Anton Affentranger ist schon zu Lebzeiten die Legende der Baubranche. Die Abwehrkämpfe, die er für Implenia gegen angelsächsische Heuschrecken-Investoren erfolgreich führte, trugen ihm das Image eines Haudegens ein. Laute Ansage, sehr direkter Führungsstil. Wechsel im Kader waren die Folge. Und dennoch gelang es Affentranger, die Investorengemeinde von der gefälligen Wachstumsstory Implenia zu überzeugen.

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Mit seinem treuen Schatzmeister Beat Fellmann, der lange Zeit als sein potenzieller Nachfolger galt (er wurde es überraschenderweise nicht), präsentierte Affentranger einen Höhenflug nach dem anderen. Jahr für Jahr tischte er Zahlen auf, die neue Rekordaufträge auswiesen. Die Ankeraktionäre Max Rössler und Rudolf Maag hielten dem Draufgänger die Stange.

5 Milliarden Franken Auftragsbestand und mehr in den Büchern – das klang eindrucksvoll. Die Margen waren es weniger. Was nützen die exorbitanten Bestelleingänge, wenn sie unterm Strich nicht wirklich einschenken? Vierzig bis siebzig Millionen Franken Gewinn – das sind gerade mal zwischen 1 bis 2 Prozent gemessen am Umsatz in den vergangenen zwei Jahren.

Fischen mit Tiefpreisen

Ganz zu schweigen vom Unmut in der Baubranche, von den Konkurrenten bis zu den Lieferanten. Dieser wuchs analog mit den vermeldeten Rekordaufträgen. Millionenlose wurden teils mit Tiefpreisen von Implenia an Land gezogen, hiess es, besonders im Tunnelbau – ein wenig lukratives 1-Prozent-Geschäft. Zahlungen an Lieferanten wurden hinausgezögert.

Die aktuelle Gewinnwarnung und die darauffolgende Kurskorrektur reflektieren den Gesamteindruck. Year-to-date legte das Implenia-Papier einen Kurssturz hin, der es in sich hat: der Aktienwert wurde mehr als halbiert.

Anton Affentranger, CEO Implenia, spricht an der Bilanzmedienkonferenz zum Jahresergebnis 2015 am Dienstag, 23. Februar 2016, in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Anton Affentranger: Lange Zeit der starke Mann bei Implenia.

Quelle: KEYSTONE/Ennio Leanza

Kritik der Investoren, die Affentrangers Geschichte nie recht glauben wollten, schlug er in den Wind. Seien doch die Zahlen mit jenen des Vorjahres kaum vergleichbar, weil Geschäfte anders oder neu berechnet wurden, zudem würden Zukäufe, neue Firmenstrukturen und die Auslandexpansion eben ein anderes Unternehmensbild ergeben.

All dies mache die Implenia von heute mit jener von gestern oder vorgestern wenig vergleichbar, beklagten Bankanalysten. Selbst für Aktienprofis war der Konzern wie ein Stück Seife: kaum fassbar.

Hohe Wertberichtigungen, höhere Gewinne 

Heute twittert der Ex-Implenia-Chef und Marathonmann lieber über Umwelt, Nachhaltigkeit und brasilianische Musikforscher. Seinem Nachfolger André Wyss, der dieses Jahr von der margenverwöhnten Novartis zum Bauriesen wechselte, hinterliess er eine Menge Altlasten. Und ein Geschenk: Alles, was Wyss jetzt wertberichtigt oder tiefer – womöglich realistischer – ausweist, hilft ihm später, sich als Gewinnbringer zu verkaufen. Er wird bemüht sein, so hohe Berichtigungen wie möglich in den Büchern auszuweisen. Dreistellige Millionensummen kursieren in der Branche. Seine Korrekturen von heute sind die Gewinne von morgen.