In der Luftfahrt läuft es nicht rund: viele Flugausfälle, lange Wartezeiten. Der wichtigste Grund: Das Personal fehlt. Zu viele wurden wegen der Corona-Krise entlassen. Von der Misere sind so gut wie alle Airlines und Flughäfen betroffen, natürlich auch die Swiss. Die Airline hat ebenfalls im grossen Stil Flüge für den Sommer storniert, die Kundschaft ist alles andere als happy, zumal die Ticketpreise steigen.

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Hinzu kommt bei der Swiss aber noch ein anderes Thema: die Impfpflicht des fliegenden Personals. Recht früh und viel klarer als bei anderen Fluggesellschaften hat das Management der Swiss darauf bestanden, sich in Sachen Corona-Impfen durchzusetzen. Nach dem Motto: Wer sich nicht piksen lassen will, der müsse sein Arbeitsverhältnis ruhen lassen und dann, nach einer gewissen Zeit, damit rechnen, die Kündigung zu erhalten. So kam es auch.

Bisher konnte sich das Swiss-Management durchsetzen

In der Vergangenheit hiess es bei der Swiss stets, es handle sich um rund 150 Mitarbeitende, die von der Angelegenheit betroffen seien. Die meisten davon sollen in der Kabine und nicht im Cockpit arbeiten. Nur wenige Piloten haben sich geweigert, sich gegen Corona impfen zu lassen. Swiss-Insider sprechen davon, dass mittlerweile rund 70 Mitarbeitenden gekündigt wurde, weil sie sich nicht impfen lassen wollten. Bestätigt ist die Zahl von Unternehmensseite allerdings nicht.

Der Streit schwelt schon mehrere Monate. Doch das Swiss-Management konnte sich durchsetzen. Zwar gab es das Aufbegehren von Mitarbeitenden auch via einer Website, doch so richtig öffentlich wurde der Impf-Zoff bisher nicht ausgetragen. Nun haben sich zwei Swiss-Mitarbeitende in den Medien präsentiert und ihren Unmut öffentlich gemacht. Auch die Gewerkschaft fürs Bodenpersonal übt Kritik. Die anderen Gewerkschaften, Kapers fürs Kabinenpersonal und Aeropers fürs Cockpit, sind auffallend still in der Debatte. Sie tragen mehr oder weniger die Linie der Swiss.

Dennoch: Der Rechtfertigungsdruck auf die Swiss wächst natürlich. Warum, so der Vorwurf, darf in Zeiten, in denen Flieger am Boden bleiben müssen, weil das Personal fehlt, ungeimpftes Personal nicht fliegen?

Die Swiss argumentiert wie bisher: Die Impfung biete einen guten Schutz. Ausserdem gebe es an Destinationen Reisebeschränkungen. Überhaupt: Die komplexe Flug- und Crew-Organisation zu unterteilen in geimpftes und nichtgeimpftes Personal sei nicht zielführend. Und wie sich die Corona-Lage, besonders mit Blick auf Herbst und Winter, entwickle, sei auch nicht sicher.

Die Swiss vergrault Kunden und Personal

Das sind aus Sicht der Swiss valide Argumente. Doch das Swiss-Management hat sich mit seiner harten Linie in eine vertrackte Situation manövriert. Je mehr Corona in den Hintergrund tritt, umso mehr fragt sich nicht nur das Personal, sondern auch die Kundschaft, warum es das Impfobligatorium überhaupt noch braucht. Warum nicht ungeimpftes Kabinenpersonal wenigstens auf Europa-Routen einsetzen, damit nicht noch mehr Flüge ausfallen? Stattdessen muss Lufthansa-Personal bei der Swiss aushelfen.

Swiss-Chef Dieter Vranckx steht derzeit wenig gut da: Seine Airline kann die Kundennachfrage im Sommer nicht ausreichend bedienen, vergrault die Kundschaft und hat zudem bei einem Teil seines Personals einen schlechten Stand. Er kann nun allerdings auch nicht seinen bisher geimpften Mitarbeitenden in den Rücken fallen und verkünden: Alle, die nicht geimpft sind, dürfen wieder zurück an Bord. Damit macht er sich unglaubwürdig.

Es ist eine verzwickte Situation: Sollten die Corona-Zahlen im Herbst wieder steigen, neue Beschränkungen kommen, dann dürfte der Swiss-Chef sich in seiner harten Haltung in Sachen Impfen bestätigt fühlen. Wenn Corona hingegen bald verschwunden sein solle, nimmt der Druck auf ihn weiter zu.

Allerdings: So wie es bisher aussieht, haben die Impfgegner bei der Swiss eher schlechte Karten. Im Gesamtarbeitsvertrag (GAV) ist generell geregelt, dass Impfen nötig ist. Arbeitsrechtlich haben Impfgegner also keine guten Chancen. Und wem wegen fehlender Impfbereitschaft bei der Swiss gekündigt worden ist, den wird die Swiss sicherlich nicht wieder zurückholen – trotz Personalmangel, den es gerade in der Branche gibt.