Anders als die Namen Roger Schawinski, Gründervater von Tele24, oder Jürg Wildberger, der zur Jahrtausendwende sein Glück als Chef von TV3 suchte, ist jener des Chefs von 3+ der breiten Öffentlichkeit wenig geläufig. Und mit einem Gesicht verbinden lässt er sich schon gar nicht. Wir ändern dies: Licht aus, Spot an - hier ist er:

Dominik Kaiser, 36, aufgewachsen in Rheinfelden und Thalwil. Einzelkind, Skorpion im Sternzeichen. Erstes Sackgeld mit dem Auffüllen von Regalen in der Migros verdient, dabei Feldforschung im Bereich Konsumverhalten und Konzernführung angestellt. Noch während der Schulzeit Einstieg ins freie Unternehmertum: Computer aus den USA importiert und an Kollegen weiterverkauft.

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Elektriker auf Erfolgssuche

Lehre als Radio-Fernseh-Elektriker. Nebenbei Partyveranstalter. Liebste TV-Sendungen zu diesem Zeitpunkt: MacGyver, Magnum, Miami Vice. Psychologie-Seminarien besucht wieso hat der eine Erfolg, der andere nicht,im Geschäft, im Sport, in der Wissenschaft? IT-Fachmann, Unternehmensberater (später geläutert), Werber (dito). Ladenbesitzer, handelt mit Platten und Kleidern. Labelgründer und Musikproduzent, als solcher DJ Minus8 und DJ Energy entdeckt; DJ Tatana gross herausgebracht. 2 mal Gold, 6 mal Platin, 2 mal Gold&Platin. Stolzer Plattenmillionär. Jugend- und Trendforscher.

Organisator von Technopartys mit 10000 Ravern, Vorstandsmitglied der Zürcher Street Parade, Berater eines US-Filmverleihs. Traum vom eigenen Film. Realisiert fürs Schweizer Fernsehen über 300 fiktionale Kurzsendungen, vorwiegend für das mittlerweile eingestellte Jugend-Magazin Oops («Scharmeur», «Fuzzy Logic»); einmal für «Casa Nostra» einmal und nie wieder. Humor lässt sich nicht über ein und denselben Leisten schlagen.

Konzipiert mit Viva ein Schweizer Fenster, geht als Berater des Musiksenders nach Deutschland, wird 2001 Geschäftsführer von Viva Plus. Fördert den Einbezug des Publikums ins Programmgeschehen, die so genannte Interaktivität. Kaum im Amt, Übernahmequerelen. MTV, der grosse Konkurrent, will Viva schlucken. Umstrukturierung. Steigert den Marktanteil. Muss 75 Leute entlassen. Bis heute eine seiner schlimmsten Erfahrungen.

Geht selber. Entwickelt für deutsche Investoren einen Plan, wie der serbelnde Privatsender TV3 zu retten wäre. Doch TV3 ist nicht mehr zu retten, ein Kauf kommt nach mehrmonatigen Verhandlungen nicht zustande. Lässt seinen Traum wahr werden und produziert den Kinofilm: «The Ring Thing», eine Verballhornung von «Herr der Ringe». Eine Low-Budget-Produktion, keine Fördergelder, trotzdem ein befriedigendes Resultat. Merkt nicht zum ersten Mal, dass auch mit wenig Kohle viel Rauch erzeugt werden kann.

Kramt danach die alten Pläne zur Errettung von TV3 hervor, feilt daran, weibelt damit herum, nennt sein Projekt «Elevator TV», findet Partner, Geldgeber, private Gleichgesinnte und erhält zu Beginn des laufenden Jahres tatsächlich eine Konzession.

Aus dem Projekt «Elevator TV» wird der Sender «3+». 20 Leute werden engagiert, alte Hasen wie ein ehemaliger RTL-2-Manager, dazu Jungvolk. Willig, billig. Ende August wird der Startschuss fallen.

Dominik Kaiser, blonder Schlacks mit schwerem Gebrill, ledig, liiert mit einer ehemaligen Werberin des Jahres, Verfechter des öffentlichen Verkehrs und nunmehr eben Fernsehdirektor, sitzt im Industriegebiet von Schlieren in einem kahlen, kalten Büro, kaut auf einem Energieriegel herum, schluckt zweimal und sagt dann: «Ich habe noch nie etwas öffentlich angekündigt, das ich nicht eingehalten hätte.»

Und das verspricht er: Täglich Zerstreuung auf hohem Niveau. Kassenschlager aus Hollywood. Serien. Soaps. Eingeschweizerte Erfolgsformate wie beispielsweise «Super Nanny», «Superstar» und «Switzerlands next Supermodel» Frage: Welches war denn Switzerlands «last» Supermodel? «Die Sarina zum Beispiel. Oder die Nadja. Oder Patricia Schmid, die mit dem Mireille-Mathieu-Haarschnitt ». «Na gut, aber über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügen die schon.» Produziert werden die Reality-Doku-Casting-Exibizi-Kisten ausser Haus, von renommierten Produktionsgesellschaften aus der Schweiz und solchen, die für dieses Unterfangen hierzulande extra eine Zweigstelle eröffnen wollen. Das Zielpublikum setzt sich in erster Linie aus jungen Menschen zusammen. Morgens um sechs startet das Kinderprogramm. Nach Mitternacht gibts sexy Spots. Dazwischen Familienprogramm.

