Die Übernahme von GAM durch den britischen Konkurrenten Liontrust ist offenbar vom Tisch. Der Zürcher Vermögensverwalter hat nun Gespräche mit der Investorengruppe namens New GAMe aufgenommen.

Nach dem Ablauf der verlängerten Angebotsfrist bis zum (gestrigen) Mittwoch hält Liontrust laut involvierten Banken 33,64 Prozent des ausgegebenen Aktienkapitals und der Stimmrechte von GAM. Liontrust hatte eine Annahmequote von rund 66 Prozent angestrebt. Der GAM-Verwaltungsrat nehme die provisorischen Zwischenergebnisse zur Kenntnis und erwarte nun, dass Liontrust die Übernahme am 29. August für nicht erfolgreich erklärt, heisst es in einer Mitteilung von GAM vom Donnerstag. An diesem Tag wird das definitive Zwischenergebnis erwartet.

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Liontrust wollte GAM per Aktientausch übernehmen. New GAMe kämpft derweil dafür, dass der problembeladene Vermögensverwalter unabhängig bleibt. Dazu soll sich GAM auf hochmargige Produkte konzentrieren und in das Wealthmanagement einsteigen. Hinter dem Investorenkonsortium New GAMe steht unter anderem der französische Telecom-Milliardär Xavier Niel, dem in der Schweiz der Anbieter Salt gehört. Das Konsortium hält 9,6 Prozent an GAM.

GAM gehörte einst zu Julius Bär, davor der UBS. Das Unternehmen war früher eines der Vorzeigefondshäuser der Schweiz. Der Beginn des Abstiegs lässt sich auf das Jahr 2018 datieren: Damals warf GAM den Starfondsmanager Tim Haywood raus, weil er interne Kontrollen umgangen hatte und sich vom Geschäftspartner Lex Greensill zu teuren Trips einladen liess. Haywood investierte gleichzeitig in grossem Stil in die Lieferkettenpapiere von Greensill, die Jahre später auch der Credit Suisse zum Verhängnis wurden. Haywoods Fonds wurde am Ende liquidiert. Von diesem Schlag hat sich GAM nie mehr erholt. Die verwalteten Vermögen sinken schneller, als das Management die Kosten senken kann. 

Rein rechtlich könnte Liontrust trotz der tiefen Annahmequote die Offerte für erfolgreich erklären, wie Kapitalmarktanwälte sagen. Doch aus dem Umfeld von Liontrust heisst es, dass der britische Fondsanbieter zu wenige GAM-Aktien habe, um effektiv die Kontrolle über den Zürcher Vermögensverwalter auszuüben. 

Kehrtwende beim GAM-Verwaltungsrat

Nun vollzieht der GAM-Verwaltungsrat eine 180-Grad-Wende: Zunächst hatte er die Pläne von New GAMe massiv kritisiert: Diese seien nicht geeignet, das Überleben von GAM zu sichern. Am Donnerstag erklärte GAM-Präsident David Jacob aber, dass er sich über «konstruktive und produktive Gespräche mit New GAMe» freue. Denn: «Der Verwaltungsrat von GAM ist sich bewusst, dass die Mehrheit unserer Aktionärinnen und Aktionäre das Angebot von Liontrust nicht überzeugend gefunden hat.»

Zunächst braucht GAM aber frisches Geld, aufgrund der anhaltenden Verluste drohen GAM die Barmittel auszugehen. Und der GAM-Verwaltungsrat hatte bisher argumentiert, dass nur die Liontrust-Übernahme die langfristige Finanzierung des Betriebs sicherstellen würde.

New GAMe will den Finanzierungsbedarf mit einer Wandelanleihe über 25 Millionen Franken stopfen. Noch vor wenigen Tagen hatte GAM erklärt, dass diese Summe nicht ausreichen würde, denn derzeit erwirtschafte GAM einen Verlust von 4 Millionen Franken – pro Monat. 

New GAMe um Investor Xavier Niel werde Gespräche mit den Portfoliomanagementteams von GAM aufnehmen, «um sicherzustellen, dass diese den Businessplan von New GAMe und dessen Ziele, GAM zum Erfolg zu führen, von Grund auf kennen und verstehen». Auch könnte es zu Veränderungen des Verwaltungsrats kommen: Der Verwaltungsrat sehe Vorschlägen von New GAMe für eine künftige ausserordentliche Generalversammlung «erwartungsvoll entgegen», heisst es in der Mitteilung.

New GAMe hat unter anderem einen CEO-Wechsel vorgeschlagen. Hierfür habe das Konsortium einen erfahrenen Manager an der Hand. Dessen Identität solle aber erst enthüllt werden, wenn klar ist, dass New GAMe seinen Reformplan umsetzen kann. Spannend wird nun sein, zu sehen, wer dieser Manager ist. 

Es ist klar: GAM geht einer ungewissen Zukunft entgegen.

(mit Material von AWP)

Holger Alich
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