Es ist ein später Freitagnachmittag, in einem lichtdurchfluteten Konferenzsaal der Conzzeta Holding in Zürich. Heinrich Lanz hat eine anstrengende Woche hinter sich. Soeben ist er von einer längeren Geschäftsreise nach Asien zurückgekehrt. Trotz Timelag spürt man keinen Anflug von Müdigkeit. Als ehemaliger Berater hat er gelernt, sich immer wieder auf neue Aufgabenstellungen und Gesprächspartner einzustellen. Sitzungsmarathons gehören für den CEO der Conzzeta zum Alltag.



Jetzt aber freut er sich auf das Wochenende, auch wenn der Wetterbericht Niederschläge voraussagt. Beim Joggen im regentriefenden Wald kann er sich erholen und die eigenen Batterien wieder aufladen. «Plötzlich kommen mir dann ganz gute Ideen», schwärmt er, vielleicht auch wegen dieser besonderen Stimmung an einem grauen Sonntagmorgen. Zu einem echten Marathon könnte sich Heinrich Lanz allerdings nicht aufraffen: «Dazu fehlt mir der Ehrgeiz.» Die Work-Life-Balance aber ist ihm wichtig. Nach anstrengenden Tagen im Büro eine Bergwanderung mit seiner Frau zu unternehmen, schafft für ihn den nötigen Ausgleich.

Denn das Firmenportfolio, das er bei der Conzzeta zu betreuen hat, ist vielfältig. Der Mischkonzern ist aus den ehemaligen Zürcher Ziegeleien herausgewachsen, die an der Börse klar dem Baugewerbe zugeordnet wurden. Davon ist seit der Trennung vom Baufarbengeschäft nichts mehr geblieben. Die Schwerpunkte liegen nun im Maschinen- und Anlagenbau, bei der Schaumstoffproduktion und im Sportartikelgeschäft.

Manch ein Finanzanalyst hat Mühe, dieses Konglomerat richtig einzuordnen. Würde ein Private-Equity-Investor bei Conzzeta einsteigen, dann wäre ein Verkauf

der Konsumgütersparte, mit den bekannten Namen Mammut und Raichle, wohl eine rasch beschlossene Sache. Heinrich Lanz stemmt sich nicht dagegen: «Ja, das wäre absehbar. Die heutige Firmenstruktur ist nur dank einem stabilen Mehrheitsaktionariat möglich.»

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Unbequeme Entscheide fällen



Seit drei Jahrzehnten bereits vertritt Jacob Schmidheiny die Familienholding als Verwaltungsratspräsident und früher auch als Konzernchef. Vor fünf Jahren hat Lanz als Aussenstehender die Führung übernommen. Kann er da frei walten oder nimmt der Hauptaktionär immer wieder Einfluss? «Er ist so nahe bei den Geschäftsaktivitäten dabei, wie das von einem Präsidenten des Aufsichtsgremiums erwartet wird. Operativ greift er nicht ein.»

Für den CEO ist es wichtig, sich auch unter dem schützenden Dach genügend dem Wetter auszusetzen. «Ich muss unbequeme Entscheide zeitgerecht fällen.» Damit das Wachstums- und Ertragspotenzial langfristig sichergestellt sei, gelte es, das Firmenportfolio laufend zu überprüfen.

Vor allem aber achtet Heinrich Lanz darauf, dass er die «richtigen Führungskräfte am richtigen Ort hat». Sei das nicht der Fall, müsse man handeln. Zwar betrachtet er die Conzzeta als eine Art von Beteiligungsgesellschaft, aber wenn es um die Besetzung der obersten Kaderpositionen geht, schaltet sich der Konzernchef persönlich ein: «Hat sich die Auswahl auf eine Short List verengt, verschaffe ich mir einen Eindruck von den potenziellen Führungskräften.» Danach wird gemeinsam mit dem Bereichsleiter entschieden.

Die strategischen Entwicklungsschritte diskutiert Lanz intensiv mit den Führungskräften vor Ort. Dabei erwartet er, dass «ein Geschäftsleiter von sich aus das Maximum herausholen will». Wenn das Budget etwas gar vorsichtig ausfalle, dann frage er, ob die Zahlen nicht auch etwas höher sein könnten. Unsinnig hohe Umsatz- und Ertragsvorgaben zu erzwingen, erweise sich allerdings als kontrapoduktiv. «Das frustriert nur den betroffenen Chef.»

Vom Beratungsmetier bei PricewaterhouseCoopers hat er gelernt, wie bedeutungsvoll Unternehmensstrategien und die Verbesserung der Leistungserstellung in Industrie und Handel sind. Greift er als operativer Chef nun auch auf die Dienste von Beratern zurück? «Ja, dieses externe Wissen ist für ein Unternehmen enorm wichtig», sagt Lanz. Das gelte ganz speziell beim Thema Innovation. Blauäugig ist er deswegen nicht. Als ehemaliger Berater sei er in vielen Fällen ein unbequemer Einkäufer: «Ich stelle von Anfang an klar, was ich von einem Consultant erwarte.»

