Sind erfolgreiche Unternehmer auch gute Politiker, die die stockende Wirtschaft voranbringen? Geht es nach den Schweizer Wählern scheint die Antwort klar: Sie haben bei den Wahlen so mancher Wirtschaftsgrösse ihr Vertrauen geschenkt. Allen voran steht Magdalena Martullo-Blocher. Die Chefin der Ems-Chemie hat mit ihrem souveränen Einzug in den Nationalrat viele Beobachter überrascht.

Ihre Ems-Chemie lenkt die Tochter des SVP-Patrons Christoph Blocher seit über zehn Jahren erfolgreich. In den letzten fünf Jahren hat sich der Börsenwert in der Spitze verdreifacht: Das ist Ausdruck einer Erfolgsgeschichte, mit denen normalerweise Start-ups aus dem Silicon Valley Schlagzeilen machen.

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Erfolg für die Quereinsteiger

Ems-Chemie ist vielleicht weniger glamourös als heisse US-Tech-Firmen. Doch die Durchsetzungskraft von Martullo-Blocher hat offenbar beeindruckt. Sie selbst führte ihren überraschenden Wahlerfolg am Sonntag darauf zurück, dass sie als Unternehmerin in Graubünden anerkannt sei. Ems-Chemie ist der grösste Arbeitgeber im Kanton mit knapp 3000 Mitarbeitern.

Erfolg als Unternehmer bringt also das Vertrauen der Wähler. Digitec-Gründer Marcel Dobler ist ebenso ein Quereinsteiger und hat als FDP-Mann in St. Gallen genug Stimmen gewonnen. Der 35-Jährige dürfte nach dem Verkauf des Elektronikanbieters an die Migros wirtschaftlich ausgesorgt haben. Im Wahlkampf ging er mit seinem neuen Projekt Preispranger auf Stimmenfang.

Die neuen Unternehmer im Nationalrat stammen dabei vorwiegend aus der SVP und FDP, die SP kann keinen einzigen Vertreter aufweisen (siehe Bildergalerie). Auch Unternehmer Hermann Hess wollte mit seiner Kandidatur laut «Thurgauer Zeitung» mehr seiner Partei helfen als sich selbst. Der Freisinnige hatte so wenig mit seiner Wahl gerechnet, dass er erst herbeigerufen werden musste, als er vorne lag.

Martullo-Blocher bleibt Konzernchefin

Hess besitzt die Immobiliengesellschaft Hess Investment, ist dort Verwaltungsratspräsident, ebenso bei der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft, einer Tochterfirma. Den Spagat zwischen Politik und Firmenbesitz ist für den 63-Jährigen zu meistern, sagt er, da er keine Aufgaben im täglichen Geschäft mehr habe. Die Konzernleitung hat er abgeben.

Anders Magdalena Martullo-Blocher: Zwar hat sie die Geschäftsleitung um ihren langjährigen Mitarbeiter Markus Kremmel erweitert, Konzernchefin bleibt sie aber selbst.

Mit Roger Köppel das neue Spitzen-Duo

Ein ehrgeiziges Unterfangen. Allerdings hat Martullo-Blocher – die als äusserst strenge Chefin gilt – bereits einmal geschafft, was sie nun in der Politik anstrebt: Sie hat das Erbe ihres Vaters Christoph Blocher angetreten und sich nicht nur wacker geschlagen, sondern die Vorgabe überrundet.

Nach ihrem Überraschungssieg wird sie nun gemeinsam mit Roger Köppel als das neue Spitzen-Duo der Partei gefeiert, SVP-Präsident Toni Brunner attestierte ihr im Interview das Potenzial zur Bundesrätin: «Frau Martullo-Blocher hätte sicher die Fähigkeit dazu, das ist unbestritten.»

Partikularinteressen gefürchtet

Bei allem Jubel: Es gibt berechtigte Kritik an der Milizpolitik. Werden die politischen Positionen von Konzerneignern stark von Partikularinteressen geprägt sein? Neu-Nationalrat Franz Grüter etwa vertritt Positionen, die ihm auch als Unternehmer am Herz liegen dürften. Der IT-Unternehmer und Erbauer von Rechenzentren ist gegen das von Bundesrat und Parteikollegen Ueli Maurer forcierte neue Überwachungsgesetz (Büpf), das für Datenzentren erhebliche Mehrarbeit bedeuten würde.