181 Millionen Franken gekostet. Darin enthalten sind Abfindungszahlungen, andere personalbezogene Kosten, Pensionsaufwendungen und Kosten für die Beendigung von Verträgen. 6. Langsamer Rückzug aus Russlandgeschäft Das Kreditrisiko in Russland liegt immer noch bei 542 Millionen Franken. Das ist ein Minus von 18 Prozent zum Vorquartal, aber immer noch mehr als eine halbe Milliarde Franken – und angesichts der zahlreichen Baustellen bei der Bank kein Zuckerschlecken. Zur Relativierung schreibt die Bank allerdings, dass das Nettorisiko bei 229 Millionen liege. Die noch in Russland verbleibenden Engagements würden «weiterhin laufend überwacht und verwaltet». 7. Das Echo des Archegos-Debakels hallt nach Die Geschichte mit dem gescheiterten Hedgefonds Archegos, die die Bank seit über einem Jahr beschäftigt und bereits zu dreistelligen Millionenverlusten geführt hat, habe «anhaltende Auswirkungen», schreibt die Credit Suisse. Der Schaden könne sich weiterhin auf das Geschäft auswirken, «einschliesslich unserer Fähigkeit, Kunden, Klienten, Investoren und Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden sowie Geschäfte mit unseren Geschäftspartnern zu tätigen». Diese Herausforderungen, so die Bank weiter, fänden vor dem Hintergrund sich verschlechternder makroökonomischer und marktbezogener Bedingungen statt, «was einige der oben genannten negativen Folgen noch verstärken könnte». «Die vorgenannten Herausforderungen können auch die Umsetzung unserer gerade angekündigten neuen strategischen Initiativen sowie das Erreichen der mit diesen Initiativen verbundenen Ziele erschweren», heisst es sodann. Im Klartext: Es gibt ein erhebliches Exekutionsrisiko bei der neuen Strategie. CEO Körner ist gefordert, ein Erfolg ist alles andere als sicher. Die Lücken in der Strategie der Credit Suisse Mit ihrem neuen Strategieplan wollen Credit-Suisse-Chef Ulrich Körner und Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann endlich Klarheit schaffen, wie es mit der zweitgrössten Bank weitergehen soll. Nicht weniger als eine «neue Credit Suisse» will dafür Bankchef Ulrich Körner in den nächsten drei Jahren schaffen. Doch von Klarheit kann nach wie vor keine Rede sein. «Bei der Strategiepräsentation sind viele wichtige Punkte offengeblieben», sagt zum Beispiel Andreas Venditti, Bankanalyst bei Vontobel. Einen «äusserst unvollständigen Plan» bemängeln die Analysten und Analystinnen von Goldman Sachs. Mehr lesen Sie hier.

Der Finanzbericht der Bank Credit Suisse zeigt: Ein Abschreiber droht

Die versteckten Probleme der Credit Suisse