Wo siedeln Sie Ihr Haus in der schweizerischen Museumslandschaft an?

Roland Wäspe: Natürlich an der Spitze! Ein Kunstmuseum wie St. Gallen kann nur dann bestehen, wenn es ein eigenes unverwechselbares Profil hat und die wichtigen Künstler der Region ? wie in unserem Fall beispielsweise Roman Signer oder Pipilotti Rist ? früh erkennt und ihnen eine Plattform gibt. Entscheidend ist auch, dass diese Ausstellungen in jenen internationalen Kontext gesetzt werden können, der nur einen Massstab kennt, nämlich Qualität. Wir wollen kein «Kraut-und-Rüben-Programm» bieten, sondern wir wollen uns erstklassig, diskret und mit Raffinesse präsentieren.

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Welche Ausstellungen waren Ihre bisher erfolgreichsten?

Wäspe: Ein «Renner» im historischen Bereich war die Segantini-Ausstellung 1999, die sich durchaus mit der derzeitigen Hodler-Ausstellung im Kunstmuseum Bern vergleichen lässt. Eine solche Ausstellung in einem Museum unserer Grösse zu organisieren, war eigentlich Wahnsinn. Damit lässt sich die Grenze der Leistungsfähigkeit eines mittleren Hauses gut definieren. Auch die Ausstellung «Andy Warhol Self-Portraits» von 2004 war ein Kraftakt mit Publikumserfolg. Nur dank befreundeten Kuratoren in Hannover und Edinburgh, grossartigen Leihgebern und einem Galeristen wie Bruno Bischofberger war in diesem Fall die Umsetzung möglich. Daneben ist es uns aber auch ein Anliegen, Künstlerpersönlichkeiten früh zu pflegen und sie mit substanziellen Publikationen zu unterstützen.

Die Ablehnung der Erweiterung des Kunstmuseums 2004 in einer Volksabstimmung hat St. Gallen kulturell ein angeschlagenes Image besorgt. Wie steht es um die Zukunft?

Wäspe: Die Zukunft sieht positiv aus, denn seit kurzem haben sich Stadt und Kanton St. Gallen dahingehend geeinigt, dass sie die aus gesamtschweizerischer Perspektive bedeutenden Museen, das Kunstmuseum und das Textilmuseum, umfassend unterstützen. Zusätzlich werden wir in der ehemaligen Lokremise, die vom Kanton zum Kulturzentrum ausgebaut wird, neue Möglichkeiten erhalten. Diese Erneuerungen und die Kooperation mit den Museen in Bregenz, Vaduz und Chur eröffnen neue Perspektiven.

Hat sich diese Kooperation für alle Museen bewährt?

Wäspe: Die Kooperation ermöglicht einen gemeinsamen Werbeauftritt und hat alle Häuser dazu veranlasst, ihre spezifischen Profile klar zu umreissen.

Wie steht es um Sponsoren? Was bieten Sie diesen?

Wäspe: Sponsoren zu finden ist für ein mittelgrosses Museum nicht einfach, denn nicht alle Ausstellungen können die Marketingabteilungen von Unternehmen begeistern. Deshalb ist eine Harmonie zwischen den Interessen des Sponsors und dem Kulturinstitut sehr wichtig. Mit der derzeitigen Ausstellung von Erwin Wurm war es möglich, mit der Bank CA St. Gallen und Ernst & Young gleich zwei Firmen zu gewinnen. Auch solche Unternehmen, die ihre Hauptsitze in St. Gallen haben, wie die Raiffeisen-Gruppe oder die Helvetia, gehören zu unseren Sponsoren.

Alle Museen klagen zurzeit über die hohen Preise auf dem Kunstmarkt. Können Sie dort überhaupt noch Ankäufe tätigen?

Wäspe: Unser Ankaufsbudget beträgt genau 8000 Fr. pro Jahr? Leider findet man in den aktuellen Rechnungen der Stiftung St. Galler Museen keine genügenden Ankaufsmittel. Dies muss geändert werden, denn sonst ist eine Institution wie die unsere nicht lebensfähig. Glücklicherweise gibt es aber immer wieder Beiträge aus privaten und öffentlichen Stiftungen. Damit konnten wir in der Vergangenheit bedeutende Kunstwerke erwerben ? erst kürzlich zusammen mit dem Museum für Moderne Kunst in Frankfurt und dem Kunstmuseum Liechtenstein die hervorragende Sammlung von Rolf Ricke, einem der Pioniere in der Vermittlung zeitgenössischer Kunst.

Dieser Ankauf gab tatsächlich zu reden im vergangenen Jahr. Wieso hat Rolf Ricke nicht an ein grosses internationales Museum verkauft?

Wäspe: Rolf Ricke hat sich sehr genau mit der Frage auseinandergesetzt, welche Häuser für seine Sammlung in Frage kämen. Der Verkaufspreis von 4,5 Mio Euro widerspiegelt deshalb nur sehr mittelbar den tatsächlichen Wert. Der Kontakt mit dem Sammler ist nach wie vor sehr eng, weil alle drei Museen seine Haltung zur Kunst teilen hinsichtlich der Auffassung, was bildende Kunst leisten kann, was vermittelt werden soll und was es heisst, sich dafür zu engagieren. Es geht dabei nicht nur um die geschmackvolle Dekoration eines Interieurs mit etwas Passendem.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Kunstmuseums St. Gallen?

Wäspe: Dass wir die Agilität, die unser kleines Team zusammen mit den übergeordneten Gremien des Kunstvereins und der Stiftung St. Galler Museen hat, aufrechterhalten können und nahe beim Publikum bleiben. Und natürlich, dass wir nicht untergehen in die Masse.