Ursprünglich wollte ich eigentlich Hotelier werden», verrät Gregor Stücheli, «mich faszinierten damals der Umgang mit vielen Leuten und die verschiedenen Rollen dieses Berufs.» Was brachte ihn von diesem Berufswunsch ab? «Ganz einfach man hat mich an der Hotelfachschule in Lausanne nicht aufgenommen, ich bin kurz vor der Matura dort vorbei, und da hiess es, ich hätte mich viel früher melden müssen, die Wartefrist betrage zwei Jahre.» Einige Kollegen von Gregor Stücheli entschieden sich dann für ein Studium an der HSG in St. Gallen, «und so habe ich mich ihnen angeschlossen und habe mich ebenfalls dort eingeschrieben. Auf diese Weise bin ich in die Wirtschaft und dann zur Informatik gekommen». Diesen Entscheid hat er nie bereut im Gegenteil.

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Geblieben ist das Flair für Services und das lebt Gregor Stücheli jetzt als Chef des schweizerischen Geschäftes von T-Systems aus. Seit dem 1. Juli 2004 ist er CEO. Zum Service-Gedanken gehört für ihn das Verständnis, was den Kunden drückt, was dieser erreichen möchte und mit welchem Service der Kunde an sein Ziel kommt.

Für ihn bringt seine Position auch eine Menge neuer Lernerfahrungen. «Man muss als Computer-Dienstleister ein grosses Verständnis für die Auffassungen anderer haben, ich lerne durch meine Gespräche sehr viel über andere Branchen und kann dann die Verbindung zur Technologie über die Services, die wir anbieten, herstellen.»

Outsourcing mit neuer Technologie

Computer-Services sind, wie Hard- und Software, zum Allgemeingut, zu einer «Commodity» geworden, und auch grosse US-Unternehmen haben in den vergangenen Jahren Rückschläge einstecken müssen. Wo steht T-Systems in der Schweiz, und wie stellt sich Gregor Stücheli die nähere Zukunft vor? «Wir werden in diesem Jahr umsatz- und gewinnmässig wachsen. Für 2005 rechne ich mit noch erfreulicheren Zahlen.» Als Haupttreiber für das Wachstum bezeichnet er das Outsourcing, weiter florieren System-Integration und Telecom-Netzwerk-Services.

Outsourcing rechnet sich für beide Seiten nur, wenn die Kosten irgendwie gesenkt werden können. Wie funktioniert das bei T-Systems? «Wir stehen genau zwischen der Technologie und den Geschäftsanforderungen. Das Geschäft wird bei vielen Firmen immer komplexer. Wir haben jetzt zum ersten Mal auch die technologischen Grundlagen, um diesen Anforderungen optimal zu genügen.»

Hinzu tritt eine hohe Standardisierung. Bei älteren Outsourcing-Konzepten wurden einfach die Rechenzentren übernommen. Heute legt man viele Ressourcen zusammen und muss dann als Outsourcer nicht mehr für jeden Kunden separate und kostspielige eigene Hard- und Softwarearchitekturen unterhalten. «Wir haben statt zum Beispiel viermal 1000 User auf je einem eigenen System 4000 User auf einem einzigen System, und wenn Anpassungen an Veränderungen im Geschäft, etwa durch den Verkauf eines Firmenteils oder einen Zukauf, erforderlich sind, ist das relativ einfach zu bewerkstelligen.» Ausserdem entfallen teure Ausstiegskosten, wenn ein Vertrag vorzeitig aufgelöst werden muss und die Hardware noch nicht abgeschrieben ist. «Solche Modelle bauen wir jetzt mit IBM, Fuijtsu Siemens und HP auf.»

Die typischen Kunden von T-Systems, die zum gehobenen Mittelstand in der Spanne zwischen einigen hundert bis einigen tausend Arbeitsplätzen gehören, könnten mit einem Insourcing keine Skaleneffekte erzielen.

IBM und HP liefern aber nicht nur die Computer, sie sind auch harte Konkurrenten im Service-Geschäft. Wie funktioniert das? Stücheli erklärt es am Beispiel: Für das Outsourcing-Angebot für mittelgrosse Privat- und Kantonalbanken habe das T-Systems-Rechenzentrum klar definierte Schnittstellen zu HP. Dies, weil die T-Systems schon verschiedene Banken als Kunden habe und somit gezeigt habe, dass sie die branchenspezifischen Arbeitsprozesse kenne und den Sicherheitsstandards genüge. Im SAP-Outsourcing-Bereich hingegen seien sie in vielen Fällen Konkurrenten und das bedinge ein ausgereiftes Partner-Management.

