Am Anfang war die Skepsis gross: Kann es einer Gruppe Luzerner Jungunternehmer gelingen, ein touristisches Novum erfolgreich auf dem Schweizer Markt zu etablieren?

Ende 2018 lancierten die Quereinsteiger Hotelzimmer in Röhrenform. Das Capsule Hotel in Luzern bot eine etwas komfortablere Art jenes Schubladenschlummers, wie es Globetrotter aus Japan kennen. Die Sache hat sich mit grossem Erfolg angelassen: Die Initianten sprechen von einer Auslastung, die im Schnitt um 80 Prozent liege.

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Neulancierung «Swiss-Capsule»

Von den bisher gegen 3'000 Gästen stamme rund ein Drittel aus China; der Rest verteile sich über die ganze Welt. Ein Erfolg, der wohl auch an den tiefen Preisen liegt: Die Nacht in der Schlafkapsel ist ab rund 40 Franken buchbar.

Mit dem Erfolg stellten sich zwei Nebenwirkungen ein. Die unangenehmere: Die Prototypkapseln, Importware aus China, zeigten Mängel. Die Türen lotterten, es zeichnete sich Renovationsbedarf ab.

Die angenehmere Nebenwirkung schildert Peter Schiffhauer, Co-Gründer und Geschäftsführer der Luzerner Capsule Hotel GmbH so: «Schon bald nach der Eröffnung in Luzern haben uns Anfragen aus dem In- und Ausland erreicht.» Die Luzerner Kapsel-Kapitäne beschlossen zweierlei. Wachstum: ja. Aber mit einer besseren Kapsel.

Holz plus Serviceklappe

Seit Frühsommer 2019 liess man eine neue Kapsel entwickeln. Sie besteht aus Schweizer Holz und wird von einer Bündner Holzbaufirma hergestellt. Vorteil gegenüber dem chinesischen Exemplar: Die «Swiss-Capsule» ist schallgedämpft und lässt sich individuell tapezieren. Das Holzexemplar verfügt zudem über eine Serviceklappe, über diese kann das Reinigungspersonal die Matratze mit einem Schwung herausnehmen. Und die Swiss-Capsule lässt sich bedeutend schneller aufbauen.

Gemäss Schiffhauer waren für den Aufbau der China-Kapsel drei Mann einen Tag lang an der Arbeit. Für die Swiss-Capsule brauchen die gleichen drei nur zehn Minuten.

Ehrgeiziger Expansionsplan

«Für die Expansion», sagt Peter Schiffhauer, «wollen wir uns zunächst auf die Schweiz und Deutschland konzentrieren. Es liegen aber auch erste Anfragen aus Spanien und Rumänien vor.»

Der Expansionsplan ist ehrgeizig getaktet: drei bis sechs Kapselhotels im Jahr 2020, dreissig bis fünfzig bis im Jahr 2025, ab 2025 weltweite Expansion. Je nach Art des Partners, sagt Schiffhauer, seien verschiedene Eigentums- und Betreibermodelle möglich, «zentrale Themen wie Reservation, elektronischer Zugang und Pricing werden von der Luzerner Zentrale erbracht». 

Pop-up-Chancen

Touristikprofis sehen vor allem Chancen: «Die Kapselhotel-Expansion ist eine gute Idee. Solche Unterkünfte sind zwar in Japan seit den 1980er Jahren auf dem Markt, sie haben sich aber bisher nicht gross über Asien hinaus verbreitet», sagt Hassan Kadbi, Chef des Schweizer Ferienanbieters Hapimag

Die Macher aus Luzern hätten im Westen also einen «First-mover-Vorteil». Kadbi sieht auch Pop-up-Einsatzmöglichkeiten: «Ideal ist, dass ein Kapselhotel keine grosse Infrastruktur braucht. Es kann also auch temporär eingesetzt werden, etwa für ein paar Wochen in einer Destination während der touristischen Hochsaison oder bei einem Festival.» Das sei vorgesehen, sagt Schiffhauer: «Temporäre Standorte und Pop-ups sind durchaus denkbar.»

«Mehr Bodies, weniger Boden»

Walter Zueck, Ex-Accor-Manager und heute Projektmanager beim Generalunternehmer Steiner, sagt: «Wenn Herausforderungen bei den Themen Schall, Lüftung und Schliessungsmechanismus gemeistert werden, hat das durchaus eine Chance.» In einer Zeit, da in der Schweiz der Boden immer teurer werde, gehe es in der Günstig-Hotellerie darum, «mehr Bodys auf weniger Boden zu bringen, also mehr Körper auf weniger Boden. Das schafft das Kapselhotel

Zum Thema Body taucht im Luzerner Pilotbetrieb immer mal wieder eine Gästefrage auf: Ist auch eine Doppelkapsel für zwei Personen denkbar? Kapsel-Kapitän Schiffhauer ist offen dafür: «Das hat zwar keine Priorität, ist aber nicht ausgeschlossen.»

Die Kapsel

Die neue Holzkapsel ist 2,20 Meter lang und 1,18 Meter hoch; das ermöglicht bequemes Sitzen. Für die Expansion werden Übernachtungspreisen von durchschnittlich 50 Franken angepeilt.

Als das Luzerner Capsule Hotel im November 2018 öffnete, musste es nach wenigen Tagen wieder schliessen. Grund: fehlende finale Baubewilligung. Im Frühling 2019 konnte es wiedereröffnet werden.

Andreas Güntert
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