«Winu! Was machsch!» Meistens kann Erwin Vonlanthen seinen gewaltigen Abschlägen zufrieden hinterherschauen. Im vorliegenden Fall jedoch hat er den Ball mit dem Driver am 6. Loch im Golfklub Wylihof in Luterbach leicht nach links ins hohe Gras verzogen. Seine Mitspieler am Pro-Am-Turnier vor dem Omnium Suisse vernehmen den leisen Selbsttadel im Seisler-Dialekt, dem unverkennbaren Idiom des Freiburger Sensebezirks. Vonlanthen findet den Ball, spielt aus schwieriger Lage mit stoischer Ruhe weiter und schafft fast noch ein Birdie.

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Andere wagen diesen mutigen Schritt im Alter 20

Birdies sind für Erwin Vonlanthen seit neuem aus beruflichen Gründen gefragt. Er ist fest entschlossen, schon in seinem ersten Herbst als Profigolfer über die Qualifikation den Sprung auf die europäische Seniorentour zu schaffen. Er trainiert zielgerichtet dafür, der Tagesablauf rankt sich einzig um den Golfsport. Frühmorgens trainiert er im heimischen Golfklub Blumisberg, tagsüber führt er daselbst den Pro-Shop, mit dem er sich eine weitere berufliche Basis geschaffen hat, und abends geht er, falls es das Tageslicht noch ermöglicht, noch einmal auf den Platz.

In der Zusammenarbeit mit Thomas Kubernat, dem Chef-Golflehrer in Blumisberg, hat er bald erkannt, dass er einen wesentlichen Teil des Trainings für das kurze Spiel, das Chippen und Putten, verwenden muss für jenen diffizilen Bereich, mit dem die besten Profis der Welt das grosse Geld machen.

Unangetastet bleibt das lange Spiel. Erwin Vonlanthens äusserst solider voller Schwung ist ein Naturprodukt und in keinem Lehrbuch festgehalten. Er hat die Technik, dank der er den Ball satt trifft und sagenhaft weit schlagen kann, schon als Schulbub in sich aufgenommen. In Wünnewil, einen Steinwurf vom Blumisberger Platz aufgewachsen, hat er sich seinerzeit als Caddie ein Sackgeld verdient und daneben auf dem Übungsgelände voller Eifer trainiert. Die Basis für eine erfolgreiche Zeit als Amateur war gelegt.

In den 80er Jahren bestritt er mit dem Nationalteam vier Europameisterschaften und eine Weltmeisterschaft. Auf einem Erinnerungsfoto von der Team-EM 1985 in Halmstad (Schweden) sieht er sich in Reih und Glied unter anderen mit Johnny Storjohann (heute Generalsekretär des Schweizerischen Golfverbandes ASG), Martin Kessler (heute ASG-Präsident) und Markus Gottstein (heute Präsident der ASG-Sportkommission). Die Blumisberger Klubmeister-Ehrentafel trägt 13-mal den Namen Erwin Vonlanthen.

Die Herausforderung darf nicht unterschätzt werden

Es ist nicht einfach, als Rookie unter den Playing Pros Fuss zu fassen, zumal im vorgerückten Alter; dieser Tatsache ist sich Vonlanthen bewusst. Immer mehr bestandene Profis der «grossen» Europa-PGA-Tour erreichen die Alterslimite für Senioren und bereichern den Circuit, auf dem es Jahr für Jahr bald wird die Grenze von 7 Mio Euro an Preisgeld überschritten sein mehr zu verdienen gibt. Aber der wackere Deutschfreiburger will sich der Herausforderung stellen.

Am Bad Ragaz PGA Seniors Open Mitte August dieses Jahres machten zwei Schweizer mit der erfahrene Helmuth Schumacher, der es auch schon unter die Top 12 gebracht hatte, und erstmals der frisch ins Seniorenalter gerutschte René-Pierre Brouchoud. Möglicherweise wird Erwin Vonlanthen schon im nächsten Jahr zu ihnen stossen.