Regionalverkehr Mittelland (RM) und die Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn (BLS) gehen also den richtigen Weg. Jenen der Fusion.

Montag, 27. Oktober 2003, 11 Uhr: Am Europa-Forum in Luzern referiert Max Friedli, Direktor des Bundesamts für Verkehr (BAV), über «Grundsatzfragen der schweizerischen Verkehrspolitik im europäischen Kontext». Der Bund sei «vital» daran interessiert, die schweizerische Bahnlandschaft zukunftstauglich zu machen, sagt er unter anderem und fügt bei: «Nicht zuletzt deshalb befürwortet er eine Reduktion der annähernd 40 Normalspurbahnen auf einige wenige, dafür überlebensfähige.»

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Gleichentags, nur drei Minuten früher: Unter dem Titel «BLS und RM steuern auf Fusion zu» verbreitet die Schweizerische Nachrichtenagentur SDA das Ergebnis einer Studie, wonach ein engesZusammengehen der BLS AG und Regionalverkehr Mittelland AG bedeutende Synergien und Effizienzgewinne bringe. Der Schritt sei nötig, «um das Überleben eines wettbewerbs- und marktfähigen Bahnunternehmens zu sichern».

Immer weniger Bahnbetriebe

Solche Gleichzeitigkeit mag zufällig sein. Tatsache ist, dass sich der vom BAV erhoffte und erwünschte Konzentrationsprozess in vollem Gang befindet: Seit 1997 ist die Zahl der Bahnunternehmen von 58 auf 41 gesunken.

Wie sich die schweizerische Bahnlandschaft am Ende dieser Konzentrationsbewegung präsentieren könnte, skizzierte Friedli in Luzern anhand zweier Szenarien:

nBeim anderen blieben SBB und kantonale Transportunternehmen (KTU) als integrierte Unternehmen bestehen. Der Personenverkehr auf der Schiene würde künftig in der Hand der SBB und einer heute noch unbekannten Zahl von verstärkten Privatbahngruppen liegen. Inoffiziell ist von drei solchen Privaten die Rede.

Voraussetzung für das Gelingen dieses Modells ist die Gleichbehandlung aller Transportunternehmungen, was mit ein Ziel der Bahnreform 2 ist. Mit dieser Reform soll gleichzeitig auch ein Konsolidierungsprozess bei den Privatbahnen in die Wege geleitet werden.

Bis Ende Jahr will das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation (Uvek) seine künftige Bahn-Strategie festlegen. Sie dürfte nach den Aussagen Friedlis klar in Richtung des zweiten Szenarios gehen: «Der Wettbewerb im Regionalverkehr wird die Effizienz erhöhen, die Qualität des Angebots steigern und die finanziellen Belastungen für die Besteller verringern.»

Dies ist auch im Sinne der Privatbahnen, die sich gegen eine Monopolstellung der SBB wehren. «Monopole sind weder kunden- noch kostenfreundlich», sagt Guido Schoch, Direktor der Südostbahn (SOB). Gleichzeitig warnt er davor, das Überleben einer Bahn allein von deren Grösse abhängig zu machen. Schoch: «Wäre das der einzige Massstab, hätten die Schweizer Bahnen im europäischen Vergleich nichts zu bestellen.» Ein Unternehmen wie die SOB könne im regionalen Personenverkehr durchaus bestehen, wenn es regional gut verankert sei und günstiger produziere als die grossen Anbieter.

Vorzeigeunternehmen

Die RM AG, die jetzt ihre Fühler nach einem Partner ausstreckt, wird von Verkehrspolitikern gerne als Vorzeigeunternehmen dargestellt, was ihre Produktivität betrifft. So vermochte sie das Verhältnis von Personenkilometer pro Mitarbeiter zwischen 1990 und 2001 um 53,3% zu steigern, das von Personenkilometern pro Abgeltungsfranken um 33,7%.

Angesichts des Kosten- und Preisdrucks, den RM-Direktor Martin R. Selz vor den Aktionären als «konstanten Begleiter» bezeichnete, startete das Unternehmen im Frühjahr 2003 zwei Kooperationsprojekte: Unter der Schirmherrschaft des Kantons Bern klärte man mit der BLS Möglichkeiten ab zur kostensparenden Vertiefung und Erweiterung der bestehenden Zusammenarbeit «auf allen denkbaren Gebieten». Mit der Division Personenverkehr der SBB prüfte die RM AG eine enge Kooperation im Regionalen Personenverkehr im Gebiet MittellandJura.

Beide Studien sind abgeschlossen. Auf der BLS-Schiene zeigen die Signale in Richtung Fusion; was die SBB betrifft, so ist die Abklärung zwar beendet, aber das Ergebnis noch nicht veröffentlicht. Der Verwaltungsrat der RM AG will bis Ende Jahr über das weitere Vorgehen entscheiden.

Das Beispiel der RM AG könnte jedoch auch die Richtigkeit der These beweisen, die SBB-Chef Benedikt Weibel als Gegenposition zur BAV-Strategie vertritt. «Auf mittlere oder längere Frist wird keine der heutigen (Normalspur-) KTU ohne Anlehnung an einen starken Partner überleben.» Dieser Partner seien entweder die SBB, eine ausländische Staatsbahn oder einer der «New Entrants» wie zum Beispiel die Connex. Von der Politik will Weibel jetzt die Antwort auf die Frage: «Soll einer DB oder Connex der Markteintritt in die Schweiz via eine KTU erleichtert werden?»

Wohl nicht. Und das ist wahrscheinlich mit ein Grund, weshalb die SBB das Techtelmechtel zwischen RM und BLS mit kritischem Auge verfolgen und selbst die Kooperation suchen. Denn die BLS pflegt einen sehr engen Umgang mit dem Riesen Deutsche Bahn (DB).