Von aussen sieht das Firmengebäude von Grüter + Gut in Ballwil wie das Gebäude eines normalen Motorradhändlers aus: In der Ausstellungshalle stehen Motorräder der Marke BMW, Moto Guzzi und Ducati. Der Stolz des Patrons und das Herzstück der Produktion ist zunächst nirgends zu sehen. Das Quad wird hinter verschlossenen Türen angefertigt. Im hellen, ausgebauten Dachstock bauen gerade eine Maschinenmechanikerin und ein Techniker in sorgfältiger Kleinarbeit je ein Vorderteil und ein Hinterteil eines Quads, eines vierrädrigen Motorrads, zusammen. «Anfangs hat es länger gedauert, jetzt brauchen wir noch 28 Stunden, um ein Quad anzufertigen. Es besteht aus 980 Teilen ohne Schrauben gerechnet», erklärt Geschäftsführer Walter Grüter.

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Fahrzeug fürs Vergnügen

Quads dienen vor allem als Vergnügungsfahrzeug. Was bei manchen Umweltschützern Kopfschütteln auslöst, versetzt Technikfans in helle Begeisterung. Mit viel Emotionen wirbt Grüter + Gut für seine Fahrzeuge: «Unser Quad kombiniert die positiven Eigenschaften eines hochkarätigen Sportwagens mit den Vorzügen eines wieselflinken Motorrads», heisst es im Firmenprospekt. «Angriffslustig die Scheinwerfer, wie Augen eines eleganten Raubtieres, kraftvoll abgestützt die vier Räder, schlank und aufregend die Taille und aufregend erotisch das dynamische Heck.»

An den Motorradmessen stösst Walter Grüter mit seinem Gefährt auf ein sehr positives Echo. Der typische Quad-Käufer ist männlich, zwischen 35 und 70 Jahre alt und hat Spass an der neusten Technik. Und er verfügt über das nötige Kleingeld. Bei Preisen zwischen 40000 und 60000 Fr. erstaunt es nicht, dass die 20-Jährigen nicht zum Kundensegment gehören. Auch ist das Quad offensichtlich keine Frauendomäne. Nur einzelne Frauen interessieren sich dafür, im Grunde ist das Quad ein Männerspielzeug, auch für die älteren Semester. «Der älteste Quad-Kunde, den ich bisher hatte, war 85 Jahre alt», erinnert sich Grüter.

Durchbruch mit Seitenwagen

Grüter + Gut entwickelt bereits seit 1985 im Luzerner Seetal eigene Fahrzeuge und verkauft diese weltweit. Vor zwölf Jahren schaffte der Hersteller mit dem GG duetto, also einem Motorrad mit Seitenwagen, den Durchbruch. Davon stellte der Betrieb 33 Stück her und lieferte sie bis nach Japan. Aber: «Der Seitenwagenmarkt, der in den 1990er Jahren boomte, ist in den letzten paar Jahren geschrumpft», sagt Grüter. Deshalb kam dem Unternehmer die Idee, strassentaugliche Quads zu bauen. «Bei der Probefahrt mit dem Quad eines Freundes war ich enttäuscht, weil das Gefährt so instabil war», erinnert sich Grüter. Denn bisher waren die Quads nicht für die Strasse, sondern für den Offroad-Gebrauch konzipiert. Das war die Marktlücke, auf die Walter Grüter gewartet hatte. Er steckte daraufhin unzählige Arbeitsstunden in die Entwicklung des Fahrzeuges. Gross war auch der administrative Aufwand, um die Strassenzulassung in den verschiedenen Ländern zu erhalten. Die europäische Abnahme dauerte ganze sechs Monate.

Als Grüter + Gut den Prototyp ihres Quads 2002 an einer Motorradmesse erstmals der Öffentlichkeit präsentierte, hatte Walter Grüter bereits ein Jahr Arbeit darin investiert: «Wir haben vor dem Serienlauf jedes einzelne Teil nochmals überarbeitet», einnert er sich. Insgesamt waren das drei Jahre harte Arbeit. Es hat sich gelohnt: «2004 konnten wir das erste Quad an einen Kunden ausliefern.»

Motoren vom BMW

Die ersten Kundenaufträge erhielt Walter Grüter schon während der Messe. Als weltweit einziger Fahrzeughersteller erhält Grüter + Gut Motorradmotoren des deutschen Automobilherstellers BMW geliefert. Es handelt sich um einen serienmässigen Zweizylinder-Boxer. Extern in Auftrag gegeben werden auch die Herstellung der Sensoren, der Polyesterteile, die Lackier- und Schweissarbeiten. Die übrigen Teile, die meisten aus hochstabilem Flugzeugaluminium, stellt der eigene Betrieb in Ballwil auf CNC-gesteuerten Metallbearbeitungsanlagen her. Die Maschinen laufen aus Kostengründen 24 Stunden täglich. Der Betrieb führt auch andere Kundenaufträge aus, beispielsweise stellt er Teile für Textilmaschinen und Messinstrumente her.

Zu 60% sind die Metallbearbeitungsmaschinen aber mit der Herstellung von Quad-Teilen ausgelastet. Dank dem Nischenprodukt Quad konnte GG Motorradtechnik den Umsatz im letzten Jahr um satte 100% steigern. Dieser Erfolg blieb nicht unbemerkt: GG Motorradtechnik erhielt den Anerkennungspreis der zentralschweizerischen Handelskammer. Eine verhaltene Konsumentenstimmung wirkt sich im Übrigen positiv auf den Quad-Absatz aus. Walter Grüter: «Ein Quad ist ein Fun-Fahrzeug, vergleichbar mit einem Ferrari. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten verkaufen wir teure Fahrzeuge gut.»

Bisher 100 Quads geliefert

Zu stark darf die Produktion allerdings nicht wachsen. Anfangs lag sie bei sechs Stück pro Monat; zurzeit werden zwölf Quads monatlich hergestellt. Die Infrastruktur würde es erlauben, mit zwei zusätzlichen Mitarbeitern maximal 24 Quads monatlich zu bauen. Bei einer grösseren Stückzahl im Monat müsste Walter Grüter andere Wege suchen. Bis heute lieferte GG Motorradtechnik 100 Quads aus, die meisten gingen an Käufer in der Schweiz und in Deutschland. Auch nach Russland und nach Dubai wurden die Fahrzeuge verkauft. Jetzt will der Luzerner Nischenplayer den europäischen Markt stärker bearbeiten. Dafür muss nun ein geeigneter Importeur gefunden werden.

Name: Grüter + Gut Motorrradtechnik GmbH

Gründung: 1983

Geschäftsführer und Inhaber: Walter Grüter (Bild)

Umsatz: 5,5 Mio Fr.

Beschäftigte: 17

Produkte: Vierrädrige Motorräder, genannt Quads

Kunden: Privatkunden, Händler, Importeure

Internet: www.gg-technik.ch