Erneut sind es die beiden Branchenleader, die auf Anfang dieses Jahres am meisten neue Kundinnen und Kunden in der obligatorischen Krankenversicherung anziehen konnten. Sie weisen aktuell je über 1,5 Millionen Grundversicherte aus. Der Bestand der Dübendorfer Helsana erhöhte sich um 54’000, derjenige der Luzerner CSS um 64’900. Damit ist Letztere wieder die Nummer eins. Dies ergab eine Umfrage unter den 13 grössten Krankenversicherern zur vergangenen Wechselsaison des Internetvergleichsdiensts Comparis.
Insgesamt war die Wechselbereitschaft geringer als auch schon. Denn die Grundversicherungsprämien sanken erstmals seit 2008 um durchschnittlich 1,4 Prozent. Massgeblich dazu beigetragen hat der Abbau der gesetzlich vorgeschriebenen Reserven einiger Versicherer um insgesamt 380 Millionen Franken.
Der Prämienherbst bringt einen Kampf um Neukunden
Das wird sich nicht wiederholen: Bereits jetzt zeichnet sich deshalb ab, dass die Versicherer ihre Prämien in der Grundversicherung auf 2023 wegen steigender Leistungskosten werden erhöhen müssen. Dies werde den Kampf der Versicherer um Neukunden respektive gegen den Kundenschwund in diesem Herbst intensivieren, sagt Comparis-Krankenkassen-Experte Felix Schneuwly.
Ob im Herbst die CSS und die Helsana erneut zu den Gewinnern zählen, ist offen. Fakt ist: deren Wachstum war in den vergangenen fünf Jahren enorm. Sie gewannen zusammen mehr als 540’000 Kunden. Schneuwly sagt: «Grösse wird immer mehr zu einem Wettbewerbsvorteil.» Denn die «zunehmende Regulierungsbürokratie» heize die Kosten an. Die Versicherer müssen deswegen mehr Experten im Bereich der guten Unternehmensführung oder des Risikomanagements beschäftigen. Dazu kommen stets höhere Anforderungen an die IT. Solche Verwaltungsausgaben schlagen weniger auf die Prämien durch, wenn sie sich auf mehr Versicherte verteilen lassen.
Dies beschleunige die Strukturbereinigung stärker als die Servicequalität, so Schneuwly weiter. Das zeigt sich auch daran, dass zum einen die Zahl der kleinen Kassen mit bis zu gegen 40’000 Grundversicherten abnimmt. Aktuell sind es noch 19. Zum anderen schrumpfte deren kumulierter Marktanteil in den vergangenen fünf Jahren stetig. Daher ist das beachtliche Wachstum von 4,3 Prozent der Graubündner ÖKK überraschend. Sie zog auf Anfang Jahr 7000 Grundversicherte an und verfügt damit über 169’500 Kundinnen und Kunden. Auch die Berner KPT legte erstmals seit längerem wieder um 3,3 Prozent zu.
Assura verliert weiter Kunden
Die Nummer drei der Branche, die Walliser Groupe Mutuel, konnte nach Jahren mit starken Verlusten ihren Bestand bei rund 950’000 Grundversicherten stabilisieren. Am meisten Abgänge verzeichnete zum dritten Mal hintereinander die Waadtländer Assura. Sie verlor in dieser Wechselsaison 42’000 Kunden. Damit verringerte sich der Abstand zur Winterthurer Swica-Gruppe weiter. Seit 2017 akquirierte diese 110’000 zusätzliche Grundversicherte. Damit wuchs sie in dieser Periode mit 14,8 Prozent am zweitstärksten.
Unter anderem dank der Swica schrumpfte das Gewicht von Santésuisse, dem grösseren der beiden Krankenversicherungsverbände, nicht noch stärker. Dessen gewichtigste Kassen verzeichneten seit Anfang 2017 kumuliert 173’000 Abgänge. Die Kundenbestände der vier Curafutura-Verbandsmitglieder CSS, Helsana, KPT und Sanitas erhöhten sich um rund 582’000.
Die Mehrheit geht zuerst zum Hausarzt oder ruft in der Teleklinik an
Kaum Bewegung gab es hingegen bei der Wahl der Versicherungsmodelle. Dies ergab eine repräsentative Befragung, die das Marktforschungsinstitut Innofact im Auftrag von Comparis im April unter 1038 Personen in allen Regionen der Schweiz durchgeführt hat. Das sind die wichtigsten Resultate:
- Noch knapp 30 Prozent buchen das Standardmodell. 53 Prozent bevorzugen ein Modell, bei dem sie sich im Fall einer Erkrankung erst bei einer Gruppenpraxis (HMO) oder ihrem Hausarzt melden müssen. Weil sich damit Leistungskosten einsparen lassen, erhalten die Versicherten dafür einen Rabatt auf ihrer Prämie. Ein sogenanntes Telmed-Modell wählen 13,5 Prozent der Versicherten. Sie müssen sich im Fall einer Erkrankung zuerst per Telefon von einer Fachperson in einer Teleklinik beraten lassen.
- Um rund 2 auf 3,5 Prozent hat sich der Anteil der Grundversicherten erhöht, die ein anderes alternatives Modell ausgesucht haben. Sie sind oft neu und bieten hohe Rabatte, weil die Anbieter in den ersten vier Jahren gegenüber dem Aufseher, dem Bundesamt für Gesundheit, die Prämienrabatte nicht mit entsprechenden Kosteneinsparungen nachweisen müssen. Das animiere die Versicherer, sagt Experte Schneuwly, immer wieder neue Modelle zu lancieren: «Allerdings sind diese nur selten wirklich innovativ.»
- Um 6,4 auf 85,7 Prozent angestiegen ist der Anteil der Versicherten, denen der direkte Zugang zum Hausarzt eher oder sehr wichtig ist. Ähnlich hoch ist der Wunsch nach einem schnellen Zugang.
- Wichtigster Aspekt bei der Wahl der Grundversicherung sowie eines Modells bleiben möglichst tiefe Prämien. Erstaunlich ist daher, dass über 40 Prozent der Befragten angeben, sie hätten die Minimalfranchise von 300 Franken gewählt. Das ist die teuerste.