Die ganze Welt ist pink, wahlweise auch knallrot oder schlicht blütenweiss. Zumindest bei Estée Lauder in Zürich, wo der amerikanische Kosmetikhersteller in seinem Schulungszentrum eine Showwelt bestehend aus Cremetöpfen, Make-up-Paletten und Parfumflakons aufgebaut hat. Bis in die lackierten Fingerspitzen gepflegte Damen mit schwarzen Haaren und dicken Lidstrichen erklären hier anderen, ebenso gepflegten Damen, wie man richtig schminkt, erklärt und verkauft. Dazwischen die unbestrittene Herrscherin über dieses Reich der Illusionen von ewiger Jugend und Schönheit: Doris Hefti. Ebenfalls akkurat gestylt, blauschwarzes, mit Spray gebändigtes Haar, aufwendiges Make-up, klassisch-elegantes Business-Outfit.

Sie zeigt auf Arrangements, bei denen sich goldene Puderdöschen ein Stelldichein mit Duftflakons geben. Auf weisse Tischüberwürfe, die in plissierte Falten münden und mit grossen Schleifen zusammengehalten werden, wirft die Arme auseinander und sagt wie ein Kind, das zum ersten Mal vor der Schaufensterauslage von Franz Carl Weber steht, «ist das nicht ganz einfach wunderschön?» Doris Hefti, seit bald vierzig Jahren Brandmanagerin von Estée Lauder Schweiz, ist mit ungebrochener Begeisterung bei der Sache. Und schafft es, diese Begeisterung an ihre Kunden weiterzugeben.

Der Umsatz, den der Estée-Lauder-Konzern mit der Marke Estée Lauder 2002 in der Schweiz gemacht hat, liegt bei über 100 Mio Fr. und damit über dem von Deutschland. Wohlgemerkt, nur mit dem Brand Estée Lauder, die Umsätze der anderen unter dem Dach von Lauder vereinten Marken wie Clinique, M.A.C, La Mer, Aramis oder Donna Karan, um nur einige zu nennen, nicht inbegriffen. «Wir sind seit vielen Jahren die Nummer eins in der Pflege im Kosmetikluxusmarkt», sagt die Kosmetikfachfrau im gelassenen Ton der Erfolgsgewohnten.

*Die resolute Doris*

Natürlich ist die Brandmanagerin keine One-Woman-Show. Hinter dem Namen Hefti steht eine ganze Familie. An erster Stelle Doris? Ehemann Fritz Hefti, der als Generaldirektor für Estée Lauder Schweiz korrekt gesehen der Vorgesetzte seiner Frau ist. Und Tochter Franziska Kälin, die seit 20 Jahren Hand in Hand mit der Mutter arbeitet, derzeit die gesamte Schulung unter sich hat und in Sachen Engagement dem mütterlichen Vorbild in nichts nachsteht. Vervollständigt wird das Führungsteam durch Ralf Steinmetz; der Marketingprofi ergänzte das Team vor acht Jahren. Vor Steinmetz gab es einige Wechsel im Marketing - die Zusammenarbeit mit der resoluten Doris Hefti ist nicht jedermanns Sache. Von marketingschulbuchmässigen Lösungen hält die Do-it-yourself-Managerin nicht immer viel.

Sie hat ihr Handwerk von der Pike auf gelernt, jeden Bereich, vom Verkauf, über die Schulung bis hin zum Management durchlaufen. Die Perfektionistin lebt, was sie verkauft, «sie verhält sich so engagiert, als gehöre die Firma ihr», sagt Ruth Vögtlin, Einkäuferin bei Globus, die seit Jahren mit Doris Hefti zusammenarbeitet. Doris Hefti ist sich nicht zu schade, Verkaufsstände selbst zu dekorieren oder - wenns sein muss - hinter dem Ladentisch zu verkaufen. Berührungsängste kennt die Managerin nicht, «wir haben immer alles selbst in die Hand genommen».

Doris Hefti wird nicht von allen geliebt, aber von allen respektiert. Ihr eiserner Wille, ihre mitunter spitze Zunge und ihre Kompromisslosigkeit, wenn es um Vorteile ihrer Marke geht, macht sie zu einer äusserst ernst zu nehmenden Partnerin für den Handel. «Sie ist ein harter Verhandlungspartner», sagt Regula Keller, die bei Jelmoli die Einkaufs- und Gesamtleitung des Kosmetik- und Accessoirebereichs unter sich hat. Dafür hat sie ihrerseits einiges anzubieten: «Stabilität, Glaubwürdigkeit und Professionalität», sagt sie ohne gross nachzudenken, «unsere Vertragspartner können sich immer 100% auf uns verlassen, wir lassen niemanden hängen.»

Das hat ihr und Estée Lauder zu hoher Akzeptanz bei den Händlern verholfen; «die Zusammenarbeit mit Estée Lauder ist in hohem Masse professionell», sagt Ruth Vögtlin. Auch was das Training des Verkaufspersonals betrifft. Estée-Lauder-Schulungen sind regelrechte Brainwasher, wer das einmal miterlebt hat, mit welcher Überzeugung Doris Hefti und Franziska Kälin die Qualität ihrer Produkte zu beschreiben wissen, fragt sich einen verwirrten Moment lang ernsthaft, wie er je etwas anderes gut finden konnte. «Sie ist», sagt Ruth Vögtlin, «die beste Motivatorin bei Verkaufsschulungen, die ich kenne.»

Ins Schwärmen kommt sie allerdings noch immer, wenn sie von ihren Anfängen spricht. 1965 war es, als Estée Lauder, die Grande Dame und Namensgeberin des heutigen Konzerns, in die Schweiz reiste, um ihre Kosmetiklinie hierzulande, als einem der ersten Länder ausserhalb der USA, auf den Markt zu bringen. Das Schicksal hat sie zusammengeführt, die «kleine Bauerntochter» mit kaufmännischer Ausbildung und die Selfmadewoman aus Amerika. Alles habe sie von ihr gelernt, vor allem aber eines, «Disziplin, Pflichtbewusstsein und Durchhaltewille». Von ihrer Mentorin, die heute mit fast 93 Jahren zurückgezogen in New York lebt, spricht sie mit der grössten Hochachtung.

*Disziplin, Durchhaltewille*

Doris Hefti und ihr Mann haben sich nie mit zweitrangigen Positionen abspeisen lassen. Auf diese Weise erreichten die Heftis mit Estée Lauder schon nach ein paar Jahren einen Umsatz von damals sagenhaften 7 Mio Fr. Als die Inhaber der Importfirma, bei der sie angestellt waren, Anfang der 70er Jahre in geschäftliche Turbulenzen gerieten, machten die Heftis nicht mit und zogen für ein eher kurzes Intermezzo die Marke Mary Quandt in der Schweiz hoch. Doch 1973 kaufte Leonard Lauder die Importrechte wieder zurück und holte dann 1979 auch die Heftis wieder ins Boot. Freilich zu einem Zeitpunkt, an dem die Marke am Boden lag. Doris Hefti stützt die Arme in die Hüften, «da begannen wir zum dritten Mal damit, eine Marke wieder aufzubauen».

Der treibende Motor hinter diesem jahrzehntelangen Erfolg ist Doris Hefti selbst. Das weiss man auch im New Yorker Hauptquartier von Estée Lauder. Vor drei Jahren hat daher der Kosmetikkonzern die fleissige Schweizerin zur Brandmanagerin des Jahres gewählt. «Ach», sagt sie und unter glimmernden Lidern leuchten die Augen, «das war ein wunderbarer Moment.» Der Höhepunkt in 30 Jahren Einsatz für Estée Lauder.

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