Ihr Unternehmen ist ein europaweit agierendes Transportunternehmen. Wie beurteilen Sie generell die derzeitige Situation im Schweizer Strassentransport?

Hans-Peter Dreier: Lassen Sie mich mit einem positiven Statement beginnen: Transportiert wird immer. Und wegen der eher steigenden Arbeitsteilung in Industrie und Handel wird immer mehr transportiert. Das bedeutet für unser Gewerbe Arbeit. Wer qualitativ hoch stehende Dienstleistungen anbieten kann, erhält auch den dafür notwendigen Preis. Transporteure jedoch, die vorwiegend über den Preis Aufträge holen, werden es langfristig schwer haben.

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Gibt es auch im Strassentransport eine Diversifikation?

Dreier: Absolut, unser Unternehmen verfügt über insgesamt vier Standbeine (nationale Transporte, internationaler Verkehr Schiene/ Strasse, Spanien-Marokko-Verkehre, Logistikdienstleistungen). Damit können wir das unternehmerische Risiko besser verteilen. Kriselt ein Standbein, können dies die anderen Bereiche kompensieren. Wer nur über ein Standbein verfügt, wird Probleme haben in Zukunft.

Wie sieht es mit der Preissituation im Strassentransport derzeit aus?

Dreier: Der Preiskampf ist nach wie vor hart. Dazu kommen die stark angestiegenen Treibstoffpreise sowie die erhöhte LSVA, Aufschläge, die wir weit gehend in unseren Preisen weitergeben müssen, insbesondere die LSVA.

Fanden Sie bei der Kundschaft Gehör für diese Aufschläge?

Dreier: Im Grossen und Ganzen hatten wir damit keine Probleme. Wenn wir zu nicht kostendeckenden Preisen fahren müssten, lehnen wir den Auftrag auch ab. Für professionelle Dienstleistungen erhält man auch im Strassentransport kostendeckende Preise.

Welche Bedeutung hat der Zeitdruck im Strassengütertransport?

Dreier: Es ist eine Tatsache, dass sich der Bestellrhythmus vieler Güter stetig verkürzt. Doch was bedeutet Zeitdruck? Mit der richtigen Organisation der Transporte kann dieser weit gehend vermieden werden.

Nun können aber auch wegen der Verkehrs-Infrastruktur Engpässe auftreten, die auch mit der besten Organisation nicht verhindert werden. Genügt das Schweizer Strassennetz aus Ihrer Sicht den zukünftigen Anforderungen des Strassentransportes?

Dreier: Es reicht ganz klar nicht, vor allem müssten die wichtigsten Hauptverkehrsadern auf drei Fahrspuren ausgebaut werden. Auf dreispurigen Autobahnen ist der Verkehrsablauf eindeutig flüssiger und sicherer.

Eine Alternative zur Strasse ist der Schienenverkehr. Ihr Unternehmen befördert einen grossen Anteil der transportierten Güter auf der Schiene. Wird dies so bleiben in der Zukunft?

Dreier: Dies muss man länderspezifisch betrachten. Es gibt Staaten in Europa wie beispielsweise Frankreich da läuft punkto UKV praktisch gar nichts, andere Länder wiederum haben ihr Schienenverkehrsangebot zügig ausgebaut. Potenzial für den UKV wäre da, doch dieser Verkehr wird auch in Zukunft subventioniert werden müssen. Auch die Bahnen müssen ihr Angebot weiter verbessern.

Wie wird sich aus Ihrer Sicht der Gütertransport im transalpinen Verkehr durch die Schweiz in Zukunft entwickeln?

Dreier: Man muss, realistisch betrachtet, sehen, dass der Schienenverkehr über die Alpen aus logistischer Sicht absolut Sinn macht. Doch ohne die Behinderung des Strassentransportes (Tropfenzählersystem, Grenzkontrollen) und die Subventionierung der Bahntransporte hätte die Schiene auch auf dieser Verkehrsachse wenig Chancen.

Der Kombiverkehr gerät aber auch durch die Strassentransporteure aus den osteuropäischen EU-Ländern unter Druck, deren Tarife zum Teil deutlich unter denjenigen westeuropäischer Transporteure liegen.

Dreier: Dies trifft zu und diese Situation wird sich durch den Beitritt weiterer osteuropäischer Staaten zur EU (Rumänien und Bulgarien) weiter verschärfen.

Der Kombinierte Verkehr konnte letztes Jahr in etlichen Ländern zulegen, auch durch die Schweiz wurden 2004 mehr Güter auf der Schiene befördert. Erlebt der KV eine Renaissance?

Dreier: Wir befürworten diese Entwicklung sehr. Wir transportieren beispielsweise Richtung Italien rund 97% unseres Volumens auf der Schiene und dies wird auch in Zukunft so bleiben. Auch in Richtung Ruhrgebiet benutzen wir weit gehend die Schiene.

Spüren Sie, dass sich die Situation auf der Nord-Süd-Achse durch die verstärkten Aktivitäten von SBB Cargo, DB Cargo und Trenitalia für den durchgehenden KV verbessert hat?

Dreier: Am Anfang mussten noch einige Probleme gelöst werden, doch seither hat sich die Pünktlichkeit verbessert. Unserer Ansicht nach ist die durchgehende Traktion der einzige gangbare Weg, um die Konkurrenzfähigkeit der Schiene weiter zu steigern. Wir befinden uns in dieser Hinsicht auf gutem Wege. Doch auf der Bahnseite sind noch erhebliche Anstrengungen nötig, um dem Kombinierten Verkehr, der auf verschiedenen Destinationen absolut konkurrenzfähig wäre, zum Durchbruch zu verhelfen.

Andererseits muss aber auch die verladende Industrie vom Kombiverkehr überzeugt werden.

