Das ist doch dieser verrückte Kerl, der eine Spezialbewilligung des Regierungsrates brauchte, weil er noch nicht 20 Jahre alt war und heiraten wollte, obwohl seine künftige Frau nicht schwanger war, erinnert sich ein ehemaliger Generalsekretär der Administration des Kantons St.Gallen. «Genau so war es», sagt Juan Vörös (sprich «Vörrösch») lachend.

Ein Gespräch mit ihm ist erfrischend und voller Überraschungen. Wer rechnet schon damit, dass der ehemalige Dell-CEO Schweiz einen Kriminalroman geschrieben und obendrein mit Erfolg vermarktet hat? Der Inhalt des Buches es trägt den Titel «Eugster» ist filmreif. Es geht um einen Bankier, dessen Kind entführt wird. Das Pikante daran: Es gibt in der Heimatstadt von Vörös, in St.Gallen, tatsächlich einen Bankier dieses Namens; er hat während Jahrzehnten die älteste Privatbank der Schweiz geleitet. Aber der Name ist wie Vörös versichert rein zufällig gewählt. Kommt hinzu, dass besagter Bankier keine Kinder hat.

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Vörös hat eine Karriere gemacht, die von viel Selbstdisziplin zeugt. Es scheint ihm geradezu Spass zu machen, einen eigenen Weg gefunden zu haben, um ohne Vitamin B vorwärts zu kommen. Das begann schon während seines Studiums an der HWV in St.Gallen, wo er mit dem besten Diplom abschloss. Um sich finanziell über Wasser zu halten, verkaufte er nebenbei Versicherungen und liess sich an der Migros-Klubschule als Lehrer verpflichten. «Das war hart verdientes Geld», sagt er rückblickend. Auf ein Beispiel angesprochen, muss er sich nicht lange besinnen. «Es galt, unter anderem Autolackierern die deutsche Literatur näher zu bringen.» Das habe ziemlich viel Geduld erfordert.

Abstecher in die Selbstständigkeit

Im Rahmen eines Praktikums arbeitete der Student als Versicherungsagent bei der Helvetia Feuer. Könnte er heute noch Versicherungen verkaufen? «Ich glaube schon, die Grundkenntnisse, die ich damals erworben habe, sind heute noch gültig.» Heute verkauft er allerdings etwas ganz anderes. Jens Alder, CEO von Swisscom, hat Vörös als «Head Group Client Management» in das Swisscom-«Topmanagement» berufen. Dort baut er ein neues Team für die Zusammenarbeit mit Grosskunden der Swisscom auf. Vörös ist Jens Alder direkt unterstellt.

«Ziel ist es, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, Lösungen zu entwickeln und das Feedback dieser Bemühungen in die Strategie der Swisscom einfliessen zu lassen. Das Team arbeitet gruppengesellschaftlich übergreifend und stellt damit sicher, dass die gesamte Angebotspalette der Swisscom berücksichtigt wird. Dazu gehören etwa Lösungen und Dienstleistungen der Bereiche Fixnet, Mobile, Enterprise Solutions und IT Services.» So steht es in seinem Pflichtenheft.

Die Voraussetzungen für diese Aufgabe sollte er eigentlich mitbringen. Angefangen hat er nach der HWV als Verkäufer bei IBM. «Damals war Microsoft noch kaum bekannt», blendet er in jene Zeit zurück. Ende der 80er Jahre gründete Vörös seine eigene Software-Firma. «Ich wollte endlich selbstständig sein.» Mit drei Leuten begann er und baute sein Kleinunternehmen auf 40 Mitarbeiter aus. Dann verkaufte er die Ecola/EDV Treuhand, für die er offenbar einen guten Preis lösen konnte. Wie wäre es sonst denkbar, dass er sich zurücklehnen und den besagten Krimi schreiben konnte? «Das war eine tolle Rekreationsphase. Aber schliesslich lockte mich doch wieder die Frontarbeit.»

Er liess sich bei Bosslab AG in Manno TI anheuern, wo Softwarelösungen für Banken zum Kerngeschäft gehören. «Diese Zeit im Tessin bedeutet mir heute noch sehr viel. Ich habe die Italianità lieben gelernt eine Leichtigkeit des Seins, ohne dass darunter die Seriosität des Geschäfts leiden muss.» Apropos Italianità: Vörös behauptet, jedes Grotto, auch im hintersten Tessiner Krachen, zu kennen. Das sieht man ihm nicht an. Kunststück: Er betreibt so ungefähr alle Sportarten, die es gibt, inklusive kilometerlange Schwimmeskapaden im Vierwaldstättersee. Vörös wohnt in Hertenstein und kann vom Haus aus in der Badehose ins Wasser springen.

