Die Räumlichkeiten der Galerie Zur Stockeregg in Zürich wurden im Hinblick auf ihr 30-jähriges Jubiläum so renoviert, dass Klassik und Contemporary ihren eigenen Bereich haben. Kleinformatige Fotografien von Grössen wie Ansel Adams, Richard Avedon oder László Moholy-Nagy verlangen eine klare, aber doch intimere Atmosphäre als die grossformatigen zeitgenössischen Fotografien des Koreaners Bien-U Bae, welche in der derzeitigen Ausstellung zu sehen sind.

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Kaspar M. Fleischmann, Eigentümer und Direktor der Galerie, ist es zu verdanken, dass die Fotografie als Kunstform in der Schweiz Fuss fassen konnte. «Es waren enorme Anstrengungen nötig. Man musste zuerst die Fotografie als Medium, das auch zu den schönen Künsten gehört, vorstellen, ihre Entstehungsgeschichte aufzeigen und die wichtigen Exponenten präsentieren. Vor allem ging es darum, Publikum, Medien und Museen zu überzeugen, dass es den künstlerischen Fotografen um die Kunst ging und nicht nur um Dokumentation». Dass die Fotografie heute an fast allen grossen Ständen der Art Basel vertreten ist, gehört ebenfalls zum Verdienst von Fleischmann. Er war es, der 1991 den Fotografie-Sektor der Art Basel ins Leben rief. Zudem war er Mit-initiator der Photography Show New York und der Paris Photo.

Grosser Kenner der Materie

Kaspar Fleischmann gilt als einer der vehementesten Befürworter der analogen Fotografie. Diese lernte er als Kunstform Ende der 60er-Jahre in den USA kennen. Durch Kontakte mit Galeristen, Händlern, Kuratoren, Auktionshäusern und jenen Grössen unter den Fotografen, die damals noch lebten, trug er ein profundes Wissen zusammen: «Analoge Fotografie hat nicht nur mit höchster Fotokunst zu tun, sondern es geht auch um Technik, Laborarbeiten, Papierqualitäten und Optik.»

Foto-Preziosen zum Jubiläum

Zum Jubiläum legt die Galerie einen Fotoband vor, welcher die (käuflichen) Foto-Preziosen umsichtig in Szene setzt. An der Art Basel werden somit viele berühmte Namen wie Ansel Adams, Robert Frank, Albert Steiner oder Paul Strand vertreten sein. «Jede dieser Fotografien hat ihre eigene Geschichte. Gewisse Bilder fand ich durch Zufall, andere habe ich bewusst suchen müssen. Es sind aber auch Trouvaillen dabei und solche, die ich ersteigert habe. Jedes Bild wurde für unser Jubiläumsbuch sehr sorgfältig ausgewählt: Rarität, hohe Qualität und Wichtigkeit innerhalb des Gesamtwerkes des Künstlers waren für die Auswahl massgebend», so Fleischmann.

Speziell zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang ein Unikat von László Moholy-Nagy, «Nonne in Arles», fotografiert zirka 1929, ein «Vintage gelatin silver print» auf einem warmen Papier. Ein zweiter Abzug befindet sich im Getty Museum in Los Angeles. Künstlerisch beweist das Bild einen hohen Grad an Abstraktion, Licht und Schatten sind sehr intelligent eingesetzt. Wenn Kaspar M. Fleischmann weiter die Reduktion auf einzelne wesentliche Elemente in der Komposition hervorhebt, spürt man sofort seine Vertrautheit mit der Materie. Ein solches Bild zu veräussern, fällt ihm nicht leicht. Wichtig ist ihm, dass das Kunstwerk in gute Hände kommt.

Düstere Zukunft für Analoges

An der Art Basel werden auch zwei Fotografien aus der derzeit in der Stockeregg gezeigten Bildse-rie «Sacred Wood» von Bien-U Bae zu sehen sein. Konsequent bleibt Fleischmann aber auch hier, denn bei diesen grossformatigen schwarz-weiss Fotografien steht mit modernerem Verfahren ebenfalls die analoge Belichtung des Negativs im Vordergrund.

Die Zukunft der analogen Fotografie als Kunstform sieht der Galerist aber eher düster: «Ich glaube, dass die digitale Seite derart überhand nehmen wird, dass die Nachfrage nach Film und Papier so zusammenbricht, dass die Produktion eingestellt wird. Wie lange noch analog fotografiert werden kann, ist aber schwierig abzuschätzen. Vielleicht gibt gerade der digitale Wolkenbruch der analogen Fotografie Auftrieb und es kommt zu einer Wiederbelebung.»

Klassiker als Zeitspiegel

Die klassische Fotografie des 20. Jahrhunderts lässt sich zunehmend mit der klassischen Moderne in der Malerei vergleichen, denn auch sie gilt als Spiegel des Zeitgeschehens. Zwar ist das Preisniveau ein anderes als bei der klassischen Moderne, aber Wertsteigerungen sind unverkennbar.

Aus diesem Grund ist Fleischmann in Bezug auf den Erfolg der Art Basel sehr zuversichtlich. «Hochstehende Qualität wird ihren Wert behalten, die Schnelllebigkeit bringt es nicht», meint er und fügt als guten Rat hinzu: «Kunst muss man mit dem Herzen kaufen und nicht über den Kopf, eine gute Beratung ist allerdings wichtig».