Benzin im Blut hat Urs Erbacher seit seiner frühsten Jugend. Bereits im zarten Kindesalter frisierte der Baselbieter die Mofas seiner älteren Geschwister und Kollegen. Noch nicht ganz 20 Jahre alt, bestritt er 1980 als Mitglied eines AMI-Clubs erste Dragster-Rennen (Beschleunigungsrennen mit PS-starken Fahrzeugen). Dieser Leidenschaft ist Urs Erbacher bis heute treu geblieben. Als vierfacher FIA Europameister und Rekordhalter gehört er nach wie vor zu den erfolgreichsten Dragster-Piloten. Doch da gibt es auch die berufliche Seite Erbachers: Anfang der 90er-Jahre baute er eine eigene Custom-Bike-Werkstätte auf und gründete 1993 die Firma Fat Attack in Arlesheim.

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Die Highlights von Ausstellungen

Heute ist Erbacher der wahrscheinlich erfahrenste und erfolgreichste Custom-Bike-Konstrukteur der Schweiz. An Ausstellungen im In- und Ausland gehören die Kreationen von Fat Attack regelmässig zu den am meisten bewunderten Objekten und an Wettbewerben meist zu den Siegern. Als einer der ganz wenigen europäischen Beherrscher dieses Metiers wurde Erbacher 2005 zur Teilnahme an der World Championship AMD, dem renommiertesten Wettbewerb der weltweiten Custom-Bike-Szene, nach Las Vegas in die USA eingeladen.

Wie hoch seine Arbeiten in der internationalen Szene geschätzt werden, zeigen Respekt und Vertrauen seiner wahrscheinlich engsten Mitbewerber. Sowohl die deutsche Edelschmiede Hardcore Cycles von Markus Walz als auch der Österreicher Peter Penzenstadler - kurz Penz - beliefern Fat Attack mit ihren eigenständigen und bewährten Rahmenkonstruktionen, die von Fat Attack oft als Basis zum Aufbau eines neuen Custom Bikes verwendet werden. Dabei gilt für Erbacher und sein Team folgendes Kredo: «Ein guter Designer ist nicht der, der Dir nimmt, was Du hast und Dir gibt, was Du willst. Ein guter Designer ist der, der Dich führt, von dem, was Du willst, zu dem, was Du noch nicht wusstest, und der Dir zeigt, was Du eigentlich suchst. Wenn Du Massarbeit leistest, folge nicht der Masse - folge Deinen Träumen. Ein Custom Bike Shop sollte denn auch eine Traumfabrik sein.»

Meist sind diese Kunden erfahrene Biker, nicht selten jedoch auch Familienväter, die sich nach dem häuslichen Auszug der Jungmannschaft endlich wieder ihren Zweiradtraum erfüllen wollen. Und so ausgefallen und unterschiedlich die Wünsche auch sind, Erbacher und sein Team setzen sie um: «Die einen kommen mit klaren Vorstellungen, andere lassen sich von den Bikes im Show Room inspirieren und sich von uns beraten. Jedes Teil wird bis ins letzte kleine Detail besprochen und anhand von einfachen Skizzen aufgezeichnet. Solchermassen reift im Laufe der Zeit ein Bike zu einem eigenständigen und harmonischen Ganzen.»

Tank, Lampengehäuse und andere Karosserieteile werden zuerst von den erfahrenen Fat-Attack-Spezialisten 1:1 aus leichtem PU-Schaum geschnitten, vorgeformt und optimiert, bis alles passt. Anhand dieser Rohlinge werden danach Bleche geformt und verschweisst oder Negativformen zur Herstellung von Karbonteilen gefertigt.

Ähnlich aufwendig gestaltet sich der Aufbau des Antriebs. «Wild statt mild» heisst hier das Motto; unter der speedsüchtigen Vorbelastung von Erbacher versteht es sich von selbst, dass ein V2 von Fat Attack selten im Originalzustand bleibt. Von den bekannten Motorentunings der Marke Erbacher Racing bis hin zu nachhaltigeren Leistungsspritzen mittels NOS oder Turboladern ist alles möglich.

