Die Wirtschaft wird weiblicher. Vom Zukunftsforscherpaar John Naisbitt und Patricia Aburdene über die berühmte Trendforscherin Faith Popcorn bis hin zum Soziologen und Zukunftsforscher Matthias Horx verkünden alle Experten dasselbe: Noch nie hat es weltweit so viele gut ausgebildete Frauen gegeben wie heute. Noch nie hatten Frauen so viele Möglichkeiten, sich für oder gegen Kinder zu entscheiden oder zu versuchen, beides unter einen Hut zu bringen. Frauen werden sich aber auch ihrer wirtschaftlichen Macht immer bewusster. Sie entscheiden schwergewichtig über das Schicksal von Marken. Sie entscheiden, was gekauft wird. So stellen im Onlineshopping, das in Europa zunehmend an Fahrt gewinnt, insbesondere Frauen eine treibende Kraft dar. Zudem verleiht eine Fähigkeit den Frauen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen Wettbewerbsvorteil: das Geschick, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen.

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Immer mehr Frauen verwalten eigenes Geld

Eine vom weltgrössten Chip-Hersteller Intel in Auftrag gegebene Studie bestätigt, dass das Tempo des modernen Lebens zunehmend die gleichzeitige Bewältigung unterschiedlicher Aufgaben (Multitasking) erfordert. Wenn es um diese Art zu arbeiten geht, geben Frauen den Ton an. Immer mehr Frauen verwalten heute auch ihr eigenes Geld, sei es als selbstständige Unternehmerin, Top-Kader-Frau, als Erbin oder geschiedene Frau. Tendenz weiter steigend.

Basis dieser Entwicklung ist der Fakt, dass für Frauen die Berufstätigkeit immer mehr zur Regel wird, während Vollzeit-Mütter und Fulltime-Hausfrauen eher zur Ausnahme werden. Die Anzahl der berufstätigen Frauen hat in der Schweiz in den vergangenen Jahren stark zugenommen: Die Erwerbsquote stieg von unter 55% im Jahr 1975 auf etwa 75% im Jahr 2004 (Männer: von 91% auf 88%). Die Schweiz nimmt, was den Anteil der erwerbstätigen Frauen betrifft, gemäss den Erhebungen der OECD denn auch eine internationale Spitzenposition ein.

Gleichzeitig ziehen auch immer mehr Frauen einen unabhängigen Lebensstil dem klassischen Familienleben vor. Diese Eigenständigkeit erfordert strategische Überlegungen über die finanzielle Absicherung der Zukunft. Auch die weiterhin steigende Scheidungsrate legt nahe, dass sich Frauen heutzutage mit Themen wie Vermögensaufbau und Vorsorge beschäftigen müssen. In Deutschland reichen heute schon doppelt so viele Frauen wie Männer die Scheidung ein. Diese Trends zeigen auf, dass es auch für Banken lohnenswert ist, auf die Marktmacht Frauen ein besonderes Augenmerk zu legen.

Im Bereich Private Banking interessiert, ob Frauen aus Sicht der Anlageberatung auch anders betreut werden sollen als Männer. Dazu müssten Unterschiede im Anlageverhalten von Frauen im Vergleich zu Männern festgestellt werden. Da mag erstaunen, dass diese Unterschiede kleiner sind, als man annehmen mag. Erste Auswertungen einer Studie aus dem Jahr 2004 zum Anlageverhalten von Akademikern besagen, dass die Unterschiede im Anlageverhalten von Männern und Frauen im Ergebnis nicht sonderlich ins Gewicht fallen. Grosse Unterschiede bestehen jedoch immer noch in der Einkommensverteilung und diese Unterschiede schlagen sich natürlich im konkreten Fall auch im Anlageverhalten nieder.