Aber dann gibt es doch ein überraschendes Element, das bei Managern nicht gerade üblich ist und eher ihren Frauen zugeordnet wird: Vörös geht regelmässig ins Aerobic-Training. Wir machen die Probe aufs Exempel. Er zieht nach gutem Zureden tatsächlich das Jakett aus und macht vor, was er dort so praktiziert. Der Test ist bestanden, seine Beweglichkeit mustergültig, auch wenn es darum geht, mit der Nasenspitze bei gestreckten Beinen das Knie zu berühren. Also zurück zum ernsthaften Gespräch. Bevor Vörös zu Dell, dem grössten PC-Hersteller der Welt, kam, machte er einen Abstecher zu Unisys, wo er für die Einführung von Standard- und individuellen Kundenlösungen verantwortlich war.

Obwohl er nicht den Eindruck erweckt, mit seinen früheren Leistungen zu prahlen, erwähnt er dann aber doch, dass unter seiner Leitung die Umsätze pro Jahr um 20% und der Profit um mehr als 100% gesteigert worden sind. Auch bei seiner vorletzten Station auf dem Weg zum Topkader der Swisscom ersieht man aus den Annalen, dass er zusammen mit seinem Team innert drei Jahren bei Dell Schweiz den Marktanteil von 9 auf 17% steigern konnte. «Hier habe ich gelernt, wie ein Geschäft über eine Vielzahl von Messgrössen präzise gesteuert und weiterentwickelt werden kann. Zudem zeigt Dell als Kostenführer der Branche auf, wie auch ein effizientes Businessmodell ständig verbessert werden kann.»

Vörös mag nicht ferngesteuert sein

Um ein Beispiel gebeten, bittet Vörös ausdrücklich darum, den Begriff «Käfighaltung» nicht zu verwenden. Aber was er schildert, erweckt halt diese Assoziation. «Sagen wir es einmal so: Das Risiko, in den Büroräumen von Dell von einem Grippevirus erfasst zu werden, war relativ hoch.» Hier schimmert wieder seine Formulierfreudigkeit durch. Wahrscheinlich wird er irgendwann sein nächstes Buch schreiben.

Aber noch etwas wird im Gespräch deutlich: So gut ihm der Job bei Dell frommte und er nach wie vor ein Fan dieses Unternehmens ist, so sehr schien er darunter gelitten zu haben, dass er letztlich fremdbestimmt war. Im Headquarter wurden die wichtigsten Entscheide gefällt. Das hat dazu geführt, dass er sich bei Swisscom bewarb. «Im Gespräch mit Jens Alder habe ich sofort gespürt, dass ich dort mehr Freiraum habe und kreativer arbeiten kann. Das war für mich entscheidend.»

Vörös erzählt, dass er immer wieder Freiräume und auch die Konfrontation gesucht habe. «Das begann schon während der Kantizeit, wo ich Autoritäten ohne Kompetenzen in Frage stellte.» Er bezeichnet sich als Angehöriger jener Generation, die zwischen den Verweigerern der 68er und den Konsumfetischisten hin- und hergerissen war. «Ich gehöre wahrscheinlich zu den 78ern, die beide Elemente vereinen.»

Dass bei einem so grossen beruflichen und sportlichen Engagement nicht gerade viel Zeit bleibt, um seiner Frau bei der Erziehung der vier Kinder, beim Kochen und beim Gärtnern zur Hand zu gehen, liegt auf der Hand. «Ich kann weder kochen noch habe ich einen grünen Daumen.» Zum Entspannen lässt er sich von seiner Angetrauten kulinarisch verwöhnen und kümmert sich, falls sich Zeitfenster ergeben, um Probleme, die seine Jungschar bewegen.

Lesen gehört aber immer noch zu seinen Hobbys, zuoberst auf dem Büchertisch liegen Werke von russischen Klassikern wie Gogol, Tschechow oder Dostojewski. Warum eigentlich? «Deren Werke haben überhaupt nichts mit meiner Lebensweise zu tun, vielleicht faszinieren sie mich gerade deshalb.»

Profil: Steckbrief

Name: Juan Vörös

Funktion: Head Group Client Management, Mitglied des Topkaders der Swisscom

Alter: 45

Wohnort: Weggis/Hertenstein

Familie: Verheiratet, vier Kinder

Transportmittel: SBB, Geschäftsauto, LotusElise, Fahrrad, Schuhe

Karriere:

1988-1994 Geschäftsführer und Inhaber Ecola AG/EDV Treuhand AG

1995-1996 Bosslab AG, Manno, Sales and Marketing Manager

1998-2000 General Manager Information Services Unisys Schweiz AG

2000-2003 General Manager Dell Schweiz S.A.

Seit Januar 2004 Head Group Client Management Swisscom AG

Firma:

Swisscom erwirtschaftet einen Jahresumsatz von mehr als 14 Mrd Fr. und beschäftigt rund 19500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Swisscom-Gruppe ist als ehemalige Monopolistin das führende Schweizer Telekom-Unternehmen. Der Bund hält 62,7% des Aktienkapitals. Swisscom betreut hoheitlich rund 500000 ADSL-Anschlüsse und hat knapp 4 Mio Mobile-Kunden.