Und wie vermeidet er Konflikte mit Partnern, die teilweise auch Konkurrenten sind? «Man benötigt eine klare Rollenbeschreibung und klare Erwartungshaltungen, Engagement der Topmanagements, klare Kommunikation nach aussen, Durchsetzung nach innen und eine klare Segmentierung des Marktes nach dem Prinzip.» Beim Rechenzentrum für die Banken beispielsweise gehören die rund 20 Kantonalbanken und die Privatbanken zur überschaubaren Gruppe potenzieller Kunden.

Gregor Stücheli kennt die Konkurrenz auch von innen. Er arbeitete 14 Jahre für IBM in der Schweiz und in den USA. «Im Vergleich dazu ist mein Handlungsspielraum hier sehr gross», beschreibt er den wichtigsten Unterschied, «und solange wir gemäss Plan arbeiten, können wir auch über die Verwendung der selber erarbeiteten Mittel recht eigenständig befinden.» Hat Gregor Stücheli auch mal Befürchtungen, die Planvorgaben zu verfehlen? «Nein, das Momentum gibt mir Zuversicht. Zudem stehen wir, wegen der Flexibilisierung bei der Informatikleistung, vor einem grossen Wachstumsmarkt.»

Was heisst Flexibilisierung in der Führung bei Gregor Stücheli? «Viel delegieren, viel Vertrauen schenken und eine offene Diskussionskultur. Von unserem Team hatten viele in anderen Firmen andere Funktionen, wir selber sind offen für Veränderungen und wollen das auch weitergeben». Auch technologisch sieht sich Gregor Stücheli in einer Vorreiter-Rolle. Das Computerprojekt bei den SBB, bei dem 10000 Geräte ausgetauscht und mittels Office-Plattform standardisiert wurden, sei ein Beispiel, mit dem sie sich auch mit einer geeigneten Werbung positionieren konnten «mit der ICT-Initiative haben wir dies erreicht».

Ausgleich am Wochenende

Gregor Stücheli hat bei IBM zwischen 1993 und 1995 grosse Veränderungen erlebt, das Unternehmen befand sich damals in einer schweren Krise und kam erst durch die konsequente Neuausrichtung mit Schwerpunkt Services wieder auf Kurs. «Ich kam vor zwei Jahren durch meinen Vorgänger Peter Schöpfer zu T-Systems. Er war drei Monate zuvor Chef geworden und hatte den Auftrag, vier einzelne rechtliche Einheiten zu einer neuen Firma umzubauen und eine neue und einheitliche Firmenkultur aufzubauen. Für mich war es sehr reizvoll, grosse Veränderungen in einem Unternehmen zusammen mit Peter Schöpfer und dem ganzen Team auf Landesebene vornehmen zu können.»

Am schwierigsten für Dienstleister ist die Trennung von Beruf und Privatleben. «Trotz meiner langen Arbeitstage habe ich immer noch viel mehr Privatsphäre als ein Hotelier. Ich sehe das bei einigen Kollegen, die diesen Beruf haben, dort ist die Grenzziehung zwischen Beruf und Privatsphäre viel schwieriger.» Wenn Gregor Stücheli am Freitagabend in die Garage einbiegt, ist für ihn die Arbeitswoche zu Ende. «Die Familie ist mein grösster Ausgleich, und meine Hobbys betreibe ich ebenfalls als Ausgleich.»

Mit diesem Ausgleich zügelt Gregor Stücheli auch sein Temperament. «Ich habe die zwei Charakterzüge Ungeduld und Emotionalität. Früher sagte ich mir schnell, es gibt ja noch andere Möglichkeiten, und verabschiedete mich von Menschen rasch. Heute gehe ich viel mehr auf andere ein, versuche zu verstehen, welches die Gründe von Entscheidungen und von Handlungen sind, und frage mich, ob ich etwas übersehen habe.» Gregor Stücheli wäre mit dieser Service-Auffassung zweifellos auch ein guter Hotelier geworden.

Profil

Name: Gregor Stücheli

Funktion: Geschäftsführer T-Systems Schweiz AG

Alter: 41

Wohnort: Wil SG

Familie: Verheiratet, drei Kinder

Karriere

1997-1999 Stabsfunktion bei IBM, Armonk, USA;

2000-2001 Leitung Geschäftsbereich Outsourcing bei IBM, Schweiz;

2002-2004 Leiter Sales und Marketing, T-Systems Schweiz;

Seit Juli 2004 Geschäftsführer von T-Systems in der Schweiz

Firma

Das Unternehmen T-Systems bezeichnet sich als «führende Anbieterin von Informations- und Kommunikations-Dienstleistungen». T-Systems gehört zur Deutschen Telekom. Der operative Start in der Schweiz erfolgte im April 2001, die Wurzeln reichen aufgrund der Integration von ATAG debis in T-Systems 40 Jahre zurück. Das Unternehmen beschäftigt in der ganzen Schweiz über 1000 Personen an acht Standorten. Zum Geschäftsgang in der Schweiz werden keine Zahlen veröffentlicht, für das laufende Jahr rechnet man mit einem Umsatzwachstum.