Arbeitnehmer fühlen sich heute weniger an ihre Firma gebunden als früher. Gerade auch Mitglieder des mittleren Kaders halten sich für Wechsel offen, sei es, um ihre Stellung oder ihre Adresse zu verbessern, sei es, weil die Chemie nicht stimmt oder sich eine Restrukturierung anbahnt.

«So wie die Loyalität der Firmen zu ihren Angestellten gesunken ist, so ist auch die Loyalität der Arbeitnehmer zu ihrem Brotgeber nicht mehr die gleiche», sagt Romeo Crameri, Executive-Search-Experte. Wer schliesslich kündigt, hat sich innerlich gewöhnlich vom Betrieb bereits verabschiedet und auch eine neue Stelle. Die Versuchung zu einem überstürzten Abgang ist dann gross.

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Generell gilt dieTreuepflicht

Generell gilt jedoch die Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Erster Grundsatz: Keine schmutzige Wäsche waschen. Trennt man sich in Zwietracht, sollten Unsicherheitsfaktoren geregelt werden. Die Gefahr, eine Politik der verbrannten Erde zu betreiben, sei in der Schweiz ohnehin gering, weiss Norbert Thom, Direktor des Instituts für Organisation und Personal der Uni Bern.

Dies allein deshalb, weil man sich hier zu Lande langfristig kaum aus dem Weg gehen kann und sich auch nachher noch in die Augen sehen muss.

Rechtlich existiert der Begriff der «unfairen Kündigung» seitens des Arbeitnehmers nicht. «Es könnte aber theoretisch eine missbräuchliche Kündigung vorliegen. Ich hörte aber noch nie von einem solchen Fall. Die Missbrauchstatbestände, wie sie im OR Art. 336 festgeschrieben sind, greifen in der Praxis nur bei Arbeitgeberkündigungen», so Georges Chanson, langjähriger Leiter der Fachgruppe Arbeitsrechtler im Zürcher Anwaltsverband. «Nur bei wenigen speziellen Aspekten kann eine Kündigung Kopfzerbrechen bereiten. Sonst der Chef vielleicht. Das hat aber kaum Konsequenzen.»



Heikel kann es werden:

- Wenn der Angestellte vor Ablauf der Kündigungsfristen bereits Arbeiten oder Aufträge ausführt.

- Wenn der Arbeitnehmer noch keinen neuen Job hat und Arbeitslosenentschädigung beanspruchen will.

- Wenn der Arbeitnehmer kündigt, fällt der zeitliche Kündigungsschutz weg. Damit gibt es keinen Anspruch auf Verlängerung des Arbeitsverhältnisses. Dies kann ein Problem bei Krankheit, Mutterschaft oder Militärdienst werden.

- Wenn der Angestellte ein Konkurrenzverbot einging, dessen Gültigkeit von den Kündigungsgründen abhängen kann.

Bei Unsicherheiten oder Schwierigkeiten ist es ratsam, Beistand zu suchen. Dies muss wenn sich nicht Probleme mit der Arbeitslosenversicherung oder wegen eines Konkurrenzverbots anbahnen nicht gleich ein Anwalt sein. Ein versierter Berufskollege, ein Unternehmensberater oder bei einer Abwerbung auch der Headhunter kann klären oder notfalls vermitteln.

Daniel Luchsinger, Executive Searcher von Mac Lynx: «Die Sicht der direkt Betroffenen ist oft befangen, weil sie gewisse Dinge sehr persönlich nehmen. Meist relativiert sich dies, sobald der Kündigende Klarheit in seine Beweggründe bringt. Ob Probleme auftreten, hängt andererseits aber auch stark von der Unternehmenskultur ab.»

Auch zum eigenen Vorteil sollte der Arbeitnehmer die Abwicklung der Kündigung in gut überdachte Schritte einteilen. Prinzipiell gilt, sich die Fragen des richtigen Zeitpunkts und der Art der Kommunikation zu stellen. Man soll sich in gutem Einvernehmen trennen.



Schritt für Schritt

Schritt 1: Zuerst die Kündigung mündlich dem direkten Vorgesetzten mitteilen, danach die schriftliche Kündigung, wenn möglich mit Begründung, am besten gegen Empfangsbestätigung übergeben oder dann so verschicken, dass sie der Chef vor Monatsende hat. Direkt aber vor Ablauf des Kündigungstermins den Abschied einreichen brüskiert. Bei noch hängigen Aufträgen sollten diese zuerst zu Ende geführt werden.

Schritt 2: Das Gespräch suchen. Man soll klare Gründe zur Kündigung haben und diese dem Vorgesetzten auch klar darlegen. Offenheit und Ehrlichkeit erhöhen auch den Spielraum bei einer eventuellen Austrittsvereinbarung.

Schritt 3: Der Abschied von den Mitarbeitern ist wichtig, damit keine Verdächtigungen aufkommen, die beidseits schaden könnten.

Bei offenen Fragen sollte eine Austrittsvereinbarung aufgesetzt werden. Wenn man selber kündigt, ist man natürlich in der Defensive. Die Behandlung wird sehr formell nach Obligationenrecht erfolgen.



Sofortige Freistellung?

Besser stehen die Karten, wenn man auf einen Wink der Unternehmensführung hin den Hut nimmt. Ins Gewicht fallen kann auch die Dauer der Anstellung. Gemäss Headhunter Luchsinger sollen Austrittsvereinbarungen im Vorfeld besprochen werden. Dazu finden immer mehrere Gespräche statt. Luchsinger: «Eine Freistellung ist auf jeden Fall wünschenswert. Ob der Arbeitgeber die Lücke füllen kann, ist weniger wichtig, wichtiger ist der Schutz des Unternehmens. Denn die Energie des Arbeitnehmers ist nicht mehr vorhanden. Da fragt es sich, was den Betrieb letztlich teurer zu stehen kommt.»

Regeln sollte man auch die weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten während der Kündigungsfrist ausserhalb des Betriebs. Danach ist ein Konkurrenzverbot in der Schweiz wegen des beschränkten Markts laut Thom von der Uni Bern nur schwer durchsetzbar, nicht aber bei besonderen Vertrauensstellungen oder unzureichendem Kündigungsgrund. Die Austrittsvereinbarung kann aber gewisse geografische Beschränkungen und Schadenssummen be-inhalten. Punkto Entschädigungen ist wenig rauszuholen, ausser bestimmte Summen wären vorher vertraglich festgelegt worden.

Fair kündigen, Teil 1: Die Trennungskultur im Unternehmen, siehe «HandelsZeitung» Nr. 26 vom 29. Juni 2005.



Wann empfiehlt sich eine Beratung?

Professor Norbert Thom: «Selber zu kündigen, ist immer eine schwierige Sache. Nur schon wegen der hohen Stresswerte ist dies ein Bereich, wo guter Rat gefragt ist.»

Headhunter Daniel Luchsinger: «Es kommt stark auf die Position an, ob jemand Hilfe beansprucht. Wenn sich aber jemand, der kündigt, unsicher fühlt, soll er Hilfe, gleich welcher Form, beanspruchen. Ein offener und ehrlicher Dialog ist aber immer besser, als hinterher zu klagen oder rechtliche Hilfe zu beanspruchen.»

Anwalt Georges Chanson: «In der Regel hat ein kündigender Arbeitnehmer keine Probleme. Erfahrungsgemäss hat er es schwer, bei einer Austrittsvereinbarung etwas herauszuholen. Wenn er noch keine Stelle hat oder einem Konkurrenzverbot untersteht, sollte er sich vor der Kündigung beraten lassen.» (eh)