Viel Prominenz war nach Zürich gereist, um das höchste Gebäude der Schweiz einzuweihen. Am VIP-Anlass vom 6. Dezember 2011 im Prime Tower zeigte sich die Crème de la Crème der Immobilienbranche, Politiker, Unternehmer, Anwälte. Besonders strahlte Peter Steiner. Seine Generalunternehmung Steiner war am Bau entscheidend beteiligt.

Es war einer der letzten grossen Auftritte von Peter Steiner. Viel zu sagen hatte der 66-Jährige bei Steiner aber schon damals nicht mehr. Ein Jahr zuvor hatte er die Kontrolle über sein Unternehmen an den indischen Baukonzern HCC (der Name stammt von Hindustan Construction Company) abgegeben. Seither läuft der grosse Umbau. Mehr Controlling, mehr Monitoring, ein neuer Kundendienst. «Die Inder räumen auf», sagt ein ehemaliges Kadermitglied.

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Kontrollen direkt vor Ort

Die Generalunternehmung Steiner geriet vor dem Einstieg der HCC 2010 in Schieflage. Beschwerden über Mängel bei Bauten häuften sich, die finanziellen Reserven schmolzen, ein Börsengang blieb illusorisch. In der Branche heisst es, die Karl Steiner, wie sie damals noch hiess, sei «in einer schwierigen Phase» gewesen. Zahlreiche gute Leute verliessen das Unternehmen. «Man wusste nicht, wie es weitergehen würde», sagt ein Projektleiter.

Dann zogen die neuen Mehrheitsbesitzer die Reissleine. HCC-Hauptaktionär und Steiner-Präsident Ajit Gulabchand forderte eine Steigerung des Umsatzes um 20 Prozent in zwei Jahren. Die neue Crew forcierte sofort das Controlling und erhöhte die interne Transparenz bei den Bauprojekten. «Sie schufen dafür immens viele neue Stellen», sagt ein Kenner der Verhältnisse. «Fast auf jeden Projektleiter kommt jetzt ein Controller und einer, der das Monitoring macht.» Heute schickt die Zentrale die Kontrolleure auf die Baustellen, um zu sehen, ob der Stand der Arbeiten auch wirklich dem entspricht, was nach Zürich gemeldet wird.

Ein eigentliches Monitoring habe es früher nicht gegeben, berichtet ein Projektverantwortlicher, nur eine rudimentäre monatliche Berichterstattung. Heute werde auch der Geldfluss viel genauer angeschaut. Das Unternehmen bestätigt den Wandel: «Im Zusammenhang mit einer teilweisen Neuausrichtung unserer Prozesse haben wir gezielte Investitionen in das Projektmanagement getätigt. Dazu gehört auch der Bereich Monitoring», sagt Geschäftsleitungsmitglied Claude Sulser.

Kulturelle Gräben

Projektleiter mit Erfahrung unter dem neuen Regime sehen darin eine positive Entwicklung. So könne man früher reagieren, wenn etwas aus dem Ruder laufe. Allerdings seien Sitzungen recht formell geworden, da nun auch indische Controller daran teilnähmen. Darum müssten sich alle bemühen, Englisch zu reden. Das sei kein einfaches Unterfangen, bei all den Fachausdrücken, die nötig seien.

Auch der Umgang mit Reklamationen von Bauherren änderte sich. Die neue Führungscrew führte eine eigene Abteilung Kundendienst ein. Sie bearbeitet Fälle, in denen ein Kunde darauf pocht, ein Baumangel falle unter die Garantievereinbarung mit Steiner. «Wir haben unsere Garantiefälle im Griff und massiv reduziert», sagt Sulser dazu. Früher waren die Projektleiter verantwortlich für die Garantiearbeiten – auch Jahre nach Übergabe des Neubaus. Das war verheerend. Entweder hatten sie das Unternehmen schon verlassen oder sie standen bei neuen Projekten unter enormem Druck. «So blieben die Garantieforderungen oft einfach liegen», sagt ein ehemaliger Manager.

Die neue Haltung bei den Garantiefällen erachten Beobachter als guten Schachzug. Auf lange Sicht koste es die Firma weniger als langwierige Auseinandersetzungen bis zum Gang vor Gericht. Hinzu komme der Imagegewinn bei den Kunden. Laut dem Geschäftsbericht der HCC läuft es bei Steiner bereits besser. Der Auftragsbestand stieg per März 2012 um die Hälfte auf 1,5 Milliarden Franken. Heute arbeiten 500 Leute bei Steiner, vor zwei Jahren waren es erst 350 gewesen.

Mehrheitsaktionärin HCC hat alles Interesse daran, allfällige Altlasten rasch zu beseitigen. 2014 wechseln die Aktien, die Peter Steiner derzeit noch hält, zu den Indern. Der Preis für den 33-Prozent-Anteil wird abhängig von der Ertragslage des Unternehmens sein. Jede Altlast, die weitergeschleppt würde, ginge dann voll zu Lasten von HCC.