Mainstream bis zum Abwinken, spöttelt der Kritiker; Unterhaltung, gut gemacht, international bewährt, millionenfach, korrigiert Kaiser. Und überhaupt: Nicht alles, was der selbst ernannte gute Geschmack nicht goutieren mag, ist grundsätzlich schlecht. Das Fernsehen, sagt der Chef von 3+, das Fernsehen erzählt Geschichten. Und Geschichten haben in jeder Kultur ihren Stellenwert. «Geschichten und Fernsehen vermitteln so gesehen Ablenkung, Halt, Werte, Wissen und Informationen.»

Letztere im herkömmlichen Sinne gibt es beim neusten nationalen Privatfernsehen, wenn überhaupt, dann lediglich in konzentrierter Dosis: Eine Minute pro Tag. Dazu dreissig Sekunden Meteo. Reduce to the Max. Und dies aus gutem Grund. Denn News-Formate kosten Geld. Verschlingen Unsummen. Tele24 hatte einige davon. TV3 auch. Beiden Sendern ging bald das Geld aus.

Kaiser zieht seine Lehren daraus. 3+ verfügt über ein Budget von 15 bis 30 Mio Fr. und peilt einen Marktanteil von anfänglich 1,4% an. Bescheidenheit ist auch eine Tugend. «Wir versprechen nicht das Blaue vom Himmel, sonst hätten wir wohl auch keine Konzession erhalten», sagt Dominik Kaiser.

Respekt für den Wagemut

Das sehen die Auguren der Szene ähnlich. In der Medienbranche gelten sowohl der 36-Jährige wie auch sein Konzept als seriös. Seinem Wagemut, gegen die übermächtige Konkurrenz aus Leutschenbach anzutreten, wird grösster Respekt gezollt. Und dem Sender 3+, von der Cablecom auf dem Platz von ORF 2 parkiert, wird durchaus eine Überlebenschance vorausgesagt.

Allerdings, wer internationale Formate kopiert, der muss sich weniger mit der heimischen, sondern viel mehr mit der ausländischen Konkurrenz messen. Und die richtet mit der ganz grossen Kelle an. Kaisers Patentrezept: Nicht direkt ins Sparring gehen, sondern den Haken ausweichen. «Wenn andere Spielfilme zeigen, zeigen wir Comedy, wenn andere Serien senden, senden wir Reality.» Mit diesem Vorgehen soll bis Ende des nächsten Jahres der Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe der 15- bis 49-Jährigen auf 3% gehievt werden, was erlauben würde, bereits im dritten Jahr schwarze Zahlen zu schreiben.

Das neue Radio- und Fernsehgesetz räumt dem Privatfernsehen, das nicht vom Gebührensplitting profitiert und ausschliesslich via Kabel in der Schweiz verbreitet wird, ab 2007 im europäischen Vergleich grosszügige Rahmenbedingungen für die Werbung ein. 3+ will davon profitieren. Stichwort: Product Placement. Früher: Schleichwerbung.

Dominik Kaiser, der in seinem Leben schon so viel gemacht hat, wie anderswo eine gesamte Belegschaft addiert, will sich fortan nur noch auf eines konzentrieren. «Fernsehen machen, das ist es, was ich will. Hier kann ich meine Fähigkeiten am besten verknüpfen», sagt er. Der Energieriegel hat seine Wirkung längst entfaltet.

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Steckbrief

Name: Dominik Kaiser

Funktion: Gründer und Geschäftsführer 3+ TV

Alter: 36

Wohnort: Kilchberg

Familie: Ledig

Karriere

- 1997-2005 Elevator Music, Besitzer und Geschäftsführer

- 1998-2002 Kawumm!-TV, Mitbesitzer und Geschäftsführer

- 2001-2006 Elevator Group AG, Besitzer und Geschäftsführer, Produktion von «Ring Thing»

- 2001-2002 Viva Plus (Köln), Geschäftsführer

- Seit 2003 3+ (vorm. Elevator TV), Mitbesitzer und Geschäftsführer

Führungsprinzipien

1. Stelle die besten Leute ein, die du finden kannst.

2. Wähle eine Strategie, welche die Chancen im Markt und die Schwächen der Gegner nutzt.

3. Sei flink;optimiere konstant.

4. Ehrlich währt am längsten.

Firma

3+ TV beschäftigt in der Startphase 20 Mitarbeitende und peilt einen Marktanteil von 1,4% an. Im VR des Senders nehmen neben Initiator Dominik Kaiser auch Martin Spieler (Chefredaktor «Handelszeitung»), Torsten Prenter (Programmchef 3+) und Walter Häusermann (ehemals CFO der Expo02) Einsitz.