Schlechte Ergebnisse müssen nicht zwingend mit einer schwachen Führungsmannschaft in Verbindung stehen. Es ist durchaus möglich, dass eine Sparte nicht mehr zum Mischkonzern passt. «Sind wir nicht der bestmögliche Besitzer, dann verkaufen wir das Geschäft, wie letztes Jahr im Fall von Farben und Lacke», sagt Lanz.

Als Elektroingenieur hat er sich die Analysefähigkeiten schon während des Studiums an der ETH Zürich angeeignet, und sie danach bei zwei Industriefirmen praktisch erprobt. Im Maschinen- und Anlagenbau, dem wichtigsten Geschäftsfeld, fühlt sich der ehemalige Firmenberater speziell heimisch. «In vielen Märkten ist das Wachstumspotenzial für unsere Laserschneidmaschinen noch lange nicht ausgereizt.»

Vor Billiganbietern in Südkorea und China, die seine hochwertigen Maschinen kopieren, fürchtet er sich nicht. Die Kernkomponenten würden laufend weiter entwickelt, und damit sei man in der Lage, mit völlig neuen Konzepten an den Markt zu treten: «Der Billigkonkurrenz aus Asien nehmen wir den Wind aus den Segeln, indem wir selbst Laserschneidmaschinen in China montieren.»

Das Saxophon modert



Der Verkauf von Sportbekleidung hat kaum etwas gemeinsam mit der Industriesparte. Firmenintern wird aber versucht, den zyklischen Charakter bei den Werkzeugmaschinen mit dem Schaumstoffgeschäft und den Sportartikeln auszubalancieren. Für Heinrich Lanz hat die Herstellung und der Vertrieb von Sportbekleidung für den Mischkonzern einen ganz besonderen Stellenwert: «Die Marke Mammut ist für das Unternehmen identitätsstiftend.»

Wenn er den Leuten, die in

China eine Schaustofffabrik aufbauen, erkläre, was Laserschneidmaschinen sind, bleibe das im

besten Fall als vage Erinnerung haften. Ganz anders sei das mit einem Kleidungsstück von Mammut. Ein solcher Sportartikel aus der Conzzeta-Gruppe löse Emotionen aus.

Früher hat er als Saxophonspieler ebenfall emotionale Momente erlebt. Noch heute träumt er davon, das Blasinstrument wie der Topsaxophonist Jan Garbarek zu beherrschen. Die rare Freizeit hat ihn allerdings solcher Illusionen beraubt. «Das Saxophon modert im Keller dahin.» Seiner Gemahlin wird es recht sein. Als Heinrich Lanz vor Jahren wieder einmal zum Instrument griff und eine Übungsstunde einlegte, empfand sie das als «unausstehlichen Lärm».

Als Konzernchef ist er sich die leisen Töne gewohnt. Läuft alles rund in den einzelnen Geschäftsbereichen, führt der CEO seine Bereichsleiter an der langen Leine. Die Mitarbeiter sollen sich mit den Marken identifizieren. Natürlich wolle man beispielsweise über die Mitarbeiterzeitschrift den «Conzzeta-Spirit» fördern, aber das Markenbewusstsein in Verbindung mit Produkten und Dienstleistungen stehe ganz klar im Vordergrund.

Innerhalb der Gruppe würden aber für alle Kadermitglieder die gleichen zehn Führungs- und Verhaltensgrundsätze gelten, sei das nun in Europa, Asien oder den USA. Die Orchestrierung von internationalen Teams hat er bereits als Berater erfolgreich in die Wege geleitet. Jetzt ist der verhinderte Saxophonspieler als aktiver Dirigent darum bemüht, die verschiedenen Firmenkulturen zu einer harmonischen Einheit zu formen.



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ZUR PERSON



Steckbrief



Name: Heinrich M. Lanz

Funktion: CEO Conzzeta Holding seit 2002

Alter: 58

Wohnort: Zürich

Familie: Verheiratet, eine erwachsene Tochter

Karriere:



- 1975–1990 Verschiedene Führungspositionen in der Industrie im Ausland und in der Schweiz, zuletzt bei Wolf Computer und Oertli Wärmetechnik

- 1991–2002 Partner PricewaterhouseCoopers (PwC), zuletzt als Leiter des Marktsegments «Middle Market» für Europa, den Mittleren Osten und Afrika



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Führungsprinzipien



1. Marktnahe unternehmerische Führung.

2. Freiräume schaffen.

3. Fehler sind erlaubt – Nur wer wagt, kann neue Wege gehen.

4. Innovation bezieht sich auf jede Tätigkeit.



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Firma



Conzzeta

Die an der Börse SWX kotierte Gruppe ist im Maschinen- und Anlagenbau (u.a. Bystronic), in der Schaumstoffproduktion, im Sportartikelgeschäft (u.a. Mammut), im Immobiliengeschäft und der Sparte Drucklacke tätig. Die knapp 3300 Mitarbeiter erwirtschafteten 2006 einen Umsatz von 1,274 Mrd Fr.