Geplatzter Deal um Peter Spuhler bei Swiss Steel

Swiss Steel kommt unter dem neuen starken Mann, Milliardär Martin Haefner, und seiner Entourage nicht zur Ruhe. Das Geschäft läuft harzig – und jetzt will der Stahlhersteller, der bis vor Kurzem noch als Schmolz + Bickenbach firmierte, wieder frisches Geld organisieren. Erneut steht eine Kapitalerhöhung im Raum, wie der Konzern Anfang Woche mitteilte. Mehr unternehmerische Freiheiten und mehr Reserven in der Hinterhand: Ausser den üblichen Floskeln liess die Konzernleitung nichts verlauten. Dabei sind die Vorgänge hinter den Kulissen pikant. So sahen die ursprünglichen Pläne vor, mit Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler einen Prominenten ins Aktionariat und in den Verwaltungsrat zu holen. Krisenerprobt und jahrelange Managementerfahrung: Der gestandene Unternehmer wäre bereit gewesen, für einen 25-Prozent-Anteil am Stahlkocher aus dem luzernischen Emmenbrücke 108 Millionen Euro auf den Tisch zu legen. Verhandlungen waren nahezu abgeschlossenIm Gegenzug, heisst es in Bankenkreisen, hätte er zwei VR-Sitze bekommen. Die Verhandlungen seien nahezu abgeschlossen gewesen, gefeilscht wurde nur noch um Details. Doch dann kam alles anders: Hauptaktionär und Amag-Besitzer Martin Haefner wollte vom Deal plötzlich nichts mehr wissen. Der Rückzieher erfolgte letzte Woche. So manche Beobachter schütteln ob dem Last-minute-Zerwürfnis den Kopf. Denn tatsächlich liefen die Verhandlungen schon länger. Immer wieder gab es Vorschläge von der einen Seite, dann wieder einen Kompromiss von der andern. Zunächst sollte Spuhler 108 Millionen Euro zu einem Aktienkurs von 15 Rappen investieren. Haefner hätte parallel dazu 92 Millionen Euro für neue Aktien aufgeworfen. Viel Geld – und es hätte zu einer deutlichen Verwässerung der anderen Aktionäre geführt, vor allem der Gesellschaft Liwet, an welcher der russische Investor Viktor Vekselberg massgeblich beteiligt ist. Sofort flammten die alten Spannungen von vor einem Jahr wieder auf. Damals – bei der letzten Kapitalerhöhung – wollte Haefner die russische Seite möglichst stark zurückdrängen. Offener MachtkampfEs kam zum offenen Machtkampf, die Übernahmekommission wurde angerufen und die entscheidende Generalversammlung zur damaligen Kapitalerhöhung hatte schon begonnen, als die Streitparteien im Nebenzimmer noch feilschten und in letzter Minute den Mittelweg doch noch fanden. Dieses Mal erreichten Spuhler, Haefner und die Vekselberg-Seite den Kompromiss früher. Es entstand ein Vorschlag, der für Spuhler etwas teurere Aktien (zu 18 Rappen) und für Haefner ein kleineres neues Aktienpaket vorsah (für 42 Millionen Euro) und der die anderen Aktionäre weniger verwässerte. Gleichzeitig würde Swiss Steel bei Haefner ein weiteres Darlehen (50 Millionen Euro, zum Teil umwandelbar) aufnehmen. So weit schien alles auf guten Wegen. Man feilschte nur noch um wenige Millionen innerhalb des 200-Millionen-Pakets. Natürlich hätte der Deal die Kräfteverhältnisse bei Swiss Steel verändert. Heute kontrolliert Haefner den Stahlproduzenten mit seinen knapp 50 Prozent nach Belieben – und Liwet ist mit 25 Prozent der Juniorpartner. Mit Spuhler an Bord hätte Haefner noch gut 40 Prozent der Aktien kontrolliert. Theoretisch wären Spuhler und Vekselberg fähig, ihm mit ihren je gut 20 Prozent Paroli zu bieten. Aber das wusste Haefner eigentlich schon während der Verhandlungen. Der Anti-Russen-ReflexDann kam der Montag von letzter Woche und die Meldung der Depeschenagentur SDA, wonach Peter Spuhler russischer Honorarkonsul in der Schweiz werden sollte. Eine alte Geschichte zwar, erzählen Leute aus dem Berner Umfeld, die von Anfang an dabei waren. Nun aber poppte die Personalie auf, weil die russische Seite die Sache wieder aufnahm und unabhängig vorantrieb. Auch wenn Spuhler später erklärte, er stehe für das Amt nicht zur Verfügung und habe auch gar keine Einwilligung gegeben, war der Schaden angerichtet.Mehr über Peter Spuhler Russland wollte ihn zum Honorarkonsul machen. Der Stadler-Rail-Patron stehe für das Amt nicht zur Verfügung, lässt er mitteilen. Mehr hier. Der Stahlproduzent sucht wieder frisches Kapital. Peter Spuhler sollte mit 100 Millionen Franken einsteigen. Daraus wird nichts. Mehr hier. Denn im Lager von Haefner schrillten alle Alarmglocken. Plötzlich schien so etwas wie eine russische Liaison im eigenen künftigen Aktionariat von Swiss Steel zu entstehen – das Vertrauen zerbrach. Banker erklären, Haefner sei schon immer auf grösstmögliche Distanz zu Vekselberg gegangen, weil dieser von den USA sanktioniert sei und er selber die USA aus seinen geschäftlichen Aktivitäten bestens kenne. Andere berichten von einer eigentlichen Abneigung. Eine Anekdote in diesem Zusammenhang lautet, dass Haefners Strategie-Mann Heinrich «Henry» Christen im gleichen Büro (BLR & Partners) arbeitet wie Ulf Berg, der frühere Sulzer-Präsident, der vor gut zehn Jahren bis zum Umfallen gegen Vekselberg kämpfte. Haefner stehen zwei Wege für die Zukunft im Aktionariat offen. Der Weg ins AktionariatEntweder reduziert er seinen Anteil mittelfristig auf unter 33 Prozent. Das verlangt die Finanzmarktaufsicht, die letzten Winter ihren Segen zur damaligen Kapitalerhöhung gegeben hat, da Haefner kein öffentliches Übernahmeangebot machen wollte. Mit Spuhler hätte Haefner diese Richtung eingeschlagen. Alternativ könnte er seinen Anteil weiter ausbauen und den restlichen Aktionären schliesslich doch noch ein Übernahmeangebot machen. Diese Variante würde teuer, da sich die Minderheitsaktionäre nicht mit einem mageren Angebot abspeisen lassen würden. Bereits gibt es Kleinaktionäre, die als Folge der letzten Kapitalerhöhung gerichtliche Schritte prüfen. In diesen Tagen schliessen sie sich zu einer Vereinigung zusammen. Vielleicht kommt es ganz anders. Immer wieder heisst es, neben Spuhler hätten auch andere Investoren Interesse an Swiss Steel bekundet. Verbürgt ist, dass der Industrielle Michael Pieper in der Vergangenheit schon anklopfte. Doch oft marschiert Pieper wie bei Autoneum nicht alleine, sondern macht gemeinsame Sache mit – Peter Spuhler.