Krise? Nicht bei Auktionshäusern wie Ricardo und Ebay. Mojca Fuks, Sprecherin von Ricardo, bestätigt: «Wir sind seit Jahren am Wachsen und wachsen immer noch. Von uns gibt es keinerlei aussergewöhnliche Zahlen zu kommunizieren.»

Versandhandel nutzt Auktionen

In schlechten Zeiten lieben gar noch mehr Schweizer Konsumenten die Schnäppchenjagd im Internet. Insgesamt schätzt der Verband des Schweizerischen Versandhandels (VSV) das Umsatzvolumen der Internet-Auktionshäuser in der Schweiz auf rund 800 Mio Fr. jährlich. Viele Versandunternehmen nutzen Ricardo und Ebay als zusätzlichen Vertriebskanal und profitieren von den hohen Besucherfrequenzen, um Neukunden zu gewinnen, Preise zu testen und auch, um Ware zu verkaufen. Gemäss Ricardo beträgt der eigene Marktanteil zwischen 60 und 70%, im letzten Jahr setzte man 588 Mio Fr. um - fast so viel, wie das Einkaufszentrum Glatt in der Agglomeration Zürich erwirtschaftet. Ebay kommt auf einen Marktanteil von rund 35% und positioniert sich klar als internationale Plattform - gut 75% des Schweizer Handels sind international, d.h. Schweizer kaufen via Ebay im Ausland ein oder verkaufen ins Ausland. Ähnlich wie bei Ricardo sind auch bei Ebay die beliebtesten Kategorien Sammlerstücke (Briefmarken, Münzen etc.), Kleidung und Accessoires, Filme und DVD, Modellbau, Musik, Uhren und Schmuck sowie Möbel und Wohnen. Umsatzzahlen für die Schweiz sind von Ebay nicht zu bekommen.

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Ricardo setzt stärker auf klassische Auktionen als Ebay - derzeit sind zwei Drittel der 530 000 laufenden Angebote klassische Auktionen. Gemäss Fuks steigt aber auch bei Ricardo die Anzahl Angebote mit Fixpreisen an. Ebay ist bereits heute in hohem Masse von professionellen Anbietern mit Fixpreisangeboten getrieben. Bei Ricardo gibt man sich selbstbewusst: «Unsere Strategie zielt nicht in erster Linie auf eine Abgrenzung gegenüber Ebay ab. Wir konzentrieren uns auf den Schweizer Markt, 99% der Transaktionen finden innerhalb der Schweiz statt. Zudem gibt es einen sechssprachigen Kundendienst und eine übersichtliche Website.»

Auch bei Ebay sieht man sich gut positioniert. Schweizer Nutzer können auf das globale Angebot (weltweite Präsenz in 38 Märkten mit über 100 Mio Artikeln im Angebot) zugreifen. Und das Wachstum soll weitergehen: «Der Schweizer E-Commerce-Markt wird gemäss Forrester Research bis 2011 im zweistelligen Prozentbereich wachsen. Das stärkste Wachstum wird in den Bereichen Kleider und Reisen erwartet», heisst es.

Gut besuchte Auktionsportale

Tatsächlich kaufen die Schweizer besonders gerne im Internet ein. 95% der Internet-Nutzer haben schon einmal Online-Shopping betrieben. 44% der rund 5 Mio zählenden Online-«Bevölkerung» besuchen Auktionsportale wie Ricardo oder Ebay. Von diesen gut 5 Mio Internet-Benutzern surft weit über die Hälfte mit Breitbandgeschwindigkeit - gute Voraussetzungen also auch rein technisch für den Online-Handel.

Die beiden Anbieter dominieren den Schweizer Markt für Online-Auktionen klar. Und weiten ihr Angebot ständig aus: Seit Januar 2009 ist die Site auto.ricardo.ch in Betrieb - ein klarer Angriff des Marktleaders auf die bestehenden traditionellen Auto-Verkaufssites. Das neue Angebot ist offenbar gut angelaufen.

Kleinere Artikel werden online im Sekundentakt er- und versteigert: Im letzten Jahr wurden bei Ricardo pro Tag durchschnittlich 18000 Artikel verkauft, fast jede Sekunde wurde ein Gebot eines potenziellen Käufers abgegeben.

Kaffeerahmdeckeli beliebt

Auch bei Ebay laufen die Leitungen heiss: Alle 4 Minuten wird eine Briefmarke verkauft, alle 2 Minuten eine Film-DVD. Besonders eifrige User bei Ebay kommen schon mal auf 20000 Transaktionen pro Jahr. Der teuerste bisher verkaufte Artikel auf dem Schweizer Ebay-Marktplatz war ein Ferrari für 1,2 Mio Fr.

Mitunter wird auch sehr Skurriles feilgeboten. Bei Ricardo wurde Ende April ein ganzer Autofriedhof angeboten - ein Schrotthändler wollte so seine rund 500 alten Fahrzeuge loswerden, weil ihm die Gemeinde das Gelände räumt. Auch ein Original-Formel-1-Rennwagen von Sauber Petronas war bereits im Angebot. Dass aber bestimmte Kategorien wie beispielsweise «Kaffeerahmdeckeli» nach wie vor sehr populär sind, überrascht selbst die Ricardo-Betreiber «jeden Tag aufs Neue».