Ferienhungrige sind zwischen 1996 und 2003 in der Finanzbranche sowie im Baugewerbe am meisten auf ihre Rechnung gekommen. Wie die erstmals durchgeführte branchenspezifische Erhebung des Bundesamtes für Statistik (BFS) zeigt, erhielten die Vollzeitangestellten in diesen Sektoren im Mittel 2,5 Tage (oder 0,5 Wochen) mehr Ferien (siehe Tabelle). Am meisten Ferien haben die Lehrkräften mit 8,9 Wochen. Auf dem zweiten Rang folgt die Finanzbranche mit fünf Wochen Ferien.

Zu den Verlierern zählten die Angestellten öffentlicher Verwaltungen, welche einen halben Ferientag einbüssten. Nicht gerade ein Ferienparadies ist die Land- und Forstwirtschaft, wo Angestellte sich mit dem obligatorischen Minimum von vier Wochen zufrieden geben müssen. Schweizweit dauerte der Urlaub 2003 - zumindest gemäss Arbeitsvertrag - durchschnittlich 4,9 Wochen (24,5 Tage), verglichen mit 4,7 Wochen 1996. Verwöhnt sind die Schweizer im Gegensatz zu den Amerikanern (12 Tage) und den Japanern (18 Tage). Verglichen mit den EU-Staaten (25,1 Tage) besteht allerdings noch Aufholpotenzial.

Bernd Schips von der Konjunkturforschungsstelle der ETH sieht die kontinuierliche Zunahme der Ferienzeit in der Schweiz als logische Anpassung an das restliche Europa. «Dies zeigt aber auch, dass die Schweiz Produktivitätsfortschritte gemacht und diese in Form von Ferien weitergegeben hat - teilweise allerdings an Stelle von Lohnerhöhung», sagt er.

Der Trend der letzten Jahre dürfte sich fortsetzen - sofern der Produktivitätszuwachs anhält, zeigt sich Werner Aeberhardt, Arbeitsmarktexperte des Staatssekretariats für Wirtschaft, überzeugt. «Langfristig dürfte sich der Wunsch nach Ferien stärker manifestieren als derjenige nach einer kürzeren Wochenarbeitszeit.» Auf dieses Jahr wurden in sieben erneuerten GAV die Ferienleistungen ausgebaut.

Bezogen auf die Wochenarbeitszeit gelten die Schweizer mit 41,7 Stunden als vergleichsweise «arbeitswütig». Doch die Jahresarbeitszeit, wo Ferien- und Feiertage ins Gewicht fallen, relativiert dieses Bild. Arbeitgeberdirektor Peter Hasler: «Gemessen an der Jahresarbeitszeit befinden sich die Schweizer im Ländervergleich im oberen Mittelfeld - wir sind keine Workaholics». Punkto Arbeitszeitpolitik orte er weder bei den Ferien noch bei der Wochenarbeitszeit Änderungsbedarf. Dafür zeige ihm die Willigkeit von Arbeitnehmern, Überstunden zu schieben, ein Bedarf an Lohnerhöhungen: «Aufgrund der steigenden Lebenshaltungskosten sind Forderungen für Lohnerhöhungen verständlich.»

Hasler fällt bezüglich Ferien auf, dass Angestellte diese immer weniger zur Erholung nutzen und sich dafür stressen. «Zunehmend müssen sich die Leute bei der Arbeit von den Ferien erholen», meint er.

Partner-Inhalte