Der Privatkunden-Mobilfunkmarkt in der Schweiz kann als ziemlich gesättigt betrachtet werden: Die Preise fallen, die Produktevielfalt wächst laufend, Kunden- und Umsatzzahlen stagnieren, und zusätzlich sind viele neue Player in diesen Markt eingestiegen, etwa Coop Mobile, M-Budget-Mobile, Mobilezone und Tele2. Für den Geschäftskunden-Mobilmarkt wird jedoch eine starke Zuwachsrate in den nächsten Jahren prognostiziert.

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Bedingt pflegeleicht

Telecom-Angebote für grosse Geschäftskunden sind zwar zahlreich und an deren Bedürfnisse angepasst, den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) jedoch werden diese kaum gerecht. KMU beschäftigen aber zwei Drittel der gesamten schweizerischen Arbeitskräfte und angenommen, dass sich das Umsatzpotenzial proportional zur Anzahl Beschäftigter verhält werden sie im Jahr 2007 ein wachsendes, nicht zu vernachlässigendes Umsatzpotenzial von rund 3 Mrd Fr. darstellen.

Hinzu kommt, dass KMU, obwohl schwierig zu akquirieren und zu pflegen, gegenüber grösseren Firmen verschiedene Vorteile aufweisen: Sie haben eine kleinere Kaufkraft, sie akzeptieren Standardlösungen, und Weiterempfehlungen erfolgen oft durch Mund-zu-Mund-Propaganda, sodass Werbungs- und Akquisitionskosten reduziert werden können.

Da ihr Geschäftspotenzial nicht genügend ausgeschöpft ist, sollten Mobilnetzbetreiber sich verstärkt auf KMU konzentrieren. Dazu ist aber zwingend erforderlich, dass sich die Mobilnetzbetreiber intensiver mit Telecom-Verhalten und -bedürfnissen der KMU auseinander setzen und deren Geschäft kennen und verstehen.

Obwohl KMU sehr unterschiedlich sind und unterschiedliche Telecom-Bedürfnisse zeigen, weisen sie trotzdem mehrere Gemeinsamkeiten auf. Ihre Geschäftsziele sind ähnlich, wenn nicht identisch: Man strebt nach Flexibilitäts- und Produktivitätserhöhung, Kostensenkungen und Gewinnmaximierung. Diese Gemeinsamkeiten widerspiegeln sich auch im TelecomVerhalten und den -bedürfnissen.

Man könnte natürlich argumentieren, dass Geschäftskunden nicht ausgeprägt preissensitiv sind. Dies mag wohl für Grossfirmen zutreffen, nicht jedoch für KMU, die sehr auf ihre Ausgaben achten müssen. Dies hat zur Folge, dass Mobilanschlüsse sparsam verteilt und Rechnungen strikte kontrolliert werden. Zudem werden neue mobile Dienstleistungen wie Datendienste aufgrund einer negativen Preiswahrnehmung nur sehr zögerlich akzeptiert und eingeführt.

Um KMU anzureizen, mehr Mobildienste zu verwenden, sollten Netzbetreiber ein innovatives und mutiges Produkt einführen. Eine uninspirierte Kleine-Schritte-Strategie, wie sie zurzeit von den Mobilnetzbetreibern verfolgt wird, wird kaum bemerkenswerte Resultate bringen.

Fixed-to-Mobile-Substitution

Um eine FMS anzuregen, muss aber das richtige Produkt angeboten werden. Deshalb sollte den KMU nur ein Abonnement mit wenigen Optionen angeboten werden. Alle Funktionalitäten heutiger privater Vermittlungsanlagen (wie beispielsweise die Weiterleitung von laufenden Anrufen und die Erreichbarkeit via eine Festnetznummer) sollten im Grundabonnement enthalten sein. Als Abrechnungsprinzip sollte ein «Pay per use»-System für seltene Benutzer und, als Option, ein Pauschalsystem für häufige Benutzer angewendet werden. Das Pauschalsystem sollte wenn möglich eine unbegrenzte Flat rate, sonst eine Adaptive shared flat rate (die sich automatisch der günstigsten Gebühr anpasst und in der die Pauschalgrenzen für die ganze Firma kumuliert werden) beinhalten. Die Gebühren sollten markant unter den jetzigen liegen.

Eine FMS bietet den KMU viele Vorteile. Die Komplexität und die Kosten der Telecom-Infrastruktur werden reduziert und die Flexibilität und die Mobilität aller Mitarbeiter werden verbessert. Die Konsequenz ist eine Produktivitätssteigerung, wie mehrere unabhängige Studien bewiesen haben. Eine hat zum Beispiel gezeigt, dass nach einer FMS die Produktivität von Mitarbeitern und Firma um 20% bzw. 6% gestiegen war, unabhängig von der Branche. Eine solche Lösung wird deshalb die Änderungstreiber deutlich verbessern und die Änderungshindernisse reduzieren (siehe Kasten).

Eine FMS weist aber auch für die Mobilnetzbetreiber Vorteile auf. Sie können neue KMU-Kunden und zusätzliche Anschlüsse von bestehenden Kunden anziehen. Die Kundenbindung wird erhöht und infolgedessen die teure Abwanderungsquote reduziert. Bei verbesserter Preiswahrnehmung wird ein solches Produkt die ideale Basis schaffen für die Verwendung von zusätzlichen Mobildiensten wie Datendienste, mit positivem Einfluss auf den durchschnittlichen Umsatz pro Kunde. Ein Beispiel für den Privatkundenmarkt ist die Einführung von Swisscom Liberty, wo dieses Produkt trotz tieferer Gebühren nicht nur eine Erhöhung der Anzahl Anrufe, sondern auch des Umsatzes verursacht hat.

Eine Frage des Vorsprungs

Um neue Kunden zu gewinnen, ist jedoch der Vorsprung gegenüber der Konkurrenz entscheidend. Der erste Mobilnetzbetreiber, der ein solches Produkt im KMU-Bereich anbietet, wird sich zweifellos als Marktführer für das KMU-Segment in den nächsten Jahren positionieren.

Milton Barella, Consultant, Intercai (Schweiz) AG, Wallisellen.

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KMU-Bedürfnisse: Von Treibern und Bremsern

Damit ein KMU seinen Konsum von Mobildiensten erhöht, muss sich die Situation betreffend seine Bedürfnisse verbessern. Bedürfnisse, an deren Verbesserung die Firma ein Interesse hat, werden auch als «Änderungstreiber» definiert. Darunter fallen beispielsweise die Themen «Einfachheit» und «Flexibilität».

Bedürfnisse, die nur teilweise verbessert werden können, die aber unbedingt nicht verschlechtert werden dürfen, sind als «Änderungshindernisse» definiert; sie entsprechen erworbenen Privilegien und Gewohnheiten, auf die die Unternehmen nicht verzichten wollen. Dazu gehören Fragen der Sicherheit, der Qualität, des Prestiges und der Zweckmässigkeit bzw. der Handlichkeit.

Der Kostenfaktor erscheint sowohl als Treiber als auch als Hindernis. Denn obschon eine Kostenreduktion einen Anreiz bietet, das Telecom-Verhalten zu verändern, wird derzeit wegen der hohen Kosten von Mobillösungen meist auf die Umsetzung verzichtet.