Elbit: Israelischer Rüstungskonzern plant Fabrik in der Schweiz

Es ist ein Rüstungsprojekt der Sonderklasse: die Produktion tausender Spezialantennen im Inland für die Telekommunikation der Schweizer Armee und für den Einsatz auf ausländischen Marine-Einheiten. Schweizer KMU winken dadurch Millionenumsätze. Für die ebenfalls geplante Ausfuhr der Produkte bedarf es noch der Genehmigung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) nach dem Kriegsmaterialexportgesetz. Die Grossproduktion der Antennen auf heimischem Boden ist Teil der Offsets für zwei Deals: für die Beschaffung der Aufklärungsdrohne ADS 15 und für die Modernisierung der Telekommunikation der Armee. Beide Aufträge gingen an den israelischen Rüstungskonzern Elbit. Die Auftragssumme: mehr als eine halbe Milliarde Franken. An Kompensationen angerechnet wurde bislang nur ein Teil. Rund 400 Millionen Franken an Verpflichtungen von Elbit stehen noch aus. Und die Zeit für die Erfüllung drängt. Elbit bleiben für die Drohnenoffsets Zeit bis 2026, für die Funkausstattung bis 2029. Strategischer Zielmarkt Schweiz Die Rüstungsfirma muss sich sputen, wenn sie die Verträge zeitgerecht erfüllen will. Sie sucht nun händeringend nach grösseren Geschäften in der Schweiz, die den Offsets angerechnet werden können. Bereits vor einem Jahr sagte Elbit-Chef Bezhalel Machlis: «Die Schweiz ist ein strategischer Zielmarkt für uns und wir werden unsere Bemühungen fortsetzen, unsere Zusammenarbeit mit der Schweizer Industrie auszubauen.» Jetzt, exakt ein Jahr nach Machlis’ Ansage, kristallisiert sich eine solche Zusammenarbeit in der Schweiz heraus. Elbit kooperiert dazu mit der Firma Swissto12 aus der Waadtländer Gemeinde Renens und mit dem US-Antennenspezialisten R.A. Miller Industries (Rami) aus Grand Haven, Michigan. Elbits erster Partner in diesem Projekt ist Swissto12, ein führender Anbieter von 3D-gedruckten Produkten für Hochfrequenzanwendungen in der Luft- und Raumfahrt sowie der Verteidigungsindustrie. Elbit hat mit der Firma einen Vertrag unterzeichnet, der unter anderem die Entwicklung und Produktion von 3D-gedruckten Hochfrequenzantennen für das Electronic-Warfare-Programm von Elbit für die Marine umfasst. Dritter im Bunde ist die US-Rüstungsfirma Rami, die zu diesem Zweck vor zwei Monaten die Firma Rami Swiss mit Sitz im jurassischen Delémont gegründet hat. Für die Herstellung und Montage von Antennen, Leiterplatten und Funkgeräte-Komponenten. Elbit plant nicht nur die Produktion fürs Inland. Sondern: «Geplant ist in der Schweiz das Single Sourcing für den kompletten Elbit-Konzern», sagt der ehemalige Rüstungschef und nun Präsident von Elbit Schweiz, Jakob Baumann. «Es geht um die Produktion in der Höhe von 50 bis 60 Millionen Franken Umsatz», so der ehemalige Schweizer Rüstungschef, «inklusive Teilen der Produktion, die für den Export bestimmt sind, für die Belieferung innerhalb des Elbit-Konzerns.» Das Potenzial ist gross: Der jährliche Gesamtbedarf für das israelische Unternehmen ist ein Mehrfaches dessen, was in der Schweiz benötigt wird. Technologietransfer mit Software Das ist ein wesentliches Detail dieses Projekts. Denn in der Schweiz sind Kompensationsgeschäfte dieser Grössenordnung über die Erzeugung von Massengütern, insbesondere nur fürs Inland, kaum möglich. Dafür sind die Produktionskosten zu hoch. Was die Schweiz aber auf einem kompetitiven Niveau bieten kann und von der Schweiz umgekehrt auch nachgefragt wird, das ist Know-how, das sind Technologietransfers, die man sich vom Bundesrat abwärts von militärischen Offset-Deals erhofft. «Wenn man das mit einer Produktion auf Schweizer Boden verbinden will, muss man eine kritische Produktionsmenge erreichen und das über anschliessende Exporte aus der Schweiz heraus skalieren können», sagt Elbit-Schweiz-Präsident Baumann. Damit das gelingt, gibts für Armasuisse und VBS die Rübe vor der Nase: Elbit will nicht nur Schrauben und Schweissen im Rahmen der Offsets und für die eigene Lieferkette in der Schweiz ansiedeln, sondern auch Software-Know-how ins Land bringen. Die Schweizer IT-Firma Elca, die für den Funkgeräteauftrag an Elbit bereits an Bord ist, soll zu den Profiteuren des Technologietransfers gehören. Die Firma beschäftigt 1400 Mitarbeitende, bei 170 Millionen Franken Umsatz. Produktion Mitte 2022 Für den Tech-Transfer und die Antennenfabrik tingelt Baumann durchs ganze Land, um die Geschäfte aufzugleisen. Priorität hat ein Produktionsstandort für die Antennen in der Westschweiz. «Entsprechend der Vorgabe zur regionalen Verteilung der Offset-Geschäfte», wie er sagt. Denn eine gleichmässige Verteilung der Offsets über sämtliche Regionen in der Schweiz verlangt der Bund für solche Rüstungsdeals. Derzeit ist die Verteilung noch ungünstig: Gegengeschäfte wurden bislang zu 87 Prozent in der Deutschschweiz, aber nur zu 10 Prozent in der Romandie und nur zu 3 Prozent im Tessin abgeschlossen. «Die Fabrik soll entweder auf die grüne Wiese gestellt werden oder wir übernehmen eine bestehende Industrieimmobilie, das schauen wir uns gerade an.» Bereits Mitte nächsten Jahres soll die Produktion starten. Was jetzt schon steht, ist der Businessplan: Elbit will hierzulande in einem ersten Los 2000 Antennen für Funkgeräte der Schweizer Armee fertigen. Alles, was über den Bedarf für die Funkgerätelieferungen hinaus hergestellt wird, will Elbit weiteren Offsetverpflichtungen anrechnen lassen, wie für die Drohne ADS 15 und auch für den kürzlich von der Schweiz beschafften US-Kampfjet F-35. Elbit liefert für die Herstellung der F-35 weltweit gut 1400 Komponenten zu. Heikle Frage: Kriegsmaterialexport Noch nicht gelöst ist hingegen die Frage, ob und wie die Antennen oder deren Komponenten aus der Schweiz ausgeführt werden können. Man habe hier ähnliche Themen wie andere Schweizer Unternehmen, die unter den Vorgaben leiden, weil sie bestimmte Produkte in gewisse Regionen nicht exportieren könnten, so Baumann. Daher auch die Idee, zuerst für die Schweiz zu produzieren. Und innerhalb der Elbit-Lieferkette gemäss Kriegsmaterialverordnung ins Ausland zu liefern. Für die Bewilligung ist das Seco zuständig. Dort hat der Rüstungskonzern bislang nicht offiziell angeklopft. «Innerhalb der Exportkontrollen im Seco ist dieser Sachverhalt niemandem bekannt», sagt ein Sprecher. Aus dem Elbit-Umfeld hört man aber, dass sich das Unternehmen auf dem informellen Weg und über eine Anwaltskanzlei ohne Nennung des Firmennamens über allfällige Exportmöglichkeiten bereits erkundigt hat.