Galaxus.de: Drei Jahre nach Markteintritt in Deutschland immer noch unbekannt

In der Schweiz ist Digitec Galaxus der Primus unter den E-Commerce-Unternehmen. Bestbekannt, wenn auch in jüngster Zeit mit Negativ-News bezüglich Arbeitsbedingungen konfrontiert. Seit dreieinhalb Jahren ist die Migros-Tochter auch mit einem Deutschland-Ableger aktiv. Gestartet war man im Herbst 2018 mit grossen Ambitionen. Zu einem nicht genauer genannten Zeitpunkt wolle man die Nummer fünf im deutschen Online-Markt sein, hiess es damals. Davon ist Galaxus.de meilenweit entfernt. Mit einem Umsatz um 100 Millionen Euro rangiert das Unternehmen unter ferner liefen. Saturn.de, die aktuelle Nummer fünf in Deutschland, schafft einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro. In der Liste der hundert grössten Online-Shops in Deutschland taucht Galaxus.de nicht auf. «Es ist ein Fakt: Die Leute kennen uns nicht» Die bisher nicht eben berauschende Performance könnte auch mit dem Bekanntheitsgrad von Galaxus.de in Deutschland zu tun haben. Dieser ist äusserst bescheiden. Das höhnt nicht etwa die Konkurrenz, sondern das teilt Galaxus auf Anfrage selber mit: «Es ist ein Fakt: Die Leute kennen uns nicht», sagt Martin Walthert zur «Handelszeitung». Der Marketingchef von Digitec Galaxus und Schweizer Werber des Jahres 2020 kleidet die Unbekanntheit so in konkrete Zahlen: «Gemäss einer Umfrage ist die Marke Galaxus in Deutschland erst 6 Prozent der Bevölkerung bekannt. Was uns nicht überrascht.» Der Fakt, dass 94 Prozent der Deutschen Galaxus.de auch nach dreieinhalb Jahren im Markt noch nicht kennen, ist gemäss Walthert das Resultat davon, «dass wir bisher null in die Marke investiert haben». Wo andere Marketing-Leute vor Scham im Boden versinken möchten, dreht Galaxus.de den Spiess um. Und zeigt in launigen Youtube-Clips per Strassenumfrage in Berlin, wie unbekannt Galaxus.de immer noch ist. «Kennst du Galaxus?», werden Passanten da gefragt. Und die Berliner Schnauze antwortet: Nee. Im Chor. «Hilflosigkeit sondergleichen» Die Spot-Reihe auf Youtube steht in der Tradition der Galaxus-Kommunikation, die stets anders funktioniert als der Mainstream. Dass es ein ambitioniertes Unternehmen aber in langer Zeit nicht schafft, in die Köpfe der Konsumentinnen und Konsumenten zu kommen, findet Cary Steinmann seltsam: «Wenn das Unternehmen nach dreieinhalb Jahren immer noch unbekannt ist, muss ziemlich viel falsch gelaufen sein.» Der Schweizer Buchautor und Kommunikationsberater, Ex-Marketingprofessor an der Fachhochschule ZHAW und vormaliger Werber, unter anderem bei Scholz & Friends in Hamburg, deutet den Werbe-Clip als Eingeständnis der Niederlage: «So gesehen zeigen diese Clips nur eines: Hilflosigkeit sondergleichen.» «Bekanntheit stand nicht im Fokus» Von einer Niederlage will Walthert nicht sprechen. Mit der Youtube-Kampagne greife man die schwache Bekanntheit «ironisch auf, was vom Publikum auch verstanden wird». Man habe bisher nicht in die Marke investiert, weil zu Beginn operative Aspekte wie der Aufbau des Sortiments, die Abwicklung der Bestellungen und der Kundendienst im Vordergrund gestanden hätten: «Es stand schlicht nicht im Fokus, in Deutschland bekannt zu sein.» Werber Steinmann sieht das diametral anders: «Selbst-Persiflage mag manchmal funktionieren, aber hier ist es das Eingeständnis einer Niederlage, ein werberisches Eigentor.» Galaxus.de, resümiert der erfahrene Werber, «hat offenbar komplett an der Zielgruppe vorbeikommuniziert». Erste richtige Kampagne kommt im Juni Galaxus-Marketingmann Walthert bleibt dabei: «Da das Sortiment erst allmählich und eher opportunistisch gewachsen ist, war unsere Leistung noch zu wenig konstant greifbar, als dass sich grosse Investitionen in den Brand schon gelohnt hätten.» Offenbar rückt der Zeitpunkt für die grosse Werbetrommel aber näher. Galaxus.de, das sich im Nachbarland mit dem Claim «Deutschlands ehrlichster Online-Shop» schmückt, will bald schon in die eigene Bekanntheit investieren, sagt Walthert: «Eine eigentliche erste grosse TV-Kampagne werden wir im Juni lancieren.» Erstaunlich, dass man in so kurzen Abständen zunächst die eigene Unbekanntheit kommuniziert – um dann gleich anschliessend in die Bekanntheit zu investieren. Für Galaxus-Mann Walthert hat auch das seine Richtigkeit: Werbetechnisch gesehen sei die spassige Youtube-Strassenumfrage bloss eine «Zwischenphase» gewesen.