Bis vor wenigen Jahren machten die Banken keine grossen Unterschiede bei der Finanzierung von Geschäfts- und Wohnimmobilien. Bei vermieteten Objekten wurden die Mieterträge angemessen kapitalisiert und auf diese Weise ein Ertragswert ermittelt. In allen Fällen legte man auch einen Substanzwert fest; im Wesentlichen zusammengesetzt aus dem Land- und dem Bauwert.

Ein Mix aus diesen Werten bildete die Basis für die Hypothezierung. Dass aus Krisen viel gelernt werden kann, zeigen die Folgen der Immobilienkrise der 90er Jahre. Massive Leerstände in Wirtschaftsbauten und schlechte Geschäftsergebnisse der Unternehmen führten zu grossen Problemen bei der Verzinsung und Rückzahlung der Immobilienkredite und in der Folge zu einem starken Anstieg der Zwangsverwertungen mit enormen Verlusten für die Banken.

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Eine zwar banale, aber wesentliche Erkenntnis aus diesen Schwierigkeiten ist die Tatsache, dass mit Substanz keine Zinsen und Amortisationen bezahlt werden können. Heute ist bei der Finanzierung von Wirtschaftsbauten das Substanzdenken weit in den Hintergrund gerückt. Es hat der einfachen Erkenntnis Platz gemacht, dass Zinsen und Amortisationen nur aus dem freien Cashflow der Unternehmung oder bei vermieteten Objekten aus dem Mietertrag geleistet werden können. So wenden denn die Banken heute unterschiedliche Methoden bei der Prüfung von Krediten für Geschäftsimmobilien an.

Wenn Eigentümer und Nutzer wirtschaftlich nicht identisch sind, steht weiterhin der Ertragswert im Vordergrund. Die Ermittlung des Ertragswertes erfolgt zwar heute nach verschiedenen Methoden (z.B. Discounted Cashflow, DCF). Ziel ist aber in jedem Fall sicherzustellen, dass die Kredite langfristig aus dem nachhaltigen Cashflow der Immobilie bedient werden können. Alter und Zustand sowie flexible Nutzbarkeit der Liegenschaft, aber auch Angemessenheit der Mietzinse, Mietermix, Bonität der Mieter und Laufzeit der Verträge sind von grosser Bedeutung.

Welches ist der Ertrag der Immobilie, wenn die darin untergebrachte Unternehmung selbst Eigentümerin ist? Es fliessen keine Mieterträge, welche für den Zinsen- und Kapitaldienst herangezogen werden könnten. Die selbstgenutzte Immobilie der Unternehmung ist ein Betriebsmittel wie eine Maschine, die IT-Infrastruktur oder ein Fahrzeug.

Es dient der Erarbeitung von Betriebserträgen wie die übrigen Investitionen auch. Bei der Finanzierung gelten somit im Wesentlichen die gleichen Grundsätze wie bei anderen betrieblichen Investitionen. Der nachhaltige freie Cashflow der Unternehmung muss ausreichen, um über eine überblickbare Zeit (zum Beispiel sieben Jahre) sämtliche Unternehmenskredite zu verzinsen und zurückzubezahlen. Es werden keine spezifischen Hypothekarkredite für diese Unternehmensimmobilien mehr ausgesetzt. Für jede Unternehmung wird auf der Basis der voraussichtlichen freien Cashflows eine Verschuldungskapazität (Debt Capacity) ermittelt. In diesem Rahmen werden Kredite gewährt, unabhängig davon, ob sie nun zur Finanzierung von selbstgenutzten Liegenschaften oder des übrigen Anlage- oder Umlaufvermögens dienen.

90er-Immobilienkrise soll sich nicht wiederholen

Es sind jedoch nicht nur die Betrachtungs- und Beurteilungsmethoden, die zu einer Änderung im Bereich der Immobilienfinanzierungen bei Unternehmen geführt haben, sondern auch die veränderten Rahmenbedingungen.

Die weltweit schwache wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre hat die Schweiz als Exportland stark getroffen. Auch binnenorientierte Branchen wie Bau und Immobilien leiden unter dem Krebsgang. Langdauernde Planungs- und Bewilligungsverfahren bedeuten in vielen Fällen, dass das Produkt Neubau erst dann auf den Markt kommt, wenn man es nicht mehr benötigt. Die Folge ist der Aufbau von Überkapazitäten mit entsprechendem Druck auf die Mieten nicht nur der Neubauten, sondern auch der bereits bestehenden Gebäude. Dazu kommt, dass bei einem Aufschwung zuerst die freien Kapazitäten der Unternehmungen genutzt werden, bevor neue Flächen gekauft oder gemietet werden.

Bauherren und Banken wollen die enormen Leerstände der 90er Jahre nicht nochmals provozieren, auch wenn bereits heute wieder ansehnliche Überkapazitäten vorhanden sind. Kredite für gewerbliche Neubauten werden grundsätzlich dann gesprochen, wenn die Nutzer bekannt sind. Leerstände beeinflussen das Kreditrating negativ und verteuern somit die Kreditkosten des Kreditnehmers.

Neubauten für den Eigenbedarf werden im Rahmen der Verschuldungskapazität fremdfinanziert. Allerdings wird sich der Preis der Unternehmenskredite tendenziell erhöhen, wenn sich durch die stärkere Beanspruchung der Verschuldungskapazität das Rating verschlechtert. Dabei wird die Bank berücksichtigen, ob das Objekt multifunktional oder nur zu einem ganz bestimmten Zweck nutzbar und damit weniger marktgängig ist. Solche Immobilisierungen bewirken auch die Bindung von Kapital, abgesehen von der gegenüber der Miete eingeschränkten Flexibilität bei der Raumbewirtschaftung.

Mittel im eigentlichen Kerngeschäft einsetzen

Diese Überlegungen (Schonung der Debt Capacity, Flexibilität) führen vor allem mittlere und grössere Unternehmungen dazu, ihre Raumbedürfnisse vermehrt über Miete abzudecken und die Mittel für ihr eigentliches Kerngeschäft einzusetzen. Die Mietkosten belasten zwar die Erfolgsrechnung und damit auch die Debt Capacity, sie können jedoch flexibler an die jeweiligen Bedürfnisse der Unternehmung angepasst werden.

Das Halten und Bewirtschaften der Gebäude wird spezialisierten Immobilienunternehmungen überlassen, teilweise im so genannten Sale-and-Lease-back-Verfahren. Beispiele hiefür sind der 1999 erfolgte Verkauf von 85 Liegenschaften der UBS AG an die Maag Holding AG und die Auslagerung von 21 Objekten der Modegruppe Schild AG an private Immobilieninvestoren im Jahre 2003.

Statistische Angaben über die Bedeutung dieser Transaktionen sind zwar nicht bekannt, und der Anteil dieser teils kotierten Immobiliengesellschaften am gesamten Bestand der Wirtschaftsbauten in der Schweiz ist noch nicht allzu bedeutend. Der Trend der Unternehmen, sich auf das von ihnen betriebene Kerngeschäft zu konzentrieren, dürfte weiter anhalten. Als Folge daraus werden spezialisierte Immobilienfirmen weiter wachsen und die Anzahl der von ihnen gehaltenen und betreuten Liegenschaften weiter zunehmen.

Daniel Previdoli ist Leiter Privat- und Firmenkunden Region Zürich bei der UBS, Zürich.