George Babounakis, Vorstand des grössten Schweizer Verbandes für Rechnungslegung, Controlling und Rechnungswesen veb.ch, sieht für die Buchhalter schwarz, falls sie sich nicht eingehend über die Fallstricke beim Neuen Lohnausweis (NLA) informieren. Diese lauern beim Erfassen von Lohnbestandteilen und Spesen, aber auch bei nicht zu deklarierenden Lohnbestandteilen.

Er will keine Schwarzmalerei betreiben: Doch zum einen gälten auf dem Lohnausweis nicht aufgeführte Lohnnebenleistungen als versuchte oder vollendete Steuerhinterziehung und überdies möglicherweise als Urkundenfälschung. Zum anderen führe das Nichtdeklarieren der Lohnnebenleistungen zu einer etwaigen Klage der AHV. Von den strafrechtlichen Folgen bei der Jahresrechnung gar nicht zu reden. Babounakis zählt ein paar typische Probleme auf, die sich ungeachtet, ob der NLA 2006 oder 2007 eingeführt wird, stellen werden (siehe auch Kasten):

- Problematik der Bemessungsgrundlage: Viele Unternehmen bieten private Vergünstigungen für Kaderangestellte an. Beispielsweise profitiert das Kader von einem Hotelunternehmen von vergünstigten privaten Übernachtungen in Hotels derselben oder einer assoziierten Kette. Eine vergünstigte private Übernachtung gilt als Lohnbestandteil und muss daher deklariert werden. Doch wie soll das Lohnbüro den Marktpreis der Übernachtung ermitteln? Die Preise schwanken je nach Hotel, Saison, Ort, Wochentag und Auslastung.

Laut Babounakis ist es ein Ding der Unmöglichkeit, nachträglich den Verkaufspreis wie für Dritte zu ermitteln. Es könnten auch Datenschutzprobleme auftauchen, wenn Arbeitgeber von Arbeitnehmern etwa verlangten, ihre persönlichen Ferienaufenthalte oder andere private Daten preiszugeben. Um zu verhindern, dass sie in die Mühlen der Justiz geraten, könnten die Buchhalter mit der Steuerverwaltung vorgängig den Preis festlegen. Doch das will geplant sein.

*Schwammige Übergangsfrist*

Solche häufigen Fälle mit Kulanz und Augenzudrücken zu lösen, wäre für Babounakis keine Lösung, schliesslich hafteten am Ende diejenigen, die den Lohnausweis unterschrieben haben. Gemäss Übergangsregelung soll es zwar bei falsch ausgefüllten (alten) Lohnausweisen keine Nachsteuern oder Bussenverfahren geben, sofern die Lohnbestandteile erstmals korrekt aufgeführt worden und mehrere Angestellte gleichermassen betroffen sind.

Nachsicht gilt aber nur bis zu bestimmten Betragshöhen, und diese sind nicht definiert. Babounakis: «Grundsätzlich gilt es, die Steuergerechtigkeit für alle Bürger zu wahren.» Steuerhinterziehung könnte mit einer Busse von bis zum Dreifachen der Nachsteuern geahndet werden. Steuerbetrug dagegen werde mit Bussen von bis zu 30000 Fr. oder Gefängnis bestraft.

Wenn die Steuerbeamten wollten, könnten sie heute schon etwelche Bussen und Nachforderungen durchsetzen, sagt Tony Brey von PricewaterhouseCoopers. Auch er fordert Firmen auf, sich mit dem NLA zu befassen, zeigt sich aber optimistisch: «Arbeitgeber, die die Lohnausweise bisher zu 70% falsch ausfüllten, haben die einmalige Chance, alte Fehler zu korrigieren.»

- Problematik Freilisten: Die nicht zu deklarierenden Lohnnebenleistungen (private Handy-Nutzung, Flugmeilen) unterliegen je nachdem dennoch der AHV und der Mehrwertsteuer. Wie die kantonalen Steuerverwaltungen und die AHV-Revisoren reagieren werden, wenn die Aufwendungen der Freilisten nicht erfasst werden, ist offen. Patrick Lucca vom Schweizerischen Gewerbeverband erinnert an das Debakel mit der neuen Mehrwertsteuer: «In neun von zehn Besuchen von Inspektoren kam es zu Nachzahlungen.»

- Problematik Jahresrechnung: Es tönt erfreulich, dass etwa die Reisekosten für mitreisende Partner bei Geschäftsreisen zu den «nicht zu deklarierenden Gehaltsnebenleistungen» gehören. Kein Lohnbestandteil also. Babounakis: «Hier können Missverständnisse entstehen. Denn diese Ausgaben stellen nicht per se einen geschäftsmässig begründeten Aufwand dar.» In der Jahresrechnung der Firma könnten so verbuchte Ausgaben zu einer Urkundenfälschung führen. Der Steuerbeamte muss dann von Amtes wegen eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft einreichen. «Solche doch nicht allzu raren Fälle, für die die Wegleitung zum NLA keine Hilfe bietet, stellen einen konstanten Mehraufwand und ein Risiko für Unternehmen dar», sagt er.

Trotz seiner Kritik an der schweren Umsetzbarkeit des NLA steht für ihn eine zeitliche Verschiebung des NLA nicht im Vordergrund. Dem Verband veb.ch gehe es darum, zu verhindern, dass sich Unternehmen strafbar machten. Nach Babounakis’ Einschätzung laufe ein Unternehmen, das sich nicht eingehend mit dem NLA befasst, ein hohes Risiko, sich ungewollt strafbar zu machen.

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