Krankenkassen-Prämien: So starken steigen sie per 2023

Boomende Finanzmärkte bescherten den Krankenversicherern im vergangenen Jahr ausgezeichnete Ergebnisse auf ihren finanziellen Rücklagen. Die 16 grössten Grundversicherer mit je mehr als 37’000 bis 1,5 Millionen Kundinnen und Kunden erzielten Finanzerträge von zusammen rund 560 Millionen Franken (siehe Tabelle). Ohne diese Erträge hätte die Branche einen Verlust von 950 Millionen Franken erlitten. So verbuchten 6 der grössten Grundversicherer Gewinne, die sich auf total 56 Millionen Franken beliefen. 10 Kassen verzeichneten einen kumulierten Verlust von 447 Millionen Franken. Der überwiegende Teil davon beruht allerdings auf einem Abbau der gesetzlich vorgeschriebenen Reserven in der Höhe von 380 Millionen Franken. 14 Krankenversicherer, darunter die meisten ganz grossen, nutzten dieses Instrument zur Senkung ihrer Prämien. Darum profitierten die Versicherten erstmals seit 2008 von einem Minus im Schnitt von 1,4 Prozent. Die Reserven der Krankenkassen schmelzen Diese Reserven, die unter anderem zur Abfederung nicht im Voraus kalkulierbarer Behandlungskosten einer Pandemie gebildet werden, sind trotz der Branchenverluste in etwa doppelt so hoch wie nötig. Sie beliefen sich Ende 2021 auf rund 12 Milliarden Franken. Doch in diesem Jahr werden sie happig schmelzen. Denn das Wachstum der Ausgaben der Krankenversicherer für Behandlungen in Arztpraxen oder Spitälern sowie für Medikamente ist überdurchschnittlich hoch. Pro Grundversicherten erhöhten sich diese Leistungskosten gemäss der Statistik des Bundesamts für Gesundheit (BAG) im ersten Quartal 2022 um 4,2 Prozent. Im Vergleich zur Vorjahresperiode sind nur die Ausgaben für Physiotherapien und Spitalaufenthalte gesunken – und zwar um 0,3 respektive 2,4 Prozent. Den höchsten Anstieg von satten 10 Prozent verzeichneten die ambulanten Behandlungen im Spital. Patientinnen und Patienten vermehrt nicht stationär zu behandeln, ist politisch gewollt. Allerdings bezahlen diese Ausgaben die Krankenversicherer voll. Von den Kosten für stationäre Aufenthalte müssen sie hingegen nur 45 Prozent übernehmen. Den Rest übernehmen die Kantone. Eine Abschwächung des Kostenanstiegs ist laut gut unterrichteten Branchenexpertinnen und -experten nicht in Sicht. Daher dürften die von den Versicherern bezahlten Nettokosten für Gesundheitsleistungen um rund 4,5 Prozent auf gegen 33 Milliarden Franken anschwellen, wie die «Handelszeitung» schätzt. Die Erhöhung um rund 1,4 Milliarden Franken deckt die auf dieses Jahr gesenkten Prämien nicht. Insgesamt zahlen wir 2023 rund 2 Milliarden Franken mehr Weil obendrein der Wind an den Finanzmärkten drastisch gekehrt hat, dürften auch die Finanzergebnisse tiefrot ausfallen. Diese Verluste könnten rasch einmal weitere 600 Millionen Franken ausmachen, was rund 5 Prozent der aktuell vorhandenen Reserven entspräche. Trifft dies ein, sinken die Finanzpolster insgesamt um 2 Milliarden und betragen noch rund 10 Milliarden Franken. Dies würde den Spielraum für einen weiteren Reserveabbau zur Prämiendämpfung stark einschränken. Selbst wenn der eine oder andere Versicherer noch Reserven abbaut und Finanzgewinne in die Prämienkalkulation einbaut: Die durchschnittliche Erhöhung dürfte sich im kommenden Jahr erstmals seit langem auf 7 bis 8 Prozent belaufen. Das entspricht einer Mehrbelastung der Versicherten von mehr als 2 Milliarden Franken, denn die Kassen müssen nur schon gut 4 Prozent aufschlagen, um die Unterdeckung wegen der diesjährigen Kostensteigerungen aufzufangen. Dazu kommen weitere gut 3 Prozent für den Anstieg des kommenden Jahres. Im Schnitt haben sich die Nettokosten seit 2010 um 3,6 Prozent pro Jahr erhöht. Comparis optimistischer, Santésuisse pessimistischer Die Sprecher und Sprecherinnen von Krankenversicherern wollten dazu keine Stellung beziehen. Das BAG verbietet ihnen, sich vor der offiziellen Bekanntgabe im Herbst zur Prämienentwicklung zu äussern. Optimistischer ist Felix Schneuwly. Der Krankenversicherungsexperte des Internetvergleichsdiensts Comparis schätzt die Kostenanstiege tiefer ein und rechnet mit einem Aufschlag um 5 Prozent. Verena Nold, Direktorin des Krankenversicherungsverbands Santésuisse, sagte hingegen im April in der «Tagesschau» von SRF, ohne Einsparungen im Gesundheitswesen drohten «Erhöhungen im zweistelligen Bereich». Das ist wohl übertrieben. Aber in einzelnen Regionen sind Mehrkosten von über 10 Prozent möglich.

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Krankenkassen-Prämien: So viel teurer wird es im 2023