Larry Page und Sergey Brin: Die Google-Gründer sind vom Ruhestand noch weit entfernt

Seit ihrem Rückzug von Google im Jahr 2019 haben Larry Page und Sergey Brin Hunderte von Millionen Dollar in neue Unternehmen, persönliche Interessen und Mega-Spielzeuge gesteckt. Als sie gemeinsam ihren Rückzug von Google ankündigten, sagten sie, dass es für sie an der Zeit sei, einen Schritt zurückzutreten und «die Rolle stolzer Eltern zu übernehmen – mit Rat und Liebe, aber ohne tägliches Nörgeln!» Heute sieht deren Leben anders aus: Der eine liebt Partys, der andere seine Inseln. Larry Page hatte eine neue Idee für seine erschöpften Ingenieure: Hatten sie versucht, ein Flugzeug im 3D-Druckverfahren herzustellen? Der Google-Mitbegründer war nach fast drei Jahren Abstinenz aus der Öffentlichkeit wieder bei Kittyhawk, seinem strauchelnden Flugauto-Unternehmen, aufgetaucht. Pandemie auf Tavarua verbracht Seit seinem Rücktritt bei der Google-Muttergesellschaft Alphabet im Jahr 2019 hatte sich Page praktisch zurückgezogen und die meiste Zeit der Pandemie auf Tavarua, seiner privaten Insel auf den Fidschi-Inseln, verbracht. Doch in diesem Sommer versuchte er, die Kontrolle über seine mehrere hundert Millionen Dollar teure Investition zu übernehmen, als diese ausser Kontrolle geriet. Er wollte ein kleines Flugzeug bauen, das senkrecht abhebt und horizontal manövriert, aber mit einer Besonderheit: Es sollte vollelektrisch und selbststeuernd sein und über ein 3D-gedrucktes Fahrgestell verfügen. Aber Page kam zu spät, um das Unternehmen zu retten: Im September gab Kittyhawk bekannt, dass es seinen Betrieb einstellt. Pages grösstes Projekt, nach Google, war abgestürzt und verbrannt. Etwa zur selben Zeit, als Page versuchte, sein Unternehmen zu retten, feierte Sergey Brin – sein Partner bei der Gründung von Google – auf dem «Burning Man». Das ist ein jährlich stattfindendes Festival in den USA, wo neben Musik und Kunst unter anderem am siebten Festtag eine überdimensionale Statue eines Mannes angezündet wird. Brins Ehefrau und Elon Musk Im Gegensatz zu Page hatte sich Brin nur selten weit vom Rampenlicht entfernt. Seine Scheidung von der Anwältin und Philanthropin Nicole Shanahan sorgte für Schlagzeilen, nachdem Behauptungen aufgetaucht waren, dass Shanahan eine heimliche Affäre mit Brins einstigem Vertrauten Elon Musk gehabt haben soll. Der Tesla-Chef bestreitet die Affäre vehement. Um Dampf abzulassen, unternahm Brin eine Reise über den Pazifik in einem umgebauten Wasserflugzeug zum «Burning Man», wo er sich oben ohne in der Wüste von Nevada zeigte, umgeben von 80'000 Festivalbesuchern und geschmückt mit einer weltraumtypischen Halskette im Bandolier-Stil. Was Manager vom Burning Man lernen können 70'000 Menschen strömen jedes Jahr zum Burning Man in die Wüste Nevadas. CEO Marian Goodell erklärt, was Unternehmen von der Techno-, Kunst- und Selbstverwirklichungssause mitnehmen können. Weiterlesen. Manchmal tun sich im Verlauf menschlicher Ereignisse zwei Menschen zusammen, um etwas Grösseres als die Summe ihrer Teile hervorzubringen. Lennon und McCartney. Ben und Jerry. Fred Astaire und Ginger Rogers. Aber vielleicht haben noch nie zwei Partner so viel Reichtum geschaffen oder den globalen Informationsfluss so radikal verändert wie Page und Brin. Wie ihre Vorgänger – Bill Gates und Paul Allen bei Microsoft, Steve Jobs und Steve Wozniak bei Apple – waren die Google-Visionäre einst das kultigste Duo der Tech-Branche. Aber sie blieben viel länger zusammen – fast zwei Jahrzehnte – und schafften es, ihre Partnerschaft ohne eine erbitterte Trennung zu beenden. Die Einheimischen flüstern, Google besitze die Inseln selbst Zwei der reichsten und mächtigsten Männer der Welt waren plötzlich auf sich allein gestellt, frei von der Aufsicht des Unternehmens, den Forderungen der Aktionäre – und, zum ersten Mal seit Jahren, auch voneinander. Im Mamanuca-Archipel von Fidschi, ein paar