Der Lack macht die Maschine

Finetuning bis zum Äussersten, das gilt auch für die Lackierung. Bis zu zwölf oder mehr Schichten sind hier die Regel.

Beratung, Konzeption, Planung, Umsetzung - der Aufwand an Arbeitsstunden zum Aufbau eines echten handgemachten Custom Bikes ist enorm und widerspiegelt sich nicht zuletzt im Preis. Über 100 000 Fr. für ihren Zweiradtraum hinzublättern, das sind nur einige ganz wenige Kunden bereit. Bei der momentanen Wirtschaftssituation sind das jährlich nur gerade noch zwei bis drei Auslieferungen im Jahr.

Das bisher heisseste und aufwendigste Custom Bike von Fat Attack ist die Erbacher One: «In diesem Bike stecken alle unsere Erfahrungen und Leidenschaft aus dem Drag Racing.» Tief, flach, lang, breit und so leicht wie möglich - genau so, wie die Race Bikes des Erbacher Teams. Dementsprechend sind auch die Bremsen ausgelegt - mächtige Scheiben mit radial verschraubten Zangen der Renommiermarke Brembo. Rahmen und Einarmschwinge aus hochfestem Chrom-Molybdän sind aufwendige Eigenentwicklungen. Hinten rollt die One auf einem ultrabreiten 300er-Avon-Reifen.

Ein besonderes Showelement ist die Hinterradfederung, mit der das Heck per Luftdruck um bis zu 8 cm angehoben respektive abgesenkt werden kann.

Herzstück der One ist ein 110-Cubic-Inc-Motor von Screamin Eagle, der hauseigenen Tuningmarke von Harley-Davidson. Nach der Behandlung von Fat Attack drückt der mächtige V2 satte 100 PS auf die Kurbelwelle. Eine weitere Besonderheit ist der offen laufende Primärantrieb mit Zahnriemen.

Tank, Lampe, Schutzbleche und Verschalungsteile wurden extra für dieses Bike entworfen und aus ultraleichtem Karbon gefertigt. Aufwendige Verbundräder, ein Drag-Race-Lenker sowie zahlreiche liebevoll verarbeitete Details komplettieren das in vielerlei Hinsicht traumhafte Custom Bike.

Easy Rider Feeling auf Luxusstufe

In eine komplett andere Stilrichtung rollt der High Neck Chopper von Erbacher. «Dieses Custom Bike interpretiert die besonderen Merkmale des Choppers ins Extreme.» Reduziert aufs wirklich Wesentliche, mit ultratiefer Sitzposition, grossem Vorderrad, fettem 300er-Hinterreifen und unendlich langer, flacher Gabel, kommt hier wirklich echtes Easy Rider Feeling auf. Basis für die filigrane Konstruktion bilden der Doppelschleifenrahmen von Penz und ein Twin-Cam-V2 von Harley-Davidson. Besonders erwähnenswerte Spezialitäten sind der rechts liegende Zahnriemenantrieb sowie der Lenker mit Minimalinstrument und innenverlegten Kabeln.

Erbacher: «Selbstverständlich bauen wir nicht nur Custom Bikes. Sogenanntes Customizing, das heisst, ein Motorrad nach den Wünschen der Kunden abändern und veredeln, ist für uns mindestens ebenso wichtig und interessant.» An der Swiss-Moto in Zürich haben Erbacher und sein Team eine Original Harley-Davidson Cross Bone in nur vier Tagen zum kultigen Old School Bobber im Stil der 40er-Jahre umgebaut: «Um die unvergleichliche Optik zu erreichen, haben wir die Gabel gekürzt und das Heck tiefer gelegt. Die komplett mattschwarze Lackierung, die knappen Schutzbleche sowie die mächtigen Reifen lassen die Maschine noch geduckter, breiter und böser erscheinen.» Trotz amerikanischen Wurzeln ist die umgebaute Harley heute eine Schweizer Kreation, das macht nicht zuletzt das Kupplungs-Cover mit Helvetia in 3D deutlich. Der Erbacher Old School Bobber wurde am letzten Februar-Wochenende auf der Auktionsplattform www.ricardo.ch versteigert - dies für beachtliche 66 000 Fr.