Krise in Taiwan: Warum eine Eskalation gerade die Velo-Industrie hart treffen würde

Die Pandemie traf die Fahrradbranche stark: Während Produktionen im asiatischen Raum stillstanden, schoss die Nachfrage nach Zweirädern im europäischen und amerikanischen Raum steil in die Höhe. Die Folge waren Lieferengpässe, Wartezeiten und ausverkaufte Fahrradläden. Und jetzt landet Nancy Pelosi in Taiwan – und China startet Militärmanöver, während Übungen mit scharfer Munition angekündigt werden. Beim ersten Blick hat das alles nichts mit Fahrrädern zu tun – beim zweiten aber schon: Taiwan ist nach China der zweitgrösste Exporteur von Velorahmen und Fertigrädern weltweit. Der Exportumfang Chinas betrug im Jahr 2021 5,2 Milliarden Dollar, der von Taiwan 1,3 Milliarden Dollar. Hochwertige Ware aus Taiwan Man solle sich jedoch von dieser Zahl nicht täuschen lassen, denn Chinas Zahlen sind zwar höher, doch die qualitativ hochwertigen Fahrräder stammen grösstenteils aus Taiwan: «Taiwan und China waren die ersten grossen Fahrradlieferanten. Taiwan spezialisierte sich jedoch bereits in den 1990er Jahren auf Qualität, während China die Mengen im tieferpreisigen Segment liefert», weiss Martin Platter, Mediensprecher von Velosuisse, der Vereinigung der Schweizer Fahrradlieferanten. Wer mit einem E-Bike liebäugelt, könne davon ausgehen, dass es aus Taiwan stammt. Denn 53 Prozent aller Einfuhren von Elektrofahrrädern in die EU kamen aus Taiwan. Für die Schweiz sei es aber schwierig, genau abzuschätzen, wie hoch die Abhängigkeit von taiwanesischen Velos sei: «In Zahlen ist das nicht ganz einfach zu beziffern. Direkt aus Taiwan werden rund 8 Prozent des schweizerischen Gesamtvolumens bezogen.» Mehr zum Thema Taiwan, China, USA und die Schweiz Das sagt die chinesische Botschaft in Bern zu Pelosis Besuch in Taiwan Nancy Pelosi trifft Taiwans Präsidentin – China startet Militärmanöver China-Einfall in Taiwan: Schweiz könnte EU-Sanktionen übernehmen Xi Jinping warnt Joe Biden vor «Spiel mit dem Feuer» Bei ihrem wichtigsten europäischen Handelspartner Deutschland seien es rund 12 Prozent der Rahmen respektive ganze Fahrräder, und gar ein Drittel der E-Bikes, die sie in die Schweiz liefern. Da aber Schweizer Fahrradhändler und -händlerinnen auch Velos von anderen EU-Ländern beziehen, lässt sich vermuten, dass die effektive Abhängigkeit noch um einiges höher liegt. Schweizer lassen in Taiwan produzieren Wo sich Platter hingegen sicher ist: «China ist ein wichtiger Partner, da sie fast die Hälfte der Fahrräder und rund 18 Prozent der E-Bikes liefern. Aber trotzdem hat bei den E-Bikes und qualitativ hochwertigen Fahrrädern Taiwan schlicht die Nase vorn. Entsprechend ist eine gewisse Unruhe vorhanden.» Dass auch Schweizer in Taiwan produzieren lassen, bestätigt sich mit einem Anruf bei Schweizer Fahrradmarken. Das Bixs-Bike aus der Intercycle-Gruppe: Taiwan. Das E-Bike der Marke Flyer: Taiwan. Fahrräder werden oft in den gleichen Fabriken Taiwans hergestellt, wie ein Bericht der «Süddeutschen Zeitung» zeigt: Die Marken Felt und Kona lassen Rennräder bei der Fabrik Fairly Bike produzieren. Im Anschluss folgt der Wechsel in der Produktion vom Rennrad auf Bike und es entstehen Mountainbikes in Kleinserien der Firma Canyon, Stöckli oder Stromer. Mehr zur Fahrradbranche Velo-Pionier Thomas Binggeli: «DiCaprio fährt ein Thömus» Eflizzer: Dieses Startup bietet E-Mobilität aus einer Hand Gravelbike – ein Velo für alle Fälle «Keine Ahnung, warum die mich eingestellt haben» Jedes Fahrrad wird vor Ort ein erstes Mal zusammengestellt – mit Vorbau, Bremsen, Schaltung und Rädern – und geprüft, bevor sie wieder auseinandergebaut und ohne Vorderrad und Lenker zur europäischen oder amerikanischen Fahrradmarke verschickt werden. Diese bauen sie wieder auf und verkaufen sie im Anschluss unter ihrer Eigenmarke. Händler beobachten die Situation seit langem Die Chancen stehen also hoch, dass in vielen Schweizer Kellern ein Fahrrad aus Taiwan steht. Dass die Branche so kurz nach Corona bereits wieder mit unsicheren Zeiten rechnen muss, beruhigt nicht. Dass das Thema aber neu sei für die Fahrradhändler, wie das Corona zu Beginn war, verneint Martin Platter: «Die Spannungen zwischen China und Taiwan sind für die Velosuisse-Mitglieder nicht neu. Sie beobachten die Situation seit langem mit grossem Respekt und auch mit Besorgnis», erklärt der Mediensprecher von Velosuisse. Entsprechend seien sich die Velosuisse-Mitglieder der Situation bewusst – ob und welche Massnahmen sie jedoch treffen, ist bis jetzt nicht bekannt.

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Jetzt bangt die Schweizer Velo-Branche um ihre E-Bikes