Meilen westlich der geschäftigen Nadi Bay, liegt eine herzförmige Insel namens Tavarua. Tavarua ist ein Paradies mit weissen Sandstränden, die von einem atemberaubenden Korallenriff umgeben sind. Unter Surfern ist Tavarua legendär, weil es in der Nähe von Cloudbreak liegt, einem viel beachteten Riffbruch, der bis zu sechs Meter hohe Wellen erzeugt. Im Jahr 2020, als sich Corona weltweit zu verbreiten begann, zog sich Page auf die Insel zurück, wo er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern beim Planschen gesichtet wurde. Im selben Jahr wurde Page laut Unterlagen, die «Insider» (US-Partnerpublikation von der «Welt») einsehen konnte, Miteigentümer von Tavarua und erwarb eine Mehrheitsbeteiligung an der Pächtergesellschaft. Tavarua ist Teil eines wachsenden Portfolios von Inseln im Besitz von Page. Sein Besitz von Eustatia auf den Britischen Jungferninseln ist ein offenes Geheimnis unter den Einheimischen – und wird in den von «Insider» erhaltenen Gerichtsakten bestätigt. Aber westlich von Eustatia liegen zwei andere karibische Heiligtümer, die Page besser versteckt hält: die Insel Hans Lollik und die kleinere Insel Little Hans Lollik. Während die Einheimischen flüstern, dass Google selbst die Inseln besitzt, zeigen juristische Unterlagen, dass sie 2014 für 23 Millionen Dollar von Pages Familienbüro gekauft wurden, wobei sein Family-Office-Manager Osborne in den Dokumenten zum Kauf genannt wird. Die Inselkonstellation ist eine physische Manifestation von Pages Wunsch, sich vor neugierigen Blicken zurückzuziehen. Als Verfechter erneuerbarer Energien scheint er seine Inseln in selbstversorgende Ökosysteme zu verwandeln. Eustatia wird nach eigenen Angaben vollständig mit Solarenergie betrieben, und Ende vergangenen Jahres gab Tavarua Island bekannt, dass dort 483 Solarpaneele und Tesla-Powerpacks installiert wurden. Hunderte Millionen Dollar für Kittyhawk Während er seine Insel-Rückzugsorte ausbaute, überliess Page die Verwaltung seiner Geschäftsvorhaben meist anderen. Der zurückgezogene Gründer hat Hunderte von Millionen Dollar für sein Unternehmen Kittyhawk verbrannt, wie Personen, die mit der Vereinbarung vertraut sind, und interne Dokumente, die «Insider» einsehen konnte, berichten. Der CEO von Kittyhawk, Sebastian Thrun, reagierte nicht auf «Insider»-Anfragen für einen Kommentar zu dieser Geschichte. Page finanziert weiterhin Opener, ein anderes von ihm gegründetes Luftfahrtunternehmen, und kümmert sich wenig darum, wie das Geld ausgegeben wird. «Ich glaube, er geniesst diesen anfänglichen Prototypenprozess, bei dem die Dinge schnell voranschreiten und die Leute ihre Ideen auf Whiteboards festhalten“, sagte ein ehemaliger Mitarbeiter. Aus Dankbarkeit für die Grosszügigkeit ihres häufig abwesenden Chefs haben die Mitarbeiter ihn scherzhaft als «Onkel Larry» bezeichnet. Zwei ehemaligen Mitarbeitern zufolge tauchte Page im Laufe des Sommers in den Büros von Kittyhawk auf, um die Mitarbeiter zu ermutigen, mit neuen Ideen für fliegende Fahrzeuge zu experimentieren. Page war auch an Feather beteiligt, einem Team, über das das Unternehmen nie öffentlich sprach und das im Geheimen an Projekten arbeitete, wie etwa einer Technologie, die fliegende Autos leiser machen sollte. «Was er wollte, war ein Willy-Wonka-Spasshaus von Projekten», sagte ein anderer Ex-Mitarbeiter. Brin war bei seinen geschäftlichen Unternehmungen nach der Gründung von Google aktiver als Page – und hat sein philanthropisches Engagement stärker in die Öffentlichkeit getragen. Im Jahr 2015 verwüstete der Zyklon «Pam» Vanuatu, einen kleinen Inselstaat im Südpazifik. Brins Sicherheitsteam beschloss zu helfen und mobilisierte eine seiner Yachten, um Katastrophenhilfe zu leisten. Wie Page hat sich auch Brin auf die Entwicklung neuartiger Luftschiffe konzentriert Doch dabei blieb es nicht. In den nächsten zwei Jahren war dasselbe Team bei drei Wirbelstürmen und einem Erdbeben im Norden Ecuadors im Einsatz. Im Jahr 2019 wurde die bunt zusammengewürfelte Truppe schliesslich in Global Support and Development (GSD) umbenannt – ein schnelles Katastrophenhilfsteam, das innerhalb von Stunden an den Schauplätzen von Wirbelstürmen und Überschwemmungen auf der ganzen Welt eingesetzt werden kann. Wie Page hat sich auch Brin auf die Entwicklung der nächsten Generation von Luftschiffen konzentriert. Nach jahrelangem Interesse an diesem Bereich und Investitionen in mindestens ein kleineres Start-up beschloss er 2014, seine eigene Initiative mit dem Namen Lighter Than Air Research (LTA) zu gründen. Doch anstatt fliegende Autos für den Transport von Insel-Hopping-Eliten einzusetzen, zielt LTA auf den Bau einer Flotte emissionsfreier Zeppeline ab, um unter anderem die Katastrophenhilfe in Gebieten zu beschleunigen, die per Schiff oder Flugzeug nur schwer erreichbar sind. Um das Projekt zu leiten, hat Brin Alan Weston abgeworben, einen australischen Extremsportler und Miterfinder des Bungee-Sprungs, der früher als Programmdirektor der Nasa tätig war. Brin besucht regelmässig die LTA-Einrichtungen in der Bay Area, um die Fortschritte zu besprechen und sich mit Weston zu treffen. Die Arbeiten an dem experimentellen Luftschiff des Unternehmens gehen stetig voran. Mini-Flotte von Yachten Sowohl Page als auch Brin haben das Yachtleben genossen, das zu einem der auffälligsten Statussymbole der Megareichen geworden ist. Doch während Page sein Portfolio an Privatinseln vergrössert hat, hat er seine Flotte verkleinert. Nach Angaben von Personen, die mit seinen Aktivitäten im Südpazifik vertraut sind, hat Page seine Superyacht «Sense» verkauft und sich auf eine Reihe kleinerer Schiffe verlegt. Brin hingegen hat eine ganze «Fly Fleet“ von Yachten aufgebaut. Der Besitz von «Dragonfly», einer 73-Meter-Yacht, ist in der Öffentlichkeit gut bekannt. Aber er hat seiner Mini-Flotte auch ein Schiff namens «Butterfly» hinzugefügt, eine schnittige 40-Meter-Yacht mit verdunkelten Fenstern, die unter der Flagge der Marshall-Inseln segelt, sowie ein kleineres Sportboot namens «Firefly» und eine ganze Flottille von Jetskis, Beibooten, Kiteboards und anderen Sportbooten. Um ihr Versprechen von 2019 einzulösen, haben sich Brin und Page weitgehend aus der Leitung von Google zurückgezogen. Prabhakar Raghavan, der Leiter der Abteilung Google Search, sagte gegenüber Wired, dass er gelegentlich eine E-Mail von Page erhalte, der «spitze Bemerkungen“ zu Produktmerkmalen mache. Zwei-Klassen-Aktienstruktur bei Alphabet Brin hatte im vergangenen Jahr einen seltenen Auftritt bei der Eröffnung des Google-Detailhandelsgeschäfts in New York und tauchte Ende 2020 per Video für einen besonderen Gastauftritt bei Alphabets Biowissenschaftseinheit Verily auf. Als eine Spendenaktion für die Ukraine im vergangenen Jahr auf Probleme mit einigen Google-Produkten stiess, nutzte Brin seine Verbindungen, um zu helfen. Page und Brin sitzen auch weiterhin im Vorstand von Alphabet – und haben dank einer speziellen Zwei-Klassen-Aktienstruktur immer noch die ultimative Kontrolle über das Unternehmen, mit einem Vetorecht sogar gegenüber CEO Sundar Pichai. «Larry und Sergey nehmen an den Vorstandssitzungen teil und bleiben als Vorstandsmitglieder sehr engagiert», sagte Alphabet-Sprecherin Brittany Stagnaro. Aber die beiden Männer, die jahrelang Seite an Seite sassen, als sie einen Grossteil des modernen Internets aufbauten, sind jetzt Welten voneinander entfernt. Mit Dutzenden von Milliarden Dollar, zahlreichen Organisationen und Dutzenden von Mitarbeitern sind sie ihren eigenen Leidenschaften nachgegangen – von Parkinson-Forschung, Yachten und «Burning Man» bis hin zu tropischen Inseln, fliegenden Autos und absoluter Privatsphäre. Dieser «Insider»-Artikel erschien auf Deutsch bei Welt.de unter dem Titel: «Das neue Leben der Google-Genies».

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