Dreier: Absolut, innerhalb einer Grossausschreibung, die derzeit läuft, machen wir unsere Kunden auf die Vorteile der Schiene aufmerksam. Punkto Preis bestehen aber noch Differenzen. Die Verlagerung auf die Schiene ist oft eine Frage des Preises.

Hat die Einführung der Maut in Deutschland die Wettbewerbssituation für den Kombiverkehr verändert?

Dreier: Sie hat besonders auf langen Strecken etwas zur Verlagerung beigetragen. Andererseits hat sie zu Ausweichverkehr in Deutschland geführt, was natürlich nicht Sinn der Sache ist. Aus dieser Sicht betrachtet ist die LSVA verkehrstechnisch die bessere Lösung.

Welche Chancen räumen Sie dem Kombiverkehr in der Schweiz ein?

Dreier: Auf einzelnen Strecken für spezielle, direkte Transporte kann der KV in der Schweiz, auch mit Wechselbehältern, durchaus sinnvoll sein. Sobald umgeladen werden muss, ist die Konkurrenzfähigkeit allerdings beeinträchtigt. Auch das Volumen der zu transportierenden Güter ist nicht allzu gross.

Die Firma Dreier hat sich in jüngster Zeit stark im Bereich Textillogistik engagiert. Wie hat sich dieser Zweig bisher entwickelt?

Dreier: Wir transportieren Textilien bereits seit 1985. Doch wer nur reine Transporte anbietet, ist längerfristig austauschbar. Wir haben uns deshalb entschieden, in diesem Bereich zahlreiche zusätzliche Dienstleistungen anzubieten. Heute lagern und bearbeiten wir Textilien (Aufbügeln, Preisauszeichnung etc.) für verschiedene Hersteller in Europa.

Wie beurteilen Sie generell die Zukunftschancen mittelgrosser Transportunternehmen in der Schweiz? Wird es zu einer weiteren Konzentration kommen?

Dreier: Die effiziente und übersichtliche Struktur des Familienunternehmens mit seinen kurzen Entscheidungswegen ist ein grosses Plus. Wir können dank unserer Beweglichkeit sofort auf veränderte Kundenwünsche reagieren oder Probleme auf direktem Weg lösen. Deshalb werden solche Unternehmen auch in Zukunft Chancen am Markt haben.

Wenn Sie anstelle von Bundesrat Moritz Leuenberger Schweizer Verkehrsminister wären, was würden Sie ändern?

Dreier: Zuerst einmal würde ich den Transitverkehr neu regeln, indem zu bestimmten Zeiten der inländische Strassengüterverkehr Priorität hätte, dafür könnte der Transitverkehr nachts durch die Schweiz fahren. Ein vernünftiges Nebeneinander der beiden Verkehre würde einige Verkehrsprobleme in der Schweiz lösen. Zweitens würde ich die unnötigen Staus an unseren Landesgrenzen eliminieren durch eine noch effizientere weit gehend elektronische Abwicklung der Zollformalitäten. Eine Verkehrsverlagerung durch Vernunft bringt wesentlich mehr als diktatorische Eingriffe in das Verkehrsgeschehen. Auch unser Verkehrsnetz müsste zügig ausgebaut werden. Mobilität hat sehr viel mit Wohlstand zu tun, doch auf politischer Seite ist die notwendige Einsicht dafür nicht immer vorhanden.



Der Transportprofi: Steckbrief

Name: Hans-Peter Dreier

Jahrgang: 8. 8. 1960

Zivilstand: In festen Händen, ein Sohn (12 Jahre)

Ausbildung: Betriebs-Ökonom HWV Olten

Funktion: Geschäftsführer der Dreier AG, Suhr



Geschichte der Dreier AG: Die Spur führt nach Suhr

Als Adolf Dreier 1905 mit 23 Jahren eine Fuhrhalterei auf dem Salzhof von Suhr gründete, ahnte er wohl nicht, dass sich der Name Dreier innerhalb von 100 Jahren zu einem Begriff im Schweizer Strassentransportgewerbe entwickeln würde. 1926 nahm die mittlerweile grösser gewordene Transportfirma den Brennstoffhandel mit Holz, Kohle und Briketts auf. Nach dem frühen Tod des Firmengründers 1931 übernahm seine Witwe das Szepter in der Firma. Sechs Jahre später wurde der erste Drei-Seiten-Kipper-Lastwagen in Betrieb genommen. 1952 führte Dreier den ersten internationalen Transport von Niedergösgen nach Varese und weiter bis Turin durch. 1963 kam der erste Grossauftrag herein: Dreier koordiniert alle Kippertransporte während des Baus der Autobahn A1 zwischen Rothrist und Spreitenbach. Im gleichen Jahr erhält Dreier einen grösseren Lieferauftrag der Migros. 1972 wurden die ersten Transporte nach Marokko aufgenommen. 1978 transportierte man 1000 Fuhren von Luxemburg nach Isfahan im Iran. 1985 trat der heutige Geschäftsführer Hans-Peter Dreier in das Unternehmen ein und konnte gleich den ersten TurboStar, das Flaggschiff von Iveco, in Betrieb nehmen. 1995 wurde die italienische Tochtergesellschaft Dreier S.r.l. in Busto gegründet. Sukzessive weitete das Unternehmen seine Transporttätigkeit in Europa weiter aus. Im vergangenen Jahr erfolgte der Einstieg in die Textilabteilung FashionService 4 you. Im Jubiläumsjahr 2005 beschäftigt das Unternehmen 210 Mitarbeitende und verfügt über 150 Fahrzeuge sowie 30 Selbstfahrer. Der Umsatz erreichte 50 Mio Fr. (kb)