Trotzdem deckt die Studie einige erwähnenswerte grundsätzliche Unterschiede auf: Frauen suchen signifikant häufiger die sichere Anlage mit niedrigerer Rendite. Sie haben denn auch einen tendenziell grösseren Anteil ihres Vermögens auf dem Sparkonto investiert, während Männer häufiger ein höheres Risiko eingehen. Mehr Männer als Frauen nennen als möglichen Grund für Verluste an der Börse ihre Trägheit, an einer einmal gewählten Anlagestrategie etwas zu ändern. Interessanterweise glauben mehr Männer als Frauen, dass ein grosser Teil ihres Börsenerfolges auf Glück zurückzuführen sei. Zudem haben mehr Männer als Frauen Mühe, Aktien, deren Kurswert unter dem ursprünglichen Kaufpreis liegt, zu verkaufen. Frauen informieren sich zwar nur unregelmässig über Finanzthemen; wenn sie sich aber für eine Anlage erwärmen, machen sie von verschiedensten Informationskanälen Gebrauch. Erstaunlicherweise würden sich gemäss dieser Studie mehr Männer als Frauen von einer Frau beraten lassen.

Amerikanische Studien haben zu Tage gefördert, dass Frauen längerfristig die besseren Renditen bei Aktienanlagen erzielen als Männer, weil sie eine andere Anlagestrategie verfolgen. Jedoch nimmt nur ein Bruchteil der Frauen ihre eigene Vermögensanlage selbst in die Hand. Die meisten Frauen verlassen sich auf ihren männlichen Partner. Frauen fragen hingegen mehr nach ethischen Anlagen, und sie legen im Vergleich zu Männern mehr Wert darauf, dass Unternehmen nach Prinzipien leben, die mit ihrer persönlichen Einstellung übereinstimmen. Immer mehr Frauen messen bei der Beurteilung eines Unternehmens Fragen der Nachhaltigkeit beziehungsweise sozialen Gerechtigkeit sogar mehr Gewicht bei als der Performance.

Ein weiterer interessanter Aspekt: Frauen machen grundsätzlich weniger Anlagefehler als Männer. Erklärungen dafür liefert die Behavioral-Finance-Theorie, die sich mit der Psyche der Anleger beschäftigt. Das «rationale Geschlecht» handelt demgemäss weniger rational, sondern lässt sich eher von emotionalen Faktoren leiten. Gemäss den Professoren Terrance Odean und Brad M. Barber besteht eine der grössten Fehlerquellen im Anlageverhalten in der systematischen Selbstüberschätzung der meisten Menschen. Diese ist eher bei Männern anzutreffen, während Frauen vielfach zum Understatement neigen. Ausserdem investieren Frauen mehr Zeit in ihre Anlageentscheide und halten dann auch länger an den gekauften Titeln fest, was ihnen langfristig zugute kommt. Odean und Barber haben in einer Studie festgestellt, dass bei Männern die Anzahl Transaktionen (Käufe und Verkäufe) 45% höher ist als bei Frauen. Männer neigen interessanterweise in diesem Bereich zu Entscheidungen aus dem Bauch und laufen auch viel häufiger als Frauen einem Gerücht hinterher. Frauen hingegen wollen hinter dem Produkt stehen können sie investieren sinnorientiert.

Frauen sind keine «Spieler»

Gemäss einer ETH-Studie wollen Frauen grundsätzlich Verluste vermeiden, während Männer danach streben, überdurchschnittliche Wertsteigerungen zu erzielen. Die «Spiel»-Neigung der Frauen im Zusammenhang mit Finanzanlagen ist daher klein. Jedoch sei das generelle Stereotyp, dass Frauen immer risikoaverser als Männer seien, nicht haltbar. Bei gleichen Rahmenbedingungen verschwänden Unterschiede im Risikoverhalten vielfach.

