In den USA hat der Autoteile-Lieferent First Brands eine Milliardenpleite hingelegt. Aufgrund der komplexen Finanzierungsstrukturen ist das volle Ausmass des Debakels noch nicht abzusehen. Laut Insolvenzantrag hat First Brands Schulden von mindestens 10 Milliarden Dollar. Nun ist auch die UBS und ihre Fondstochter O’Connor in den Fall hineingeraten, bei dem es auch um Lieferkettenkredite geht. Anwälte ziehen bereits Parallelen zum Fall Greensill der Credit Suisse.
Laut der Agentur Bloomberg ist die UBS über verschiedene Fonds mit rund 500 Millionen Dollar in First Brands investiert. Dabei geht es um Lieferkettenfinanzierungen, also die Verbriefung von Kundenforderungen. Unklar ist, wie viel davon die Fondsanleger noch zurückbekommen. Am Mittwoch legte die «Financial Times» nach: Demnach ist ein Fonds der UBS-Investmenttochter O’Connor mit rund 30 Prozent der Anlagen in Papiere mit Konnex zu First Brands investiert.
UBS-Tochter informiert Kunden
Dem Bericht zufolge hat O’Connor seine Kunden informiert, dass die «Opportunistic Working Capital Finance»-Strategie zur Finanzierung von Betriebsvermögen zu 9,1 Prozent in direkte Papiere mit First Brands investiert sei, also in Forderungen, die der Autoteilezulieferer zu zahlen hat. Weitere 21,4 Prozent seien «indirekte» Engagements, also Forderungen von Kunden von First Brands. Die Fondstochter ist auf Anlagen in Private Credit und Rohstoffe spezialisiert.
In noch grösserem Ausmass ist die US-Investmentbank Jefferies dabei. Diese hat bei First Brands 715 Millionen Dollar im Feuer.
Wenn die Werthaltigkeit der Anlagen in Zweifel steht, haben Fondsanbieter die Möglichkeit, die Rücknahme von Fondsanteilen auszusetzen. Dann kämen die Kunden nicht mehr an ihr Geld.
Doch das ist laut Finanzkreisen noch nicht der Fall. Die Fondsanteile bei O’Connor konnten bislang weiter zurückgegeben werden, der letzte Termin war Ende September. Unklar ist, ob Kunden nun verstärkt Richtung Ausgang drängen. Denn die Höhe des UBS-Engagements bei First Brands wurde erst Anfang Oktober bekannt.
Die Parallelen zum Fall Greensill
Der Fall ist interessant, weil sich mehrere Parallelen zum Greensill-Skandal der untergegangen Credit Suisse zeigen, wie die Anwaltskanzlei Lalive in einem Blogeintrag schreibt. So hat O’Connor in Lieferkettenfinanzierungen von First Brands investiert. «Diese Vereinbarungen ermöglichen es häufig, Finanzierungen ausserhalb der Bilanz zu halten, was eine genaue Einschätzung des tatsächlichen Umfangs des Kreditrisikos erschwert», schreiben die Lalive-Anwälte.
Darüber hinaus würden die in den Medien zitierten hohen Anteile der First-Brands-Investitionen am Fondsvermögen die Frage bezüglich des Konzentrationsrisikos aufwerfen, so Lalive. Bei der Credit Suisse wurden die Lieferkettenfonds fast ausschliesslich mit Papieren bestückt, die ihnen Greensill lieferte. Und diese Papiere wiederum bezogen sich auf Forderungen weniger Schuldner, wie jene des Stahlmagnaten Gupta.
Laut der «Financial Times» hat O’Connor die verbrieften Forderungen mit First-Brands-Konnex über die Plattform Raistone bezogen. Diese wurde 2019 vom ehemaligen Greensill-Mitarbeiter David Skirzenski gegründet. Laut dem Bericht soll ein Fonds von O’Connor sogar eine direkte Beteiligung an Raistone halten.
Anwälte halten Klagen für möglich
«Die strukturellen Ähnlichkeiten zu Greensill lassen vermuten, dass es zu Forderungen von Anlegern kommen könnte, insbesondere wenn Fragen der Offenlegung, Eignung oder Unternehmensführung aufkommen», schreiben die Anwälte von Lalive. Sie haben bereits Anleger im Greensill-Fall vertreten.
Die UBS sagt zum Fall: «Dies ist ein branchenweites Ereignis mit Auswirkungen auf viele Anbieter von Private-Credit- und Working-Capital-Lösungen. Die Situation verändert sich laufend und wir analysieren derzeit die Auswirkungen auf unsere wenigen betroffenen Fonds, wobei wir alles daran setzen, die Interessen unserer Kundinnen und Kunden zu wahren.»