Lange Zeit war es alles andere als eine männliche Eigenschaft, Schmuck zu tragen. In den vergangenen Jahrzehnten galten Ketten als prollig, Ringe als protzig oder bieder – und Ohrringe warfen gar Fragen nach den sexuellen Vorlieben auf. Doch die Zeit der Zurückhaltung scheint vorbei: «Wir sehen einen deutlichen Anstieg der Nachfrage. Männer trauen sich nun auch, Ringe und Bracelets zu tragen», so Arlette-Elsa Emch, Mitglied der Konzernleitung der Swatch Group sowie Präsidentin von Léon Hatot, cK Calvin Klein watches and jewelry und Dress Your Body. Emch hat festgestellt, dass «Männer heute mehr Wert auf ihr Aussehen und auf ihren Körper legen. Das sieht man auch am eindeutigen Trend zu Männerkosmetik.»

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In unseren Kulturen war Schmuck verpönt

Die bisher gepflegte Zurückhaltung in Sachen Schmuck hat laut Arlette-Elsa Emch vor allem kulturelle Gründe: «In Japan, in arabischen Ländern und in Russland tragen Männer gerne und viel Schmuck, in Europa hingegen ist dies bisher nicht so weit verbreitet.» Doch das werde sich ändern: «Wir sehen bei Männerschmuck ein grosses Potenzial. Ich bin davon überzeugt, dass das sehr stark wird, daher ist dies ein interessanter Aspekt für uns.»

Fast alle Marken der Swatch Group, so auch Omega, führen Männerschmuck. Ganz neu gehört nun auch Blancpain dazu. Die noble Uhrenmarke präsentiert in Basel erstmals Manschettenknöpfe. Denn während die Swatch Group im günstigen Segment mit grossem Erfolg Preziosen wie Ringe, Ketten oder Bracelets für Männer verkaufe, seien im hochpreisigen Segment Manschettenknöpfe das wichtigste Thema, so Arlette-Elsa Emch.

Dies markiert die Wiederkehr eines Schmuckstückes, das urmännlich ist und doch lange Zeit als spiessig und allzu konventionell galt. Erfunden wurde der Manschettenknopf um 1650 von Frankreichs Aristokraten, die ihre Hemdsärmel nicht länger mühsam mit Seidenbändern verschliessen wollten und auch die luxuriöse Aura von Edelmetallknöpfen schätzten. Lange blieben diese ein reines Adelsabzeichen.

Ab 1800 machten neue Herstellungstechniken den Manschettenknopf zum Massenartikel, sodass er zum Standardstück jeder Männergarderobe wurde. Die luxuriösen Variationen blieben jedoch der feinen Gesellschaft vorbehalten. Das teuerste Knopfpaar aller Zeiten etwa wurde an majestätischen Hemdsärmeln getragen: Wallis Simpson schenkte es dem englischen König Edward VIII., der später abdankte, um die Dame zu heiraten. Die von Cartier 1935 gefertigten Platinpreziosen mit den Diamantinitialen «E.» und «W.» wurden 1987 von Sotheby’s in Genf für 440000 Dollar versteigert.

Manschettenknöpfe sind wieder gefragt

Wahrscheinlich ruhten sie danach in einem Safe. Denn Mitte der 1980er Jahre war es nicht wirklich angesagt, Manschettenknöpfe zu tragen. Sie galten als traditionell und etwas altmodisch, irgendwann wurde es sogar schwierig, in einem normalen Geschäft Hemden zu finden, an deren Manschetten die Schmuckknöpfe zu befestigen waren.

Das änderte sich in den vergangenen Jahren. Die Schmuckhersteller spüren einen deutlichen Zuwachs bei Manschettenknöpfen – und auch die passenden Hemden sind wieder überall erhältlich. «Bei uns wird immer häufiger nach Manschettenknöpfen gefragt», stellt Thomas Gübelin, Präsident der Gübelin-Holding in Luzern, fest. «Vor allem gut angezogene Banker, Geschäftsleute und erfreulicherweise immer mehr ganz junge Männer wollen nicht mehr auf Manschettenknöpfe verzichten.»

Eher ein Accessoire statt ein Schmuckstück

Auch Fabian Meister von der Firma Meister in Wollerau berichtet von steigender Nachfrage. «Das Modebewusstsein wird wieder grösser», konstatiert Meister. Die Marke stillt die Nachfrage mit markanten Schmuckstücken – etwa mit Manschettenknöpfen aus Damaszenerstahl oder Meteoritengestein.

Der Schwerpunkt des Angebots für Männer liegt bei Meister jedoch in einem anderen Bereich: Seit 25 Jahren offeriert das designorientierte Haus Männeraccessoires, deren Funktion über das Schmückende hinausgeht. Die durchbohrten Kreisscheiben aus Titan mit Gold und bisweilen Diamanten können zwar als Anhänger um den Hals oder am Gürtel getragen werden, doch im Mittelpunkt steht Nützlichkeit: Die Sundisc ist eine Sonnenuhr mit ausklappbarem Schattenwerfer und integriertem Kompass, während die Astrodisc die persönliche Planetenkonstellation mit Sternzeichen und Aszendent offenbart.

Und da Männer zunehmend Mut zu augenfälligerem Schmuck haben, bietet Meister zum Beispiel Anhänger, auf die ein Fingerabdruck aufgebracht werden kann.

Diesen Mut sowie die neue Lust am Schmuck bekommen auch die grossen Marken zu spüren. Immer wieder etwa hatte Chopard Nachfragen nach Männerschmuck. Dem möchte die Marke nun mit einer neuen Kollektion entsprechen. Bei der «BaselWorld» stellt Chopard erstmals Armbänder, Ringe und Anhänger für Männer vor, gehalten in mattiertem Weissgold, Roségold und Stahl, kombiniert mit weissen und schwarzen Diamanten. «Das Design ist geometrisch, cool und jung», kündigt Caroline Gruosi-Scheufele, Co-Präsidentin von Chopard, an. Immerhin möchte man damit den jüngeren Kunden ansprechen und bietet die Preziosen in der Einstiegspreislage von 800 bis 1000 Fr. an.

Cartier macht bewusst auf Unisex

Schmuck mit betont markanter Note offeriert auch Cartier: Bei Männern beliebt ist zum Beispiel der Trinity-Ring, eine Designikone von 1924, damals für den französischen Schriftsteller Jean Cocteau entworfen. Auch Love-Bracelet und Love-Ring aus der 1970 vorgestellten Kollektion werden sowohl von Männern als auch von Frauen getragen.

Dieser Schmucktausch unter den Geschlechtern ist häufig zu beobachten: Was für Frauen entworfen wurde, kommt bisweilen auch bei den Männern gut an. Bei Chopard ist dies zum Beispiel der Ice-Cube-Ring mit seinem grafischen, markanten Design. Caroline Gruosi-Scheufele konstatiert daher schmunzelnd: «Frauen tragen Herrenuhren und Männer begeistern sich für Damenschmuck. Heute weiss man nie, wer was trägt ».