Nach Ansicht der Bestseller-Autoren Barbara und Allan Pease bleiben Frauen ihrem Geldinstitut langfristig treu eine Ansicht, die die Bank Vontobel aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Während Männer primär auf kurzfristigen Erfolg aus seien, würden Frauen gemäss Pease zunächst eine Beziehungsebene aufbauen. Entschieden sich Frauen für eine Beratungsperson, folge in der Regel eine langfristige Bindung mit einem entsprechend hohen Multiplikatoreneffekt, was für eine Bank Frauen als Kundengruppe speziell interessant macht. Die zu Beginn aufgezählten Trends und Entwicklungen zeigen, dass Frauen als eigenständige Gruppe wahrgenommen werden wollen und sollten. Frauen wollen selber bestimmen und sich nicht einfach einem (in den allermeisten Fällen männlichen) Berater zuteilen lassen. Sie sind bei der Auswahl viel wählerischer, denn sie haben einen besseren Blick für Einzelheiten im Nahfeld. An Nuancen der Körpersprache erkennen Frauen die Befindlichkeit ihrer Mitmenschen und entlarven Schwindeleien eher als Männer.

Männer «hören schlecht»

Dass Männer weniger gut zuhören, ist schon fast zum Klischee geworden. Das hat nicht unbedingt mit mangelndem Interesse an Beziehungen zu tun: Akustische Informationen haben für Männer keinen hohen Stellenwert. Genau diese beiden Eigenschaften (die weibliche Gabe der Wahrnehmung beziehungsweise Intuition und die Gabe, zuhören zu können) prädestinieren Frauen als Anlageberaterinnen. Männer sind mehr darauf eingestellt, sachliche Ziele zu erreichen, als persönliche Beziehungen einzugehen.

In der Schweiz führen neben der Bank Vontobel auch die UBS, die Basler Kantonalbank, die Coop Bank und die Bank Sarasin frauenspezifische Angebote. Die Bank Julius Bär verfügt über ein Frauenprogramm, das bestehenden Kundinnen vorbehalten ist, während die Credit Suisse sich auf spezielle Informationen für Frauen auf ihrer Website beschränkt. Grundsätzlich gilt: Banken mit seriösen Markennamen haben bei Frauen die grössten Chancen, weil Frauen tendenziell stark in Labels denken.

Die Bank Vontobel bietet Private Banking speziell für Frauen an, weil eine konkrete Nachfrage danach besteht. Mit ihrer bereits 1991 unter dem Namen «Women and Finance» lancierten Zielgruppeninitiative für Frauen war sie im Bereich Frauen und Private Banking eine Frühstarterin. Als einzige Bank in der Schweiz bot sie damals den Frauen eine Einführung in die Welt der Finanzen mittels Grundseminaren an.

Im Vergleich zu früher benötigen Frauen heute keinen Nachhilfeunterricht im Finanzbereich mehr, denn die moderne Frau ist gleich gut ausgebildet wie der Mann. Dieser Entwicklung und einer sinkenden Nachfrage Rechnung tragend, hat die Bank Vontobel die Grundkurse im Finanzwesen 2005 aus ihrem Women-and-Finance-Angebot gestrichen. Heute wird in erster Linie persönliche Betreuung und Beratung von Frau zu Frau propagiert.

Die Bank Vontobel will Frauen ansprechen, die an einer professionellen, individuellen Beratung und an Fachwissen interessiert sind. Kulturelle und gesellschaftliche Anlässe tragen dem Networking-Gedanken Rechnung, stehen aber nicht im Zentrum. Eine periodisch erscheinende Broschüre vermittelt Hintergrundinformationen zu Finanzthemen und aktuellen Fragen.

Was die Beratung betrifft, ist aus unserer Sicht der Servicegedanke der wichtigste Schlüssel zum Erfolg. Frauen als Anlegerinnen wollen und müssen ernst genommen werden. Dies zeigen nur schon die oben erwähnten Analysen des Anlegerverhaltens von Frauen.

Zu einer professionellen, seriösen Beratung, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Frauen eingeht, gehört, dass die Beraterin oder der Berater auf die Lebenssituation, die finanziellen Gegebenheiten, die individuellen Bedürfnisse und auch die Sorgen der Kundin umfassend und sehr persönlich eingeht.

Lydia Woerlen, Leiterin Women and Finance, Bank Vontobel, Zürich.