Im April 2007 empfahl ein Analyst der Bank Vontobel Conzzeta den Rückzug von der Börse. Eine gute Idee?

Jacob Schmidheiny: Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, warum wir ein Going Private ins Auge fassen sollen. Worüber ich schon schmunzeln muss: Es war die Bank Vontobel, die uns damals an die Börse begleitet hatte.

Was sind denn die Gründe für Conzzeta, an der Börse zu bleiben?

Schmidheiny: Die private Holding Tegula AG, an der auch ich beteiligt bin, hält 73,8% des Aktienkapitals. Der Rest ist, soweit wir wissen, vorwiegend in den Händen von institutionellen Investoren, denn Conzzeta hat Inhaberaktien emittiert. Für den Rückkauf aller Titel und die Dekotierung müssten wir einige 100 Mio Fr. aufbringen. Über diese Mittel verfügt Conzzeta heute nicht.

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Finanzmarktteilnehmer rügen, dass Conzzeta nach wie vor nach Swiss GAAP FER bilanziert und deshalb weniger transparent sein muss als Firmen, die IFRS anwenden.

Schmidheiny: Swiss GAAP FER hat meiner Meinung nach einige Regeln, die weitaus vernünftiger und einfacher sind als diejenigen nach IFRS. Zum Beispiel wenn es um die Amortisation des Goodwill geht.

Conzzeta publiziert, trotz regelmässiger Kritik, nach wie vor keine Informationen zur Rentabilität der einzelnen Geschäftsbereiche.

Schmidheiny: Zugegeben, ich bin den Finanzmärkten gegenüber vorsichtig eingestellt. Alle reden immer von Shareholder Value, verkennen aber die Wirklichkeit. In Wahrheit bin ich als Unternehmer, der am Unternehmen massgeblich beteiligt ist, der Shareholder. Doch die Trader sprechen von Value. Also müsste es doch heissen: Sharetrader Value.

Dies allein kann doch nicht der Grund sein, an einem überholten Rechnungslegungsstandard festzuhalten.

Schmidheiny: Der-FER-Standard ist überhaupt nicht überholt. Tatsache ist, dass mittlerweile nur noch Bilanzspezialisten solche Gebilde über¬blicken. Dies hat zur Folge, dass die Geschäftsberichte von Jahr zu Jahr weniger lesbar werden.

Auch Finanzmarktexperten halten Swiss GAAP FER für veraltet.

Schmidheiny: Mir persönlich ist nie eine negative Bemerkung in dieser Sache zugetragen worden. Zudem reagiert auch die Börse offensichtlich nicht negativ auf unsere Rechnungslegung.

Das Handelsvolumen in Conzzeta-Aktien ist aufgrund des tiefen Free Float relativ gering. Eine Aktie kostet zudem gut 2600 Fr., was den Handel zusätzlich bremst. Kommt ein Split in Frage?

Schmidheiny: Eine solche Massnahme kurbelt meiner Meinung nach das Handelsvolumen nicht an. Wer die Gebührenstrukturen für Aktientransaktionen kennt, weiss: Aufträge unter 100000 Fr. machen keinen Sinn. Deshalb ändert es nichts, wenn der Anleger eine Conzzeta-Aktie à 2600 Fr. oder 10 Aktien à 260 Fr. kauft.

Eine Aktie zum Preis von 260 Fr. könnte Kleinanleger anlocken.

Schmidheiny: Das glaube ich nicht. Wie erwähnt, dürften viele der frei handelbaren Titel in Besitz von institutionellen Investoren sein. Daran muss sich meiner Meinung nach nichts ändern.

Auch dies rügt der Finanzmarkt: Die Conzzeta-Führung kümmere sich zu wenig um die Kursperformance.

Schmidheiny: Weder ich noch das Management sind darauf aus, Massnahmen zu ergreifen, die zur Schau dienen und kurzfristig den Aktienkurs treiben. Ich freue mich, wenn sich die Firma gut entwickelt und in der Folge der Kurs steigt. Alles andere interessiert uns nicht.

Der Kurs der Conzzeta-Aktie entwickelt sich seit mehreren Jahren im Gleichschritt mit dem Swiss Performance Index. Der legte in den vergangenen 365 Tagen 26% zu. Warum sind Sie nicht ambitionierter?

Schmidheiny: Unsere Aktie ist innert Jahresfrist um 30% gestiegen. Das ist doch hervorragend. Tegula interveniert dabei nicht am Aktienmarkt und profitiert nicht von Kursgewinnen. Das mag konservativ erscheinen. Ich sage: Wir sind berechenbar.

Heisst das, dass sich an der Beteiligungsstruktur mittelfristig nichts verändern wird?

Schmidheiny: Tegula ist im Besitz verschiedener Familien. Derzeit gibt es keinen Anlass, an den bestehenden Verhältnissen etwas zu verändern. Das muss aber nicht für immer so bleiben.

Sollte Tegula je Anteile ihrer Beteiligung abtreten: Wo würde das Paket platziert?

Schmidheiny: Wir würden wahrscheinlich nach einem strategischen Partner Ausschau halten, der sich langfristig bei Conzzeta engagieren wird. Aber wie gesagt: Im Moment gibt es überhaupt keine Überlegungen in diese Richtung.

Sie gehören zu einer der letzten grossen Schweizer Unternehmerdynastien, die noch in ihrem Familienunternehmen aktiv ist. Wie beurteilen Sie die Diskussion rund um die ausländischen Investoren, die Schweizer Traditionsfirmen kaufen?

Schmidheiny: Jede Veränderung beunruhigt. Verschwindet irgendwo ein Traditionsgeschäft und eine Modeboutique tritt an seine Stelle, dann fragt man sich im ersten Moment: Muss das sein? Gerade Arbeitnehmer eines Traditionsunternehmens reagieren so. Dabei muss eine Veränderung nicht zwingend negativ sein.

Sie unterstützen ausländische Investoren, die Konzerne wie Unaxis - ehemals Oerlikon Bührle - und Saurer gekauft haben?

Schmidheiny: Mir ist die Passfarbe eines Investors egal, sie kann rot, grün oder blau sein. Wo ich skeptisch bin: Wenn mit Finanzkonstrukten, die über eine schwache Eigenkapitalquote verfügen, ganze Gesellschaften beherrscht werden. Hier genügt eine Konjunkturflaute und die Konstrukte brechen zusammen wie ein Kartenhaus.

Waren die Übernahmen der Schweizer Traditionskonzerne nötig?

Schmidheiny: Mich beschäftigt nicht der Eigentümerwechsel. Traurig ist, wenn gesunde Strukturen aus spekulativen Gründen mit undurchsichtigen Finanzoperationen vernichtet werden. In diesen Zusammenhang fällt auch die Übernahme von Unaxis, bei der ich mich frage, ob die heutigen Besitzerstrukturen tatsächlich so stabil sind, wie beteuert wird.

Dass Konzerne wie Unaxis die Hand wechseln konnten, war aber nur dank Aktionären möglich, die bereit waren, zu verkaufen.

Schmidheiny: Das ist im Sinne der Aktionärsdemokratie auch in Ordnung. Dagegen bin ich, wenn eine Konzernführung durch komplizierte Finanzkonstrukte ausgehebelt wird und wenn für die intervenierenden Investoren nur der kurzfristige Profit im Vordergrund steht.

Zurück zu Conzzeta: Wo steht Ihr ¬Unternehmen nach den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftjahres?

Schmidheiny: Das 2. Tertial hat sehr gut begonnen. Ich befürchte allerdings, dass sich die Konjunktur leicht abkühlen wird.

Gibt es bereits erste Anzeichen dafür beim Bestellungseingang?

Schmidheiny: Bis jetzt nicht. Noch sehen wir keine Wolke am Horizont. Zu erwähnen ist einzig Nordamerika, wo sich die Geschäfte etwas schwächer entwickeln.

Welche Ihrer Segmente sind davon betroffen?

Schmidheiny: Den Trend beobachten wir in allen unseren Segmenten, wobei unser Hauptumsatzträger - der Anlagen- und Maschinenbau - die deutlichsten Signale sendet.

Was sind die Gründe?

Schmidheiny: Das ist schwer zu sagen, ich bin kein Konjunkturexperte.



Conzzeta möchte eine Ebit-Marge von 7% erreichen. Wird dies 2007 gelingen?

Schmidheiny: Meiner Meinung nach sollten wir dies erreichen. Im Vorjahr waren wir mit 6,3% ja bereits nahe dran.

Dass Conzzeta die Betriebsmarge von 7% im Vorjahr nicht erreichte, hängt mit den Problemen in den Bereichen Systeme zur Glasbearbeitung und Automatisationssysteme zusammen. Welche Fortschritte haben die Sparten mittlerweile gemacht?

Schmidheiny: Wir haben bereits sehr viel daran gearbeitet. Natürlich können wir das Blatt nicht von heute auf morgen wenden. Die Geschäftseinheit Bystronic Glass wird von einem neuen, mittlerweile gut eingespielten Team geführt.

Und das reicht?

Schmidheiny: Ich bin zuversichtlich, dass die gesetzten Ziele erreicht werden. Inwieweit sich die Anstrengungen 2007 auf die Bottom Line auswirken, wird sich zeigen. Aufträge, die 2006 akquiriert wurden und nicht rentabel genug sind, werden auch noch 2007 zu spüren sein. Ab 2008 aber werden sich alle unsere Bemühungen positiv auswirken. Dasselbe gilt für den Automationsbereich, allerdings würde ich die Fortschritte hier weniger prononciert beschreiben.

Conzzeta setzt vorwiegend auf organisches Wachstum. Gibt es trotzdem Akquisitionspläne?

Schmidheiny: Zur Diskussionen stehen derzeit lediglich Arrondierungen, die uns Zugänge zu neuen Produkten oder Märkten verschaffen. Wir haben keine Pläne, grosse Übernahmen zu tätigen. Allerdings werden wir mögliche grosse Chancen nicht an uns vorbeiziehen lassen, sondern diese genau prüfen.