Migros und Coop besetzen im Lebensmitteldetailhandel – die Käufe von Denner und Carrefour bereits einberechnet – 82% der gesamten

Verkaufsfläche in der Schweiz. Im Jahr 2000 waren es erst 66%. Mit der Expansion kommen sich die beiden dominanten Detailhändler auch konzeptmässig und territorial immer näher.



Dichteres Netz dank Denner

Bei den Megastores (weniger als 5000 m2) hatte bisher die Migros mit 38 MMM-Zentren die Nase vorn. Nun kann der Coop-Konzern, der den Trend zu den grossflächigen Formaten seinerzeit verschlafen hatte, mit dem Kauf von Carrefour auf einen Schlag viel Boden gutmachen. Statt 13 gibt es bald schon 25 Coop-Megastores. Firmenchef Hansueli Loosli spricht denn auch von einer «idealen Ergänzung». Megastores gelten mit ihren zweistelligen Zuwachsraten als eigentliche Treiber im Lebensmitteldetailhandel.

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Umgekehrt ist die Situation bei den kleinen Ladenformaten (200 bis 700 m2): Hier war Coop laut Marktforschungsinstitut IHA mit 535 A-Shops stärker vertreten als die Migros mit ihren lediglich 289 M-Läden. Nun kann die Migros mit den Denner-Shops das Blatt wenden, und zwar nicht nur bei den Kleinformaten. Der orange Riese verfügt künftig über das dichteste Verteilnetz bei den Lebensmitteln (965 Läden gegenüber 815 von Coop). Und er hat auch flächenmässig mit 1,141 Mio m2 für Lebensmittel den Abstand zu Coop (0,9 Mio m2) vergrössert.

Mit Blick auf den gesamten Detailhandel ist aber Coop mit ihren Töchtern (Bau+Hobby, Bell, Christ, Vitality, Coop City, Interdiscount, Importparfümerie, Top-Tip) das grösste Flächenimperium: 1,518 Mio m2 verteilt auf 1546 Läden –oder knapp 300000 m2 mehr als der Migros-Konzern.

An dieser Differenz verändert sich nach den jüngsten Akquisitionen nur wenig. Die Migros gewinnt mit Denner 167000 m2, Coop mit Carrefour und Fust 141000 m2.

Übernahmen sind offenbar kein taugliches Mittel, um den jeweiligen Konkurrenten entscheidend zu distanzieren. Also setzen beide beim Wetteifern um die Führungsrolle auf die bauliche Expansion. Im Moment sind in der Schweiz laut IHA 20 neue Shoppingkomplexe mit weiteren 410000 m2 im Bau oder geplant. Und wo immer ein neues Center entsteht, ist einer der beiden Grossen mit von der Partie. Coop ist zum Beispiel beim geplanten «Baleo» in Basel Grundeigentümerin und wird Hauptmieterin in der Erlebnismall «Ebisquare» in Ebikon LU.

Die Migros Aare ist Trägerin von Bern «Westside» und des Albisparks in Langnau ZH. Die Beispiele liessen sich fortsetzen. Damit wird auch klar, dass der Kampf um Verkaufsflächen letztlich auf eine Patt-Situation hinausläuft.

Pikant ist, dass sich als Folge der Übernahmen die beiden Grossverteiler immer häufiger unter einem Dach finden. So liegen verschiedene Fust-Filialen als Shop-in-Shop in den Globus-Warenhäusern, die neue Coop-Tochter folglich also bei einer Migros-Tochter.



Rolltreppen für alle

Diese Situation – im Luftverkehr würde man von einem Beinahe-Crash sprechen – ergibt sich aus den Besitzverhältnissen. Denn bestimmte Globus-Warenhäuser gehören immer noch Jelmoli bzw. den neuen israelischen Investoren. So teilen sich beim Kampf um Kunden und Quadratmeter Migros, Coop und Denner Eingänge und Rolltreppen im Schönbühl-Center in Luzern. Deren Shops sind hier einträchtig versammelt.

Solche wohl kaum erwünschte Nähe lässt sich kaum mehr vermeiden, denn bei den Übernahmen geht es meistens um langjährige Mietverträge, nicht aber um den Kauf der Immobilien. So hat beim Carrefour-Deal Coop von den zwölf Filialen lediglich vier gekauft, bei acht hingegen langjährige Mieten übernommen. Und weder bei der Fust- noch bei der Denner-Akquisition sind die Immobilien Bestandteil des Geschäftes.

Wer letztlich ganz genau wissen möchte, wie viele Prozente der Verkaufsflächen die beiden Grossverteiler überhaupt in eigenem Besitz und wie viel sie bloss gemietet haben, beisst bei der Migros auf Granit. Deren Chef Herbert Bolliger will die Frage «aus strategischen Gründen» nicht beantworten.

Auch Coop gibt sich zurückhaltend. Immerhin beziffert Sprecherin Susanne Erdös den Wert des Immobilienportfolios auf mehr als 10 Mrd Fr. Und die Verkaufsflächen seien mehrheitlich in eigenem Besitz. Die Migros, die ein Anlagevermögen in Sachwerten von 9,890 Mrd Fr. ausweist, will nicht einmal verraten, wie viel davon auf das Konto von Immobilien geht.



Deutsche wollen Eigenbesitz

Weniger Geheimniskrämerei um ihren Immobilienbesitz machen die als künftige Konkurrenten gehandelten deutschen Discounter Aldi und Lidl. Beide fahren eine klare Strategie mit möglichst viel Eigenbesitz. Aldi hat 90% der Verkaufsflächen in eigenen Händen, Lidl 50%.

Dank der Preisentwicklung im Immobiliensektor hat dieser Besitz den beiden schwergewichtigen Detailhändlern in den letzten Jahren einen markanten Vermögenszuwachs beschert. Das versetzt sie in die komfortable Lage, dass sie bei der Expansion in der Schweiz keineswegs knausern müssen.