Peter Gomez (59), Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen, trägt den Spitznamen «Napoleon». Der mittelgrosse Gomez bekam das herrische Attribut während seiner Zeit als Rektor der Ostschweizer Kaderschmiede (1999–2005) verpasst. Von Kollegen, die er mit hohem Tempo und einigem taktischem Geschick zur Reform antrieb. St. Gallen war Vorreiter bei der Neukonzeption der Lehre nach dem Bologna-Modell. Peter Gomez verlor trotz Sperrfeuer aus elfenbeinernen Türmen nie die Übersicht und festigte so seinen Ruf als kühler Stratege mit Durchsetzungsvermögen.

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Dieser Ausweis seiner Leistung muss dem Verein SWX Swiss Exchange mächtig imponiert haben: Sein Findungsausschuss mit Jacques de Saussure (Pictet & Cie), Walter Berchtold (Credit Suisse), Andreas Guth (Dreyfus Söhne & Cie), Andreas Häberli (UBS) und Raymund Breu (Novartis) schlug Gomez als neuen SWX-Präsidenten vor. Der Verwaltungsrat stimmte zu. Die Kronfavoritin Antoinette Hunziker-Ebneter blieb zweiter Sieger. Wohl als Retourkutsche dafür, dass sie einst als Virt-x-Chefin zu stark auf Londons Börse setzte.

Peter Gomez’ Berufung erstaunt nur vordergründig. Bevor er 1990 zum ordentlichen Professor an der Universität ernannt wurde, war er zwar in der Wirtschaft tätig. Aber nie im Finanzbereich. Die einzige direkte Verbindung: Gomez ist seit 2005 Verwaltungsrat der kleinen DZ Privatbank Schweiz. Er ist also weitgehend neutral.

Dem Analytiker mit gutem Zeitmanagement wird zugetraut, dass er sich rasch in seine neuen Dossiers einarbeitet. Das muss er auch, will er doch den Börsenjob und sein reduziertes Pensum an der Universität St. Gallen unter einen Hut bringen. Für die SWX stehen bedeutende Weichenstellungen bevor: weiterer Alleingang, Kooperation oder Fusion mit einer ausländischen Börse? Der designierte Präsident sagt dazu vor seiner Wahl an der SWX-GV vom 5. Mai nichts mehr. Schon seine Bemerkung, wonach sich die Chance auf «neue Pfade» ergebe, führte zu allerlei Spekulationen.

Peter Gomez ist kein Wirtschaftspromi, gleichwohl aber bestens vernetzt: Er ist unter anderem Präsident der Max-Schmidheiny-Stiftung und parliert dort mit seinem Zürcher Kollegen Peter Forstmoser (VR-Präsident Swiss Re), dem St. Galler Privatbankier Konrad Hummler, Markus Rauh (Noch-VR-Präsident Swisscom) oder auch dem Publizisten Roger de Weck. Ferner sitzt Gomez im Beirat des Swiss-Re-Ausbildungszentrums und im Verwaltungsrat des Uni-Instituts für Logistik, das Klaus-Michael Kühne sponsert. Gute Kontakte pflegt er auch zu Alex Krauer (ehemals Novartis und UBS), Bruno Gehrig (VR-Präsident Swiss Life) und dem FDP-Granden Ulrich Bremi. Genug Gelegenheiten für Networking.

Seine HSG-Connection

HSG Alumni, die Ehemaligenorganisation der Universität St. Gallen, trägt die Handschrift von Gomez. Er hat den Vorstand professionalisiert. Auch mit dem Hintergedanken, mehr Mittel für die zu 50 Prozent selbst finanzierte Uni zu generieren. Letztes Jahr hat HSG Alumni etwa einen Campus für Weiterbildung finanziert. Das Netzwerk reicht hoch hinauf in die Etagen der Wirtschaft. Mittlerweile zählt der Club fast 15 000 Mitglieder.

Headhunter Bjørn Johansson, selbst HSG-Alumnus, schätzt, dass gut die Hälfte der fünfhundert grössten Schweizer Firmen einen HSG-Absolventen als Chef haben. Auf der Liste finden sich viele prominente Namen: Peter Wuffli, (CEO UBS), Walter Kielholz (Präsident CS) – die beiden kennt Gomez auch vom Verein «Freunde der FDP» –, die Banker Joe Ackermann, Raymond J. Bär und Bénédict Hentsch, die Versicherungsbosse Erich Walser (CEO Helvetia Patria) und Rolf Schäuble (Präsident Bâloise), Liechtensteins Fürst Hans-Adam II. oder Michael Hilti vom gleichnamigen Baukonzern.

Seine Karriereplanung

Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der HSG dissertierte Gomez gemeinsam mit dem heutigen Management-Guru Fredmund Malik über die «Systemmethodik», ging als Gastprofessor nach New York und wurde 1978 Privatdozent an der HSG. Dort stand ihm Malik vor der Sonne. Die beiden können es heute nicht mehr miteinander. Gomez wechselte ins Verlagshaus Ringier und stieg unter Heinrich Oswald zum Direktor Planung und Organisation auf. Von 1983 bis 1989 war er Geschäftsleitungsmitglied in der Holding von Stephan Schmidheiny. 1990 kehrte er an die Universität St. Gallen zurück, wurde Direktor des Instituts für Betriebswirtschaft und krönte seine akademische Karriere mit dem Rektorat (1999–2005). Wenig profilieren konnte er sich bislang mit VR-Mandaten in der Privatwirtschaft, etwa beim Anlagenbauer Schlatter oder bei der Textilfirma Forster Rohner.

Sein Privatleben

Der St. Galler mit spanischen Wurzeln verbrachte seine Jugendjahre in Luzern. Gomez hat zwei erwachsene Töchter und lebt mit seiner Frau in der Gallusstadt. Golf hat er schon gespielt, als Putten und Birdies noch nicht zum Standardvokabular von Managern gehörte. Etwas quer mutet ein spezielles Hobby des Wirtschaftsprofessors an: Er hat sich eine Schmetterlingssammlung mit ein paar tausend Exemplaren zugelegt, die er mit eigener Aufzucht erweitern möchte.