Verkehrsinfo DRS, Stau oder Behinderungen auf den folgenden Strecken.» Auf das, was nun an diesem Werktag folgt, liesse sich problemlos eine Millionenwette abschliessen: «A3, Bern Richtung St.Gallen, zwischen Seebach und Autobahndreieck Verzweigung Zürich Ost stockender Verkehr wegen Verkehrsüberlastung É A1 Bern Richtung Zürich zwischen Wiggertal und Aarau Ost stockender Verkehr, A6 im Raum Bern zwischen Rubigen und Bern-Ostring stockender Verkehr É»: Ein Ritual, das zum Morgen gehört wie das Zähneputzen.

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Während 7151 Stunden staute sich der Verkehr 2004 auf dem Schweizer Autobahnnetz und verursachte damit einen volkswirtschaftlichen Schaden von über 1 Mrd Fr. Dazu der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse: «Verkehrsüberlastungen erhöhen längerfristig die Produktionskosten und beeinträchtigen den Wettbewerb.»

Problem nicht am Gotthard

Allerdings sind nicht die Schlagzeilen trächtigen Staus zu Ferien- und Feiertagszeiten auf der Gotthard-Autobahn das eigentliche Problem, sondern die Engpässe in den Agglomerationen. Hans Werder, Generalsekretär im Eidgenössischen Verkehrsdepartement (Uvek): «Wenn der Verkehr in den Ballungszentren stockt, würgt dies den Wirtschaftsmotor des ganzen Landes ab.»

Jetzt soll «die notwendige Voraussetzung zur Bewältigung der aktuellen Probleme beim Landverkehr» geschaffen werden: Der Ständerat behandelt in der dritten Sesssionswoche die Vorlage des Bundesrats zur Schaffung eines Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr und das Nationalstrassennetz. Eine erste Vorlage, den Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative, hatte das Volk am 8. Februar 2004 mit einer Nein-Mehrheit von 62,8% der Stimmen wuchtig abgelehnt.

In den nächsten 20 Jahren will der Bund gemäss Vorlage für die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes 8,5 Mrd Fr., für die Beseitigung von Engpässen auf dem bestehenden Autobahnnetz 5,5 Mrd. Fr., für den öffentlichen und privaten Agglomerationsverkehr 6 Mrd Fr. sowie für Hauptstrassen in Berggebieten und Randgebieten 800 Mio Fr. ausgeben.

Zur Finanzierung wird ein Infrastrukturfonds eingerichtet, der ausschliesslich aus zweckgebundenen Strassengeldern (Mineralölsteuer und Autobahnvignette) gespiesen wird. Vorgesehen sind eine Ersteinlage von 2,6 Mrd Fr. aus den Reserven der Strassenrechnung und jährliche Einlagen von 900 Mio Fr. Die Gelder werden jeweils vom Parlament für genau definierte Projekte (siehe Tabelle mit den Projekten der ersten Periode) eingesetzt.

Lehren aus dem Debakel

Vor der Debatte im Ständerat wird eines deutlich: Bundesrat und Parlament sind darauf bedacht, ein zweites Avanti-Debakel zu verhindern. Zuerst verzichtete der Bundesrat, die zweite Autobahnröhre durch den Gotthard in die Projektliste aufzunehmen. Schwer fiel ihm dieser Verzicht nicht, da es bekanntlich die eidgenössischen Räte gewesen waren, welche die zweite Röhre in den Avanti-Gegenvorschlag verpackt und damit das Fuder so überladen hatten, dass die Ablehnung praktisch programmiert war.

Dann achtete die Verkehrskommission des Ständerats unter der Führung des Aargauer Freisinnigen Thomas Pfisterer bei ihrer Arbeit vor allem darauf, einen breiten politischen Konsens herbeizuführen. Pfisterer: «Es ging darum, dieses grosse und kühne Geschäft möglichst gut abzustützen.»

So stand es für die vorberatende Verkehrskommission ausser Frage, die Berg- und Randregionen stärker in das Projekt miteinzubeziehen. Dazu der Zuger CVP-Ständerat und Litra-Präsident Peter Bieri in einem Interview mit der «Neuen Luzerner Zeitung»: «Die Berg- und Randregionen hatten beim Avanti-Gegenvorschlag befürchtet, dass ein Grossteil des Geldes in die Zentren und damit ins Mittelland fliesst.»

Gegen den Vorwurf, mit den vorgesehenen 800 Mio Fr. werde mit Bundesgeldern Strassenbau betrieben, hat die Kommission eine vorsorgliche Bremse eingebaut: Sie beschränkt die Mittel ausschliesslich auf Projekte, welche der Substanzerhaltung der Hauptstrassen dienen.

Konsens im kleinen Kreis

Die Verkehrskommission des Ständerats steht einstimmig hinter dem Infrastrukturfonds, der nach den Worten Bieris «eine gewisse Verlässlichkeit und Stetigkeit bei der Realisierung der Verkehrsinvestitionen erreichen wird». Das heisst: Im kleinen Kreis ist der Konsens durchaus gelungen. Wie sieht es aber im Hinblick auf die weitere politische Debatte aus?

Aufgrund der Wortmeldungen der Parteien und gewichtigen Meinungsführer ist die Vorlage weder im Ständerat noch im Nationalrat gefährdet. Und trotzdem schreibtdie Litra: «Die politischen Mehrheiten für den Infrastrukturfonds sind noch fragil.»

Zu dieser Einschätzung gelangt die Litra, weil neben der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SPS) namentlich die grossen Verkehrsverbände VCS und TCS aus unterschiedlichen Gründen Gewehr bei Fuss stehen und je nach Ausgang der Beratungen in den eidgenössischen Räten entscheiden, ob sie gegen die Vorlage das Referendum ergreifen wollen.

Strassengelder für S-Bahn?

Zentraler Streitpunkt ist die Frage, ob Strassengelder für S-Bahn-Projekte in den Agglomerationen verwendet werden dürfen. Mit dem Neuen Finanzausgleich (NFA) wurde die Bundesverfassung im entsprechenden Sinn geändert. Die eingesetzten Mittel müssen jedoch der Entlastung der Strasse dienen, was auch ein besonderes Anliegen der Verkehrskommission des Ständerats ist.

Demgegenüber macht der TCS aufgrund eines eigenen Rechtsgutachtens geltend, dass die S-Bahn-Projekte nicht aus dem Infrastrukturfonds, sondern mit einem rückzahlbaren Darlehen aus der Strassenkasse an den bestehenden Fonds für den öffentlichen Verkehr zu bezahlen seien. Einem Infrastrukturfonds ohne die S-Bahn-Gelder droht wiederum ein Referendum des VCS.