Aus Kundensicht ist die Sache klar: In zahlreichen Ratings schwingt das Glattzentrum in der Agglomeration Zürich als bestes Einkaufszentrum obenaus. Mit 661 Mio Fr. Umsatz ist es auch das grösste der Schweiz.

Doch wie beurteilt der Handel die Qualität der 100 umsatzstärksten Einkaufszentren? Dies wurde nun erstmals anhand von sechs Kriterien wie Quadratmeterumsatz, Zentrumsmanagement oder Anzahl Shops pro Center in einer Arbeit an der Hochschule für Wirtschaft Zürich untersucht (siehe Kasten). Die Studie liegt der «Handelszeitung» exklusiv vor. Fazit: Der Handel setzt das Einkaufszentrum Glatt «nur» auf den vierten Rang. Der Grund, warum es nicht für das Siegerpodest gereicht hat, liegt vor allem an den Kosten. Die Mieten werden im Quervergleich mit anderen Centern als «eindeutig sehr hoch» eingestuft. Studienverfasserin Carla Rüesch erklärt: «Angenommen, die Kosten würden beim Glattzentrum im durchschnittlichen Bereich liegen, hätte es für Platz eins gereicht.»

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Dass der Handel das Shoppyland in Schönbühl auf dem Spitzenplatz sieht, ist eine überraschende Wahl. Das Center ist bereits über 30 Jahre alt und befindet sich noch im Umbau, der aber bis Ende Jahr abgeschlossen sein wird. Der Umbau kostete die Besitzerin, die Migros Genossenschaft Aare, 160 Mio Fr. Ein Investment, das sich offensichtlich gelohnt hat.

Auch auf dem zweiten Rang liegt kein schweizweit bekanntes Einkaufszentrum: Das Zugerland in Steinhausen. Es wurde im September 2005 nach einem zweijährigen Umbau neu eröffnet. Die Fläche wurde von ursprünglich 10000 auf 22000 m2 mehr als verdoppelt. «Bezüglich des Umsatzes und der Kosten liegt das Center weit über dem Durchschnitt», sagt Rüesch. «Würde man mit den Erhebungsdaten spielen, könnte man argumentieren, dass das Zugerland aufgrund seiner fair kalkulierten Mietpreise in die vordersten Ränge kam.»

Was weiter auffällt: Migros und Manor sind bei allen zehn bestklassierten Zentren die Ankermieter - also jene Frischprodukteanbieter mit der grössten Fläche. Das einzige Top-Ten-Center, in dem sich Coop als zweiter Ankermieter neben Migros einquartiert hat, ist das Seedamm-Center in Pfäffikon SZ.

Dieses Fazit hat auch Paul de Micheli, Direktor der Standortvermittlerin Retail Factory SA, die Rüeschs Arbeit begleitet hat, überrascht. Er sagt: «Ganz offensichtlich sind das die Erfahrungen der Detaillisten: Einkaufszentren mit Migros oder Manor als Ankermieter scheinen erfolgreicher zu agieren.»

Weiteres Ergebnis der Studie: Fünf der zehn umsatzstärksten Center befinden sich in Zürich oder in der näheren Umgebung von Zürich. Die anderen fünf Center sind in der Innerschweiz bis hin zur Westschweiz verteilt. Auffällig ist, dass in den flächenmässig grossen Kantonen wie dem Tessin, Graubünden oder dem Wallis kein grosses Center vorhanden ist.

Gut gemanagt, hohe Umsätze

Erstmals hat Rüesch in ihrer Arbeit auch das Center-Management beurteilen lassen. Spannend bei der Auswertung dieses Erfolgskriteriums ist, dass Shoppingtempel, die über ein gutes Center Management verfügen, gute bis sehr gute Umsätze erzielen. Auch bezüglich Umsatz pro Quadratmeter weisen alle diese Center hohe Werte aus.

Nicht in den Top Ten rangieren dagegen zwei neue Grossprojekte, das Sihlcity in Zürich und das Westside in Bern. «Grosse neue Center brauchen eine Anlaufzeit. Im Sihlcity scheinen zudem der Ladenmix und das Layout des Zentrums nicht optimal», so de Micheli. Und im Westside seien es vor allem die Mietzinse, die vom Handel «deutlich zu hoch» eingestuft würden.

Dass die beiden relativ neuen Prestige-Objekte in Zürich und Bern aus Sicht des Handels nicht vorne liegen, ist für Detailhandelsexperte Gotthard F. Wangler keine Überraschung. «Die Erwartungen an neue Einkaufszentren wie Sihlcity oder Westside waren zu hoch.»

Wangler ist aber überzeugt, dass für die Betreiber dieser Einkaufszentren die Rechnung dennoch aufgehe, weil alle Läden vermietet seien. Und er wagt eine Prognose: «Das grösste Potenzial hat meines Erachtens das neue Einkaufszentrum Stücki in Basel. Dieses bietet für die Konsumenten sehr viel und wird sich mit der Zeit am Markt durchsetzen.»