Die grösste Backstube Europas steht unter neuer Leitung. Kevin Toland übernimmt das Kommando beim irisch-schweizerischen Unternehmen Aryzta. Der 51-jährige ersetzt Owen Killian, der das Unternehmen auf Ende März verlassen hat. Aryzta-Präsident Gary McGann spricht von einem «Weltklasse-CEO», der zum Unternehmen stosse. Analysten begrüssen die neue Personalie. Die Aktie steigt bis Freitagmittag um über 4 Prozent.

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Kevin Toland kommt vom irischen Flughafenbetreiber «daa». Die Gesellschaft ist Besitzerin und Betreiberin der zwei grössten Flughäfen in IrlandDublin und Cork. Zur Gruppe gehören ausserdem der Reisedetailhändler und Dufry-Konkurrent Aer Rianta International sowie eine 20-Prozent-Minderheit am Flughafen Düsseldorf.

Schweizer Bosse

Bei Aryzta muss Toland sich zwei Personen der Schweizer Wirtschaft unterordnen: Rolf Watter und Wolfgang Werlé sitzen im Verwaltungsrat der Backstube. Watter ist seit über 20 Jahren Partner bei der renommierten Anwaltskanzlei Bär & Karrer. Sein Spezialgebiet: Corporate Governance. Deshalb sitzt Watter auch als Präsident im Verwaltungsrat von Postfinance und war einst an der Spitze des Telekomunternehmens Cablecom (heute UPC) sowie des Dentalimplantate-Herstellers Nobel Biocare.

Werlé ist seit 2008 Teil des strategischen Gremiums von Aryzta. Der Deutsche mit Swissair-Vergangenheit präsidierte die Grossbäckerei Hiestand, bevor sie von Aryzta aufgekauft wurde. Anschliessend zog er in den Verwaltungsrat des irisch-schweizerischen Konzerns ein. Weder Werlé noch Watter wollen sich zur neuen Personalie äussern.

Unbeschriebenes Blatt

Toland ist ein unbeschriebenes Blatt in der Schweiz. Seine bisherige Karriere hat er in Russland, Zentraleuropa, Irland und Amerika verbracht. Er ist ein Finanzexperte, ausgebildet am Dubliner Irish Management Institute.

Der neue Chefbäcker wuchs in Navan auf. Die Stadt liegt knapp eine Stunde nördlich von der Hauptstadt Dublin. Mit knapp über 30'000 Einwohnern ist sie gemessen an der Bevölkerung die zehntgrösste Stadt der Insel. Die Wirtschaft ist geprägt von jahrzehntelangem Teppichhandel und Zinkabbau. Die ganze Region hat einen eher ländlichen Charakter, einzig der James-Bond-Darsteller Pierce Brosnan bringt dem Städtchen etwas Weltmännisches. Der Hollywood-Star – 14 Jahre älter als Toland – verbrachte seine Jugendjahre in Navan.

Mann vom Land

Die ländliche Jugend hat den Top-Manager geprägt. Er gilt als verschwiegen. Obschon er seit vier Jahren einer der wichtigsten Männer in der irischen Luftfahrt und deshalb auch politisch umstritten ist, gibt es kaum Informationen über das Privatleben des dreifachen Vaters. Ein Journalist der grössten irischen Tageszeitung «Irish Independent» brachte es auf folgende Formel: «Toland verabscheut es, über Privates zu reden.»

Stattdessen redet Toland übers Geschäft – sachlich, aber klar. Als er beim irischen Flughafenbetreiber anfing, waren die Zahlen schlecht, die Finanzen miserabel, der Haussegen hing schief. Die Zahl der Passagiere an den Flughäfen Dublin und Cork summierte sich auf 18 Millionen, der Umsatz lag bei 500 Millionen Euro, der Gewinn war kaum grösser als null, Platzhirsch Ryanair und der Flughafen zofften sich in der Öffentlichkeit. «Das grosse Thema für mich war, mit welcher Strategie wir zu Wachstum zurückfinden wollen», sagte Toland einige Zeit nach seinem Stellenantritt in Dublin.

Turnaround geschafft

Die Bilanz nach vier Jahren lässt sich sehen. Ryanair und der Flughafenbetreiber haben sich wieder lieb. Der Umsatz der von Toland geleiteten Gruppe liegt bei fast 700 Millionen Euro – das ist ein Plus von 200 Millionen Euro. Die Zahl der Passagiere in Dublin und Cork liegt 10 Millionen höher. Dublin war im letzten Jahr mit einem Wachstum von fast 12 Prozent das am schnellsten wachsende Luftfahrtdrehkreuz Europas. Zum Vergleich: Die Werte des Flughafen Zürichs liegen – je nach Messgrösse – bei 2 oder 6 Prozent.

Die Zahlen sind eindeutig: Toland hat den Flughafenbetreiber auf eine neue Spur geführt. Eine erfolgreiche Spur. Das hat sein neuer Arbeitgeber Aryzta dringend nötig. Für die ersten  Monate des laufenden Geschäftsjahres hat das Unternehmen einen rückläufigen Umsatz und deutlich tiefere Gewinnzahlen vermeldet. Der Konzern leidet ausserdem unter einer hohen Schuldenlast.

Bescheidenheit statt Gier

Nicht zuletzt ist die alte Führungsriege als Trupp gieriger Manager verschrien. 2014 waren Ex-CEO Killian und seine Entourage die bestverdienenden Manager Irlands. Gemeinsam kassierten sie fast 66 Millionen Euro.

Toland tickt in dieser Hinsicht ganz anders. Bevor er beim Flughafen Dublin ins Chefcockpit sass, lebte er mit seiner Familie in Chicago. Er war Boss einer amerikanischen Käsefirma. Lohn: 1 Million Euro. Der Wechsel nach Dublin kostete ihn satte drei Viertel seines Salärs. Toland verzichtete auf 750'000 Euro. In den letzten Jahren begnügte er sich mit einem Salär von 